Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1877)

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Der Fragekasten enthält eine Anfrage über die billigste 
Art der Vervielfältigung von Planen zu bautechnischen Zwecken, 
zu deren Beantwortung eine Commission gewählt wird, be 
stehend aus den Herren: Professor Schleebach, Baurath 
Wolfs und Civil-Jngenieur Kröber. 
Die Aufnahmsgesuche der Herren Architekt Gebhard als 
ortsanwesendes Mitglied, vorgeschlagen vom Vorsitzenden und 
Baumeister Werkmann in Laupheim als auswärtiges Mitglied, 
vorgeschlagen von Oberamtsbaumeister Werkmann in Ulm, 
werden ohne Kugelung genehmigt. 
Professor Baumgärtner fragt an, ob eine amtliche Mit 
theilung über die vom Bundesrath erlassenen Vorschriften be 
treffs Bezeichnung der Maße und Gewichte erfolgt sei. Der 
Vorsitzende sagt Erkundigungen hierüber zu; auch sollen die 
als württembergische Delegirte für die vom Bundesrath auf 
gestellte Commission functionirenden Herren Professor Oberbau 
rath v. Tritschler oder Regierungsrath Kiefer eingeladen 
werden, in der nächsten Vereinsversammlung hierüber zu 
referiren. 
Professor Laißle hält hierauf seinen Vortrag über „Fahr 
bahnkonstruktionen eiserner Straßenbrücken," aus dem 
wir folgendes entnehmen: 
Es ist wünschenswerth, auf Brücken den gewöhnlichen 
Straßenoberbau nicht zu unterbrechen, also Chaussirung anzu 
bringen, im Interesse einfacherer Unterhaltung. Bei eisernen 
Brücken kann indeß die sonst bei Straßenchaussirung von selbst 
eintretende Wasserdichtigkeit nur durch Backsteingewölbe 
erreicht werden, da bei allen anderen Fahrbahnunterstützungen 
die Erschütterungen ungünstig wirken. 
Die Backsteingewölbe werden zwischen Querträgern 
eingezogen, haben 0,8—1,2 m. Spannweite und •/,—1 Stein 
Stärke. Der Schub der normal zu der Straßenaxe liegenden 
Gewölbe ist an den Enden der Brücke durch Anker aufzuheben. 
Als Kämpferstücke empfehlen sich besondere Formsteine. Ge 
wicht der Konstruktion incl. Chaussirung 775 Kgr. pro Gm. 
Beispiele: Brücke der Orleansbahn, kleine Kanalbrücken in den 
Reichslanden. 
Als weitere Unterlagen für Chaussirung sind zu erwähnen. 
1) Zoreseisen, normal zur Brückenaxe, mit Backsteinen 
oder besser Schotter dazwischen. Weite 0,5—0,7 m. In 
Frankfurt gierig man bis zu 1,25 m., wobei jedoch eine Beton 
schicht zwischen und über den Zoreseisen für Vertheilung der 
Radbelastung auf mehrere Eisen sorgt. Der Beton bekommt 
jedoch leicht Risse und ist daher wenig wasserdicht. Gewicht 
der Fahrbahn 685 Kgr. pro [Um., worunter 60—75 Kgr. 
Eisengewicht. Gewicht der Zoreseisen p. 1. m. 14—17,5 Kgr. 
2) Gußplatten sind schwerfällig und zu wenig wider 
standsfähig gegen Stöße. Sie brechen meist an den Rippen ab. 
3) Buckelplatten erfordern ein vollständiges System von 
Längen- und Querträgern und sind 1—1'/- m. lang mit der 
konvexen Seite nach unten zu legen, damit ein an der tiefsten 
Stelle eingehauenes Loch den Wasserabzug befördert. Gewicht 
der Platten 50—80 Kgr. pro [Um. Beispiel: Tegetthofbrücke 
in Wien, wo jedoch trotz des erleichterten Wasserabzugs ein 
Rosten der Nietköpfe bemerkbar*). 
4) Wellenblech 5—7,5 ein. hoch, 4—6 mm. stark, 
40—60 Kgr. pro Gm. ist von geringer Dauer und rostet 
leicht durch; deshalb wird neuerdings verzinktes Wellenblech 
verwendet, worüber Erfahrungen erst abzuwarten sind. Die 
Ausgleichung der Wellen erfolgt durch Sand und Cement. 
Letzterer ist theurer und bietet doch keinen wasserdichten Schutz. 
5) Holzunterlagen sogenannte Pflöcklinge mit 
quadratischem Querschnitt von 10 cm. Seite, über welchen eine 
Chaussirung ausgeführt wird. Dauer 10—20 Jahre, Gewicht 
ier Pflöcklinge 70 Kgr. pro Dm., des Schotters 400 Kgr., 
zusammen 470 Kgr. pro Gm. 
Von den Fahrbahnkonstruktionen ohne Chaussirung er 
wähnen wir nur den doppelten Bohlenbelag. Dauer der 
unteren 7 cm. starken Lage 10 Jahre, der oberen 5 cm. starken 
Lage 3 Jahre. Gewicht 84 Kgr. pro Gm. 
Als mobile Last kann Menschengedränge mit 400 Kgr. 
pro (Um. angenommen werden; sie ist demnach geringer als 
die Last der chaussirten Fahrbahn, und wenn man Wesentliches 
an der Eisenkonstruktion ersparen will, so bleibt nichts übrig, 
als die Fahrbahn möglichst leicht, d. h. aus doppeltem Bohlen 
belag herzustellen. 
Die folgende Tabelle, welcher auch eine graphische Dar 
stellung beigegeben war, enthält eine Zusammenstellung der 
Gewichte und Kosten der verschiedenen Fahrbahnen. 
*) Bei der Tegetthofbrücke sind, wie nachträglich bemerkt wurde, 
keine Buckelplatten, sondern Gewölbe aus Eisenblech mit Bogen nach 
unten verwendet, welche sich indeß ganz ähnlich wie Buckelplatten ver 
halten. 
C o n st r u e t i o n 
der 
Fahrbahn. 
Gewicht der 
Fahrbahn 
inel. zufällige 
Belastung 
pro Gm. 
Eisenwerk der Brücke. 
Kosten pro Q m. Fahrbahn exel. Chaussirung. 
G e s a m m t k o st e n 
in Mark pro Gm., 
wenn l. die freie Weite 
der Brücke. 
Gewicht 
in kg. 
pro Gnu 
Kosten inMark 
(100 kg. 
ä. 20 Mark) 
pro □m. 
Anlagekosten 
in Mark. 
Capitalisirte 
Unterhaltung. 
Zusammen. 
Backsteingewölbe zwischen 
Querträgern 
1280 kg. 
10 l. 4- 100 
2 t. + 20 
6,60 
— 
6,60 
2 l. + 26,6 
Zoreseisen mit Chaussirung 
1180 kg. 
9 t. + 90 
1,8 l. + 18 
14 
— 
14 
1,8 l. + 32 
Pflöcklinge 0,1 m. stark mit 
Chaussirung 
940 
7 I. + 70 
1,4 l. + 14 
5 
7 
12 
1,4 l. + 26 
Doppelter Bohlenbelag ohne 
Chaussirung 
520 
4,3 l. + 30 
0,86 I. + 6 
4,40 
16,20 
20,60 
0,86 l. + 26,6 
Die Werthe der Tabelle sind flüchtig gerechnet, zum Theil 
geschätzt, und wird eine spätere Revision in Aussicht gestellt; 
der Vortragende fordert die Mitglieder zur Sammlung des 
noch spärlich vorhandenen einschlägigen Materials auf. 
Im Anschluß an Vorstehendes zeigt Redner hierauf sein 
Projekt zu einer Straßenbrücke über den Neckar für die Ge 
meinde Kirchentelliusfurth vor. Spannweite 40 m., Breite 
der Fahrbahn 4,8 m., lichte Höhe 4 m. Fußwege sind nicht 
vorhanden. Als Konstruktionssystem wurde ein Halbparabel 
träger System Mohnic gewählt, wobei sich eine bessere Be 
festigung der Querträger und größere Stabilität der Vertikal 
ständer, die oben noch durch Windverstrebungen in Bogenform 
abgestreift sind, erreichen ließ, als beim System Reville. 
Auf jede Fachlänge von 4,2 m. kommt ein Querträger, da 
zwischen sind Längsträger in 80 cm. Entfernung angebracht, 
und diese tragen Pflöcklinge von 10 cm. Stärke, mit einer 
Chaussirung darüber, wodurch eine größere Stabilität und 
geringere Unterhaltungskosten der Fahrbahn erzielt werden, 
als dies bei Bohlenbelag möglich ist. Diese Brücke ist übri 
gens für Zoreseisen anstatt der Pflöcklinge berechnet, deren
	        
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