Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1877)

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der Luft in den Abtritten, Küchen- und Waschküche- rc. 
Räumen per Stunde entspricht. Die Temperatur des Mantel 
raumes varirt von 14—23 
Küche, Waschküche und Tloilleneimichtunge». 
Für jede größere Anstalt bedürfen diese Räume heutigen 
Tages besonderer Einrichtungen und können solche auf keine 
andere Weise, als mittelst Benützung von Dampf erzielt 
werden. 
Das Kochen und Waschen, Trocknen rc. mit Dampf, ge 
schieht viel schneller, einfacher und leichter, ist dabei außeror 
dentlich viel reinlicher als mit gewöhnlichen Feuerungen. Man 
trifft deßhalb heutigen Tags überall da, wo man Speisen in 
großen Mengen zu kochen, größere Quantitäten von Weißzeug 
und Wäsche zu waschen und zu trocknen hat, entsprechende 
Dampfeinrichtungen. 
In den Küchen werden die Speisen nicht direkt mit Dampf 
gekocht, sondern es geschieht dieß in Kesseln mit doppelten Böden, 
in deren Zwischenraum der Dampf geleitet wird. Es ist dabei 
für Ablauf des Condensationswaffers zu sorgen. 
Für die Spüle ist ein besonderer kleiner Warmwasserapparat 
eingerichtet, welcher mit Dampf erwärmt wird. 
Zur Warmhaltung der Speisen dient eine Wärmtischplatte, 
welche mit Dampf geheizt wird. Die Bereitung derjenigen 
Speisen, welche zu ihrer Fertigung eine höhere Temperatur 
bedürfen, als sie durch Dampf erzielt werden kann, geschieht 
in einem gewöhnlichen Kücheherd mit den erforderlichen Brat 
ösen und ist dessen Feuerung, sowie die des Bügelofens die 
einzige Feuerung in der Anstalt selbst. 
Der Transport der Speisen in die einzelnen Stockwerke 
geschieht mittelst Aufzügen vom Souterrain aus, und hat dieß 
neben dem großen Vortheil der Bequemlichkeit, auch einen sehr 
wesentlichen weiteren Vortheil für die Aufrechthaltung der Ord 
nung, sofern dadurch dem männlichen Dienstpersonal 
die Gelegenheit zum Verkehr mit Küche, Wasch 
küche rc. abgeschnitten wird, ein Vortheil den fast alle 
neueren größeren Anstalten nicht besitzen. 
Das Waschen geschieht in der Art, daß die Wäsche nach 
dem Einlaugen in größeren Kesseln von verzinktem Eisenblech 
mit Dampf gekocht, dann in hölzernen Waschgefäßen 
von Hand weiter behandelt und zuletzt in einem durch Dampf 
getriebenen Waschrad gründlich ausgewaschen wird. Alsdann 
kommt sie in die Wring-Maschine (Hydroextracteur), welche 
ebenfalls durch Dampf betrieben wird, und von da in den 
Schnelltrockenapparat, welcher mit Abdampf erwärmt 
wird, oder bei guter Witterung auf den Waschtrockenplatz im 
Freien. 
Wenn die Wäsche getrocknet ist, kommt sie in die neben der 
Waschküche befindliche Flickstube, hierauf wird sie gebügelt oder 
gemangt, für welch letztere Arbeit ein besonderer Kalander 
aufgestellt ist, welcher durch Dainpf getrieben und geheizt wird. 
Mittelst eines besonderen Aufzugs wird die Wäsche in die 
Weißzeugkammer im Dachstock befördert. 
Die Böden der Küche, Spühle und Waschküche sind von 
Grenoblecement hergestellt, ebenso die Nebenwände und 
Decken, und letztere beide mit Oelsarbe gestrichen. 
Dampfbereituiig mid Lrennmaterial. 
Der zur Heizung, zum Kochen, zum Waschen, Trocknen, 
zur Bereitung des warmen Wassers, zum Betrieb der Pumpen, 
des Ventilators und anderer Maschinen erforderliche Dampf 
wird in vier im Kesselhause aufgestellten Röhrenkefseln, wovon 
einer als Reserve, erzeugt. Alles durch Condensirung voll 
Dampf erzeugte Wasser fließt von sämmtlichen Heizkörpern iu 
sämmtlichen Gebäuden wieder zurück in das Kesselhaus und 
wird dort als Speisewasser für die Kessel verwendet. Es hat 
wenig Zusatz von anderem Wasser als Speisewasser verwendet 
zu werden braucht*). 
Im Kesselhause befindet sich die Dampfpumpe zum Punrpen 
des Trinkwassers in die Reservoirs unter Dach, eine kleine 
Maschine zum Betrieb des Ventilators und ein Apparat zur Er 
wärmung des Wassers für die Bäder. Als Dienstpersonal ist 
ein Heizer und ein Maschinist aufgestellt, welch Letzterem es 
obliegt, für die saubere Instandhaltung aller Maschinen, der 
Heizkörper und der Röhrenleitungen aller Art rc. zu sorgen. 
Zu beiden Seiten des Kesselhauses befinden sich kleinere 
Holz- und Torflager, um stets genügenden Vorrath an Brenn 
materialien bei der Hand zu haben. 
Da inan sich wegen der nächsten Nähe der dem Staate 
gehörigen Torfriede zur Verwendung von Torf als Haupt- 
Brennmaterial entschlossen hat, so mußten größere Torfschuppen 
erbaut werden zur Unterbringung und Aufbewahrung des Torfs, 
für einen wo möglich zweijährigen Bedarf, und sind diese 
Schuppen aus dem Situationsplane ersichtlich. Von diesen 
Schuppen aus wird der Torf durch Anstaltskranke mit Hand 
wagen zu den Schuppeil neben dem Kesselhause nach Bedarf 
beigeführt, und bildet diese Arbeit ebenfalls Gelegenheit zu 
fortwährender zweckmäßiger Beschäftigung für die Kranken. 
Der Aufwand für Brennmaterial hat sich schon im ersten 
Betriebsjahr 1875/76 sehr günstig gestaltet, denn er betrug für 
alle Heizungen der sämmtlichen Gebäude, für Küche, Waschküche, 
Bäder rc. während der Wintermonate Oktober 1875 bis Mai 
1876 durchschnittlich 15 kbm. Torf pro Tag, was bei dem 
Preise von 3 M. pro kbm. einem Aufwand von täglich 45 M. 
für die Wintermonate entspricht, wobei übrigens zu bemerken, 
daß der Torf nicht von bester Qualität war. 
Es kommt sonach die Heizung inclusive Ventilation 
der sämmtlichen bewohnten Räume nur auf etwa 
10 pro 100 kbm. und pro Tag zu stehen. 
Kklkiichtuiig. 
Bei der großen Wichtigkeit, den die Beleuchtung einer 
Irrenanstalt einnimmt, hat man sich im Interesse der möglichsten 
Beseitigung von Feuersgefahr entschlossen, eine Gasbeleuchtung 
einzurichten, und hat zu diesem Zweck eine besondere kleine 
Gasallstalt errichtet, welche für ca. 400 Flammen berechliet ist, 
ulid außer der Irrenanstalt auch dem Hüttenwerk Schussenried 
das Gas liefert, und von Letzterem betrieben wird. 
Das Gas wird aus Steinkohlen mit Zusatz von Boghead- 
kohlen gewonnen, und kommt auf ca. 14 /& pro kbm. zu 
stehen. 
Die Gasleitung im Innern der Anstalt ist durchaus mit 
schmiedeisernen Röhren ausgeführt und ist darauf Rücksicht ge 
nommen, daß jede Abtheilung für sich abgesperrt werden kann. 
Lrichril- und ZektiousMmrr. 
Die Erbauung eines besonderen steinen Leichen- und Sek 
tionshauses war anfänglich in Rechnung genommen. Später 
gelang es jedoch die erforderlichen Räume in dem gewölbten 
Erdgeschoß des Thorhauses unterzubringen, und wurden zu 
diesem Zweck dieselben mit einer Wasserleitung versehen. 
Schmeiilställr. 
Zum Zwecke der Verwerthung der Küchenabfälle ist eine 
| Schweinehaltung für nöthig erachtet worden, und wurde deß- 
! halb neben dein Thorhause ein Stall für ca. 24 Stück Schweine 
I errichtet, und mit einem Hos durch einen Zaun von dein Vor 
hof der Anstalt abgeschlossen. In diesem Hof befindet sich zu 
gleich ein Bassin zum Baden der Schweine. 
Eiskeller. 
Ein Solcher wurde in einem disponiblen Raume im Sou 
terrain des Hauptgebäudes auf der Nordseite hergestellt durch 
*) Ganz reines Speisewasser soll für die Dauer der Kessel nicht 
zuträglich sein.
	        

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