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mit gewöhnlichen Ziegeln gedecktes Doppeldach, außerdem nur das
halbe Gewicht von letzterem erhält und dichter als ein solches wird.
Weitere Mittheilungen geschehen an der Hand der seither
gemachten Erfahrungen, wonach die Techniker der Kgl. Württ.
Eisenbahnverwaltung, deren Bauten oft in ganz abgelegene und
nicht selten baulich noch wenig entwickelte, an Baumaterialien
arme Gegenden fallen, darauf hingewiesen sind, der Verbesserung
aller Bauformen und Baumaterialien ihre besondere Aufmerksam
keit zuzuwenden. Bei den Dachbedeckungsmaterialien suchte man
besonders die Formen und die Fabrikation von Ziegeln und
Dachplatten zu verbessern und führte die Erfahrung zu der Ueber
zeugung, daß besonders bei Bauten außerhalb größerer Städte
und Orte die spätere Unterhaltung auf die einfachste und billigste
Bedeckungsweise hinweise und hiefür die verbesserten Dachfalz
ziegel dem Schiefer und in vielen Fällen der Billigkeit wegen den
Metallen vorzuziehen seien.
Wir erfahren, daß schon in früheren Jahren, erstmals im
Jahre 1859, auf technische Anträge hin, der damalige Finanz
minister v. Knapp beim Bau der Saline Friedrichshall die An-
ferttguug von Feldziegeln durch Beiziehung wallonischer Arbeiter
angeordnet habe, wobei 1000 Stück nur auf 10 st. 40 kr.
(18 JL 28 4^) zu stehen kamen. Mit dem Stocken der Staats
bauten erlosch aber diese Fabrikation und erst, als durch die
Pariser Weltausstellung die im Elsaß, der Westschweiz und Italien
mit Vortheil verwendeten Falzziegel bekannt wurden, wurden diese
von den Technikern der Eisenbahnbaukommission zur Verwendung
empfohlen und ihre Fabrikation im Lande selbst durch den Minister
v. Varnbüler mittelst Staatsunterstützung gefördert.
Es waren die Ziegeleien von Bihl in Waiblingen und von
Werkmeister Mak in Schrozberg, welche genannte Fabrikation
nach Modellen von Gilardoni in Altkirch im Elsaß und mit
Maschinen von Gebrüder Sachsenberg in Roßlau aufnahmen.
Erstere lieferte Ziegel für die Bcdiensteten-Wohnungen in
Stuttgart, letztere für die Tauber- und Schwarzwaldbahu, wobei
dem rc. Mak aus der Eisenbahnkasse ein Betriebskapital-Vorschuß
von 12000 st. bei günstigen Rückzahlungsraten und zu mäßigem
Zinsfuß verabreicht wurden. Es kamen das tausend Ziegel incl.
Eindecken damals auf 54 fl. (92 M- 57 -J,), bis 64 fl. (109 JL
71 -*£), wobei jedoch die Unternehmer, wie dies bei neuen Ge
schäften nicht selten vorkommt, aus Mangel an Geschäftspraxis
und wegen Unvollkommenheit der Maschinen mancherlei Opfer
bringen mußten, ohne daß sie damals ein Fabrikat liefern konnten,
welches mit dem elsäßischen hätte konkurriren können.
Der Krieg von 1870 und 71 brachte auch diese Fabrikation
mehr oder weniger in Stillstand, sie erwachte aber,in erhöhtem
Grade wieder bei der gesteigerten Bauthätigkeit nach dem Kriege,
wobei es den Fabrikanten bald gelang ihren Maschinen und
Fabrikaten eine Vollkommenheit zu verschaffen, welche eine Kon
kurrenz mit den Elsäßer- und Schwcizerfabrikaten zuließ und
den genannten Ziegeleien, — zu denen sich auch noch in neuerer
Zeit die der Stuttgarter Jmmobiliengescllschaft zu Waiblingen
beigesellte — reichen Absatz selbst nach Elsaß und der Westschweiz
verschaffte. Demzufolge hat die Bedeckung mit Falzziegeln aus
genannten Ziegeleien, aus Elsaß (von Gebrüder Gilardoni in
Altkirch, Dollander in Bitschweiler, Schmerber in Illfurth und
anderen), sowie von Ziegler in Schafhausen in Württemberg,
sowohl bei öffentlichen, wie Privatbauten, besonders auf dem Lande,
auch an den Eisenbahnhochbauten der Gäu- und der Hoheu-
zollcrnbahn ausgedehnte Anwendung gefunden, die ihnen auch an
den weiter im Bau befindlichen Bahnen zu Theil werden wird.
Im Weiteren verweisen wir auf die dießbezüglichen Mit
theilungen im 3. Hefte der Zeitschrift für Baukunde und die dort
angefügte Tabelle.
Hierauf Schluß der Versammlung.
Schriftführer:
Koch.
Sechste ordentliche Werfamwkuttg, Samstag, 23. März 1878.
Vorsitzender: Oberbaurath v. Schlierholz.
Schriftführer: Bauinspektor v. Seeger und
„ R h e i n h a r d.
Anwesend 26 Mitglieder.
Das Protokoll der letzten Sitzung wird vorgelesen und ge
nehmigt Der Vorsitzende macht von der Einsendung verschiedener
Denkschriften Seitens des Verbandes Mittheilung und bringt sie
sodann der Versammlung ju näherer Kenntniß behufs Besprechung
und Fassung bezüglicher Resolutionen.
Die Denkschriften sind folgende:
1) betreffs der Jnventarisirung, Aufnahme, Er
haltung und Restauration der Baudenkmale des deutschen Reiches
bearbeitet von Architekt R. Redtenbacher.
Der Vorsitzende erwähnt, daß er diese Zuschrift bereits den
Staatsministerien der Finanzen und des Kultus, dem statistisch-
topographischen Bureau und an das Polytechnikum mitgetheilt
habe; die Versammlung empfiehlt eine weitere Zusendung au die
Alterthumsvereine zu Stuttgart und zu Ulm, sowie an den Landes
konservator.
2) über Errichtung von Versuchsstationen und
Prüfungsanstalten von Baumaterialien, sowie über die Einführ
ung einer staatlich anerkannten Klassifikation der Letzteren, ver
faßt von Professor Bauschinger, Geh. Baurath Funk und
Or. Hartig.
Dieselbe wurde bereits an die Staatsministerien der auswärtigen
Angelegenheiten, der Finanzen, des Innern und des Kultus,
soivie an die Kgl. Eisenbahnbaukommission, Eisenbahndirektion,
Abtheilung für Straßen- und Wasserbau, die Domänendirektion,
die Centralstelle für Handel und Gewerbe, die Direktionen des
Polytechnikums und der Baugewerkeschule übersendet.
Der Vorsitzende macht darauf aufmerksam, daß Herr Ober
baurath Brockmann in einer der kommenden Versammlungen
ein diesbezügliches Referat, sowohl über diese Denkschrift, als
über das, was über genannten Gegenstand im Bereiche des Vereins
deutscher Eisenbahnverwaltungen verhandelt und beschlossen wurde,
geben werde.
3) Weiter wird der, in der Koburger Versammlung auf
Grund des Antrags des Herrn Direktor Launh ard t zu Hannover
zur Untersuchung über technische Mittelschulen mitgetheilte Frage
bogen, betreffend die Errichtung der sogenannten Privat-Poly-
techniken, wie solche hauptsächlich in Norddeutschland an ver
schiedenen Orten existiren, verlesen. Dergleichen Anstalten sind
nicht selten weder Baugewerkeschulen noch höhere Lehranstalten,
von geringer Leistungsfähigkeit und die technische Jugend ver
derbend, weßhalb auf die Beseitigung hingearbeitet werden will.
Der Fragebogen verbreitet sich über die Einrichtung, den Lehr
plan, den Umfang und die Dauer des Unterrichts, Zweck des
selben, Beschaffung der Mittel, Prüfungen u. dergl.
Herr Professor Baumgärtner erwähnt, daß in Nord-
deutschland allerdings verschiedene derartige Anstalten bestehen,
aber eben meist nur den Zweck einer Privatspekulation haben,
ohne höhere Interessen zu verfolgen. Württemberg besitzt solche
Anstalten jedoch nicht, daher die Beantwortung der Fragen für
unseren Verein auch nicht in Betracht kommt.
4) Von Seiten des Herrn Oberbaurath vr. v. Eh mann
tvird eine Zuschrift auf die an denselben ergangene Bitte: Ver
suche^ über Druckhöheuverluste in geschlossenen Röhren auf An-
regung des Verbandes vornehinen und an beit Verein Mittheil
ungen hierüber machen zu wollen, verlesen. Derselbe erkennt den
großen Werth solcher Versuche an, erklärt sich bereit, solche
vorzunehmen und bezeichnet die hiesigen Leitungen hiezu für ge
eignet, bedauert aber, daß der Etat hiezu die Mittel, welche er
auf 1000 bis 1100 JL bezeichnet, nicht vorsehe und macht den
Vorschlag: es wolle der Verein in der betreffenden Angelegenheit
sich an den Herrn Staatsminister der Finanzen wegen Bewilli
gung obiger Mittel wenden. Der Verein ist erfreut über das
freundliche Entgegenkommen des Herrn v. Eh mann und be
schließt auf Antrag des Vorsitzenden, daß vom Verein aus eine
diesbezügliche Eingabe an den Herrn Finanzminister gemacht werde;
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