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möglichsten Abschluß und Jsolirung der Wände, und hat sich
gut bewährt.
Wohnungen fih' die Ledienketen der Anstalt.
Wie schon früher angeführt, wurde die Wohnung des
Oekonomieverwalters im Parterre, die des Direktors im
1. Stock des westlichen Flügels untergebracht.
Die Wohnung des unverheiratheten Assistenzarztes befindet
sich darüber im 2. Stock und die des Oberwärters im 1. Stock
des Mittelbaues zwischen Männer- und Weiberabtheilung, die
der Oberwärterin im 4. Stock der Weiberabtheilung.
Die Wärter und Wärterinnen haben im Allgemeinen
besondere Zimmer neben oder zwischen den größeren Schlaf
räumen.
Die Weißzeugverwalterin und das sonstige weibliche Dienst
personal, Köchin rc. wohnen im Erdgeschoß des östlichen Flügels.
Jin Thorhaus sind Wohnungen für den Volontairarzt,
für den Buchhalter und Gehülfen der Verwaltung, für die
Portiers, für den verheiratheten Maschinisten und Gärtner.
Das Zimmer des Heizers befindet sich neben dem Kesselhause.
Mtkonomikgeliände.
Da die wichtigeren Nahrungsmittel, insbesondere Milch, in
genügender Menge und in guter. Qualität aus dem Orte
Schusienried bezogen werden können, so wurde vorerst von der
Einrichtung einer besonderen Oekonomie abgesehen.
kandwirthschaftliche Kolonie.
Bei dem in der unmittelbaren Nähe der Anstalt gelegenen
sehr ausgedehnten und fruchtbaren Grundbesitz des Staats
wurde schon früher von dem Medizinalreferenten die Frage
angeregt, ob es nicht angezeigt wäre, wenigstens versuchsweise
eine landwirthschaftliche Station zur Beschäftigung eines Theils
der Kranken zu errichten. In neuerer Zeit wurde die gleiche
Frage vom K. Ministerium des Innern auch für die Irren-
anstalt Zwiefalten ventilirt, dort aber wegen der ungünstigen
Terrain-Verhältnisse und Bodenbeschaffenheit wieder fallen
gelassen.
Es ist übrigens nicht zu zweifeln, daß diese sehr wichtige
Frage früher oder später wieder aufgenommen werden wird,
und dürfte es sich hiebei hauptsächlich um Unterbringung einer
größeren Zahl von arbeitsfähigen Kranken zur Entlastung der
bestehenden Anstalten handeln, da es eine bekannte Sache ist,
daß die gegenwärtigeil Anstalten, Schusienried eingerechnet,
dem Bedürfnisse weit nicht genügen.
In Vorstehendem glaube ich die wesentlichen Einrich-
tungen und Besonderheiten der adaptirten Irrenanstalt Schussen-
ried im Allgemeinen dargestellt zu haben. Auf die einzelnen
Details, deren es wohl bei keinem andern Bauwesen so viele
und eigenthümliche gibt, hier einzugehen, würde zu weit führen,
und behalte ich mir vor. Solche in einer demnächstigen Publi
kation mit den Plänen der Anstalt und den erforderlichen De
tailszeichnungerl einem weiteren Kreise von sich dafür Jnteres-
sirenden näher zugänglich zu machen.
Nur das Eine erlaube ich mir noch zu beinerken, daß ich
glaube, daß die andern adaptirten Anstalten anhängenden und oft
gerügten Mängel möglichst vermieden worden sind und daß diese
Anstalt Vorzüge und vortheilhafte Eigenthümlichkeiten besitzt, die
bei andern neuen Anstalten von gleicher Größe nicht zutreffen.
Ich erlaube mir in dieser Hinsicht nur auf die Konzentririrng, die
der Anstalt gegeben werden konnte, hinzuweisen im Gegensatz
zu den häufig abschreckend weitläufigen, umfangrei
chen andern neueren Anstalten, bei welchen nament
lich die Oekonomie - Gelasse nur schwer und auf
größeren Umwegen zu erreichen und schwer zu kon-
troliren sind. Auch die äußere Erscheinung der Anstalt
hat durchaus nichts Abstoßendes, nichts Kasernenartiges, sondern
m Gegentheil macht dieselbe einen sehr günstigen, großartigen
und vornehmen Eindruck, was der Bauart des Klosters zu
verdanken ist.
Wenn die Ausführung und Einrichtung der neuen Irren-
Anstalt, wie sie in Schusienried erzielt wurde, als günstig
und gelungen bezeichnet werden darf, so daß sie mit andern,
ganz neu erbauten Anstalten konkurriren kann, so ist dieß in
erster Linie der im höchsten Grade anzuerkennenden Unterstütz
ung, welche dem Bau unb der Einrichtung dieser Anstalt von
Seiten Sr. Exzellenz des Herrn Staatsministers der Finanzen,
Dr. v. Renner, und des Herrn Staatsministers des Innern,
v. Sick zu Theil wurde, zu verdanken.
Sodann ist hervorzuheben, daß es dem Techniker allein
nicht möglich ist, eine derartige Anstalt in allen ihren Details
ohne die fortwährende Berathung mit einem erfahrenen Irren
arzte zur Ausführung zu bringen, und in dieser Beziehung
habe ich dem nunmehrigen Direktor der Anstalt Schusienried,
Herrn Dr. Ast, welchen: auf mein Ansuchen durch die Genehmi
gung der hohen Ministerien die Theilnahme an diesen Berath
ungen während der ganzen Bauzeit ermöglicht wurde, meine
besondere Anerkennung für seine unerinüdliche Thätigkeit und
seine Fachkenntniß auszudrücken.
Bis zum Jahr 1873 habe ich nicht allein sämmtliche Vor
arbeiten, sondern auch die Vorbereitungsbauten allein besorgt,
und wurde ich bei Ausführung der Letzteren von dem Bezirks
baubeamten unterstützt.
Vom Mai 1873 an wurde für die spezielle Leitung der
Bauausführung Bauinspektor Berner aufgestellt.
Ueber die Zeit der Ausführung des Bauwesens, über die
Vorbereitungsarbeiten und über die Kosten desselben habe ich
noch Folgendes anzufügen, was nicht ohne Interesse sein dürfte.
Im Jahre 1867 erfolgte von mir die erstmalige An
regung zu Reservirung und Verwendung des Klosters Schussen-
ried zu einer Irrenanstalt, aus Anlaß der Verlegung des
Waisenhauses von Weingarten nach Ochsenhausen.
Im Jahr 1868 suchte der in Schusienried damals an-
säßige Arzt und Psychiater Dr. Landenberger (nun Me
dizinalrath in Stuttgart) um die Erlaubniß nach zu Ein
richtung einer Privat-Irrenanstalt in dem Kloster und gab
damit den Anlaß zu näherer Untersuchung desselben durch das
K. Ministerium des Innern, worauf im Jahr 1869 die Pläne
der Gebäude aufgenommen und die Verwendung derselben, so
wie die Verlegung der in dem Hauptgebäude untergebrachten
Kanzleien, der Wohnungen der Beamten und Geistlichen rc.
näher erörtert werden konnte.
Im Jahre 1870 erfolgte die Vorlage des ersten Projekts
unter Mitwirkung des damaligen Referenten des Medizinal-
kollegiums, Hbermedizinalraths Dr. v. Krell, für welches die
Kosten bei Mereinsachster und beschränktester Einrichtung auf
250,000 fl. berechnet waren, worunter ca. 85,000 fl. auf
Freimachung des Hauptgebäudes oder für Vorbereitungsarbeiten.
Diese Vorlage wurde nach dem Tode des Dr. v. Krell
und dein eingetretenen Wechsel in: Ministerium des Innern
unter Mitwirkung des Medizinal-Referenten Dr. Landen
berger bedeutend erweitert und hiebei auf die Einrichtung
von Dampfheizungen Rücksicht genommen. Es wurde hierauf
im Jahre 1872 ein zweites Projekt zur Vorlage gebracht, nach
welchem sich die Kosten excl. Vorbereitungsarbeiten auf ca.
350,000 fl. berechneten.
Nachdem auch diese Einrichtungen genehmigt waren, wurde
auf mein Ansuchen der künftige Direktor der Anstalt ernannt,
und zu den Berathungen über die Disposition des Ganzen und
der Einzelheiten beigezogen.
In Folge der von demselben geltend gemachten Anfor
derungen ergaben sich nochmalige Unrarbeitungen und Er
weiterungen der säinmtlichen Pläne, insbesondere für die Neu
bauten, und »rußte alsdann entsprechend auch das Kesselhaus
erweitert und die sonstigen damit zusammenhängenden Ein
richtungen vergrößert werden. Gleiches war auch bei den
Gärten der Fall.