11
Von der Versammlung wurde die Kommission beauftragt,
die Vorarbeiten dazu in Angriff zu nehmen.
Es wurde nun eine größere Zahl Versuche in den La
boratorien der technischen Hochschulen in München und Wien
ausgeführt und noch heute fortgesetzt, wozu eine spätere Ver
sammlung einen Kredit von 7000 Ji bewilligte, diese Ver
sammlung beschloß zugleich die Ausarbeitung einer Denkschrift.
Ueber die Art der Ausführung waren die Ansichten ge
theilt, man glaubte, die Eisenbahnverwaltungen sollten die
Sache selbst in die Hand nehmen, ohne den Staat in Mit
leidenschaft zu ziehen, dem wurde entgegnet, daß der Staat
keiner der interessirten Parteien angehöre und, daß die Ein
richtungen erhebliche Kosten verursachen. Letzterer Ansicht ge
mäß wurde beschlossen, den Staat um Errichtung der bezüg
lichen Anstalten anzugehen.
Schließlich theilt der Redner noch einiges aus der Denk
schrift mit, hienach werden die gewöhnlichen Materialproben
von den Prüfungsanstalten vorgenommen, deren Zahl
demgemäß möglichst groß genommen werden soll; die Einrichtung
einer Station kostet ca. 12,000 M., wovon auf die Maschine
9600 Ji kommen. Die Betriebskosten sollen durch die Einnahmen
gedeckt werden. Das Personal besteht aus einem Leiter (etwa
dem Vorstand einer am Orte befindlichen technischen Schule),
1 Mechaniker als Gehilfe und 1 Diener.
Die Versuchsstationen sollen wissenschaftliche Unter
suchungen anstellen und dürften hier zwei genügen, etwa in
Berlin und München, da an diesen Orten schon jetzt solche
Anstalten bestehen.
Bezüglich der Klassifikation wird z. B. Stabeisen in zwei
Qualitäten getheilt, wovon die erste eine Minimal-Zerreißungs
Festigkeit von 3800 k pro qcm und eine Minimal-Zusammen-
ziehung des Zerreißungsquerschnitts in Prozenten des ursprüng
lichen Querschnitts von 40 °/ 0 hat, die zweite bezw. 3500 k
und 25 7„.
Der Vorsitzende dankt dem Redner und bemerkt, daß bei
uns die K. Eisenbahnverwaltung zwar für Druckversuche schon
längere Zeit eine Einrichtung besitze, dagegen es sehr wünschens-
werth wäre, wenn die Versuche noch auf Zugfestigkeit und
Zähigkeit ausgedehnt werden könnten.
Das I. Heft der Zeitschrift für Baukunde ist angelangt
und kommt zur Vertheilung; hiezu macht Prof. vr. Wey
rauch als Redaktionsmitglied die Bemerkung, daß dasselbe stärker
sei als die übrigen werden, weil jeder Verein eine Original
mittheilung für dasselbe habe liefern wollen, diese seien meist
aus dem Jngenieurfach; das II. Heft enthalte außer der Fort
setzung der Neureuther'schen Akademie eine Villa von Prof.
Rheinhardt; dann ersucht er um Beiträge für die „Kleinen
Mittheilungen". Die Ausstattung, besonders der Druck und
die Textfiguren sollen in den nächsten Heften besser werden,
letzteres sind keine Holzschnitte, sondern Photozinkographien;
schließlich bittet er, Ausstellungen direkt an ihn als Redaktions
mitglied zu machen.
Herr Oberbaurath v. Schlierholz betont den Werth
der „Kleinen Mittheilungen".
Run gibt Herr Prof. Bayer Erläuterungen zu den von
ihm ausgestellten detailirten Planen für den Umbau des alten
Schlosses der Frhr. v. Berlichingen in Jagsthausen, denen
wir folgendes entnehmen.
Die Frhrn. v. Berlichingen besitzen in Jagsthausen
mehrere Schlösser, von welchen eines, das sogen, alte Schloß
in den letzten Jahren theilweise umgebaut worden ist. Leider
konnten die Arbeiten nicht in dem ganzen Umfange der vor
liegenden Pläne ausgeführt werden, da der Besitzer während
des Umbaus gestorben ist und die für den minderjährigen
Erben eingesetzte Vormundschaft den angefangenen Umbau fort
zusetzen sich nicht entschließen konnte.
Dorf und Schloß Jagsthausen sind durch das Göthe'sche
Schauspiel Götz von Berlichingen mit der eisernen
Hand in den weitesten Kreisen bekannt geworden. Der alte
Götz ist im Schloß zu Jagsthausen im Jahr 1480 geboren;
seinen Wohnsitz aber hatte er als der jüngste seiner Brüder
nicht in Jagsthausen, sondern auf Schloß Hornberg a. R., wo
er im Jahr 1562 gestorben ist. Er liegt im Kloster Schön
thal, eine Stunde von Jagsthausen im Jagstthal aufwärts
gelegen, begraben.
In Jagsthausen, welches in den alten Urkunden einfach
Husen genannt ist, war eine nicht unbedeutende römische Nieder
lassung. Der römische Grenzwall, Limes, führte über Jagst
hausen und nach Stälin's württembergischer Geschichte stand
hier eine Cohorte. In der Umgebung des Schlosses und an
verschiedenen Stellen im Dorfe sind namhafte Funde von
Steindenkmalen mit Inschriften, viele Münzen, Bronzen,
Wasserleitungsröhren und dergl. Neberreste aus der Römerzeit
gefunden worden, von welchen ein großer Theil im Besitze der
Berlichingen'schen Familie ist.
Die ältesten Urkunden, die Jagsthausen erwähnen, reichen
nicht über das 13. Jahrhundert zurück. Später kam es in
den Besitz von Kurmainz und im Jahr 1347 erwarben Götz
und Beringer von Berlichingen (liegt zwischen Jagsthausen
und Schönthal) einen Theil von Jagsthausen. Unter Kilian
von Berlichingen (dem Vater des berühmten Götz) 1441 bis
1498 kam Jagsthausen vollständig in den Besitz der Herrn
v. Berlichingen.
Ueber die Zeit der Erbauung des alten Schlosses ist
nichts bekannt. Die älteren Theile werden, soweit sich dies
aus den einfachen, daran auftretenden Architektursormen be
urtheilen läßt, nicht über das 16. Jahrhundert zurückgehen.
Im Bauernkrieg, in dem so viele Schlösser zerstört wurden,
ist es unversehrt geblieben, ebenso im 30jährigen Krieg, ob
wohl das Dorf Jagsthausen im Jahr 1646 von den Schweden
in Brand gesteckt worden ist. Erheblich älter ist nur der
wenige Fuß über den jetzigen Graben hervortretende, runde,
untere Theil des großen nordöstlichen Thurmes, der interessante
sten Parthie des Schlosses. Der Uebergang vom runden Theil
dieses Thurmes zum darüber folgenden Achteck ist in ziemlich
roher Weise mit Kalksteinen hergestellt. In diesem Thurm,
der einen äußeren Durchmesser von 13,8 m hat, befindet sich
das Burgverließ, das von zwei übereinander angelegten, ring
förmig gewölbten Umgängen umgeben ist, von wo aus durch
einige kleine Oeffnungen das Burgverließ etwas Licht erhält.
Der obere dieser Umgänge ist von außen zugänglich, der untere
vom großen Keller unter dem Hauptbau, dem Herrenhaus aus.
Bemerkenswerth ist die eigenthümliche Ueberwölbung des Ver-
ließes. Zu ebener Erde vom Hof des Schlosses gelaugt man
in eine Halle, deren Gewölbe auf 4 Säulen ruht und darüber
befindet sich, gleichfalls mit einem Kreuzgewölbe auf 4 Säulen
ruhend, das Archiv, das durch eine Freitreppe von außen zu
gänglich ist. In diesem Archiv ist die eiserne Hand des
Ritters Götz aufbewahrt.
Der nordwestlich gelegene kleinere Thurm von eigen
thümlich unregelmäßiger Grundform enthält einen Keller mit
einem Ringgewölbe in der Mitte, auf einem starken runden
Pfeiler ruhend, darüber zu ebener Erde einen Saal, gegen
wärtig als Magazin benützt. Das Gewölbe, das ohne Zweifel
durch eine einfache Rundsäule, wie sie unten im Keller sich
befindet, gestützt war, ist in späterer Zeit mit gegypsten Rippen
verziert worden, ebenso hat die Säule durch eine Gyps-
bekleidung eine eigenthümliche Gestalt erhalten. Der kurze
dicke Stamm ist stark verjüngt. Die Basis ist sehr niedrig
bei sehr starker Ausladung und das Kapitäl hat ebenfalls eine
außerordentlich starke Ausladung. Die Maßverhältnisse dieser
Säule sind ganz außergewöhnliche. Die Höhe sammt Basis
und Kapitäl ist nur 1,56 m, die Höhe des Schaftes allein
1,08 in, der untere Durchmesser desselben 0,82, der obere 0,66,
die Ausladung des Kapitäls 0,50.
Im klebrigen bietet dieser Thurm nichts bemerkenswertstes;
der Raum im oberu Stock hat eine flache gegypste Decke, in
der Mitte gestützt durch einen runden Holzpfosten.
Zwischen diesen beiden Thürmen befindet sich ein 2 Stock
hoher Flügel mit einem einzigen hochgewölbten Keller, darüber