Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1878)

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der Regel im Verhältniß von 100 zu 84, also um 16°/„. Bei 
schon geöffneten Lagerflächen und in Ausnahmefällen steigerte 
sich dieses Verhältniß auf 100 bis zu 62, so daß in solchem 
Falle die Festigkeitsabnahme auf 20—38 °/ 0 steigt. 
Doch ergaben sich nicht selten entgegengesetzte Erscheinun 
gen und haben namentlich Stubensandsteine bei senkrechter 
Richtung des Druckes zum Lager oftmals eine verminderte 
Tragfähigkeit gezeigt gegenüber derjenigen bei einer zum Lager 
parallelen Druckrichtung, und zwar hat der Ueberschuß der 
Festigkeit bei parallelem Druck für die erwähnten Stubensand 
steine durchschnittlich circa 20 °/ 0 betragen. 
ad 7. Die ersten Beschädigungen an den Steinen, welche 
meistens durch Abspringen einzelner Stücke sich bemerklich 
machen, zeigen sich in der Regel bei einem Gewicht von 80 
bis 90 °/ 0 der Bruchbelastung, ausnahmsweise trat eine solche 
Beschädigung schon bei circa 70 '7„ der Bruchbelastung auf. 
Werden nun die obigen Verhältnisse und Schwankungen 
in den Ergebnissen mit Rücksicht auf die auffallendsten Er 
scheinungen und ungünstigsten Resultate gewürdigt und in 
Rechnung gezogen, so ist jedenfalls die, sich aus den allge 
meinen, auf gesundes Material angestellten Proben ergebende 
Druckfestigkeit mit entsprechend verminderter Quote in. Rech 
nung zu bringen, um genügende Sicherheit gegen Zerdrücken 
der Steine zu erhalten. 
Auf diese Verminderung sind ohne Einfluß die Resul 
tate zu Punkt 2, 3 und 4, indem, ad 2, die verschiedene 
Größe der Steine, wie oben bemerkt, nicht zu anderen Resul 
taten zu führen scheint als bei gleichmäßiger Kantenlänge der 
Probesteine, und weil ad 3 und 4 durch das Austrocknen der 
Steine und bezw. durch Aufnahme von Kohlensäure aus der 
atmosphärischen Luft nur eine Vermehrung der Festigkeit eintritt. 
Bezüglich der erwähnten Abzüge an den allgemeinen Re 
sultaten (ad 1) ist aus dem Obigen zu entnehmen, daß diesel 
ben bei Verwendung von Steinen mit paralleler Belastung zum 
Lager und unter Berücksichtigung der ersten Beschädigung je 
30 zusammen 60 °/ 0 der Bruchbelastung betragen müßten. 
Hieraus geht nun hervor, daß es ganz unthunlich und 
gewagt wäre, die Bausteine mit einer höheren Quote als mit 
40°/„ ihrer Druckfestigkeit zu beschweren, und daß (unter An 
wendung der üblichen Ausdrucksweise) bei Annahme einer ge 
ringeren als 2'/z fachen Sicherheit zum Mindesten die Beschädi 
gung der Steine befürchtet werden müßte. 
Bei der allen Gesteinsarten mehr oder weniger eigenthüm 
lichen Ungleichartigkeit in der Struktur erscheint es aber für 
Quadermauerwerk, wenn dessen Belastung sich genau ermitteln 
läßt und wenn dasselbe unter den günstigsten Verhältnissen, 
z. B. im Trockenen und gegen die atmosphärischen Niederschläge 
geschützt ist, und wenn es sich unter ganz ruhiger Belastung be 
findet, angezeigt und nothwendig mindestens das Doppelte der 
obigen Quote, also eine fünffache Sicherheit in Rechnung zu 
ziehen, weil eine Anzahl von Zufälligkeiten, unter Anderem 
feine mit dem bloßen Auge nicht sichtbaren Riffe und Abgänge, 
Höhlungen, Sandlager im Innern rc. rc. unter allen Umstän 
den zu größerer Vorsicht auffordern. 
In gesteigertem Grade wird dieselbe in Anwendung zu 
bringen sein, wenn das Quadergestein den Einflüssen der Atmo 
sphärilien ausgesetzt ist, wenn es, wie bei Gewölben in den 
Kanten angegriffen wird. Für solche Verwendung wird schon 
lOfache Sicherheit erforderlich sein. 
Wird statt Quaderwerk ein Mauerwerk aus Bruchsteinen 
hergestellt, wobei der Mörtel einen Theil des Widerstands 
gegen aufliegenden Druck aufzunehmen hat — der Mörtel, 
welcher selbst als Cementmörtel oft nur die Tragfähigkeit 
von 5 Kg pro qcm erreicht — so wird, je nachdem die Zu 
sammensetzung des Materials erfolgt, bis zu 15 und 20facher 
Quote der Sicherheit aufzusteigen sein. 
Diese auf die vorgenommenen Proben und auf allge 
meine Verhältniffe gestellten Reflexionen sind nun im Wesent 
lichen auch in Uebereinstimmung mit den Rechnungen und 
Anschauungen 
ad c. der Lehrer, der Praktiker und der Behörden. 
Es wird in dem Ingenieur-Taschenbuch „Hütte" und in 
dem Ingenieur-Kalender von Stählen für Steine eine lOfache 
Sicherheit als zulässig angegeben, ebenso ist in einem Aufsätze 
des Bauinspektors Neu mann in Berlin „Versuche über Druck 
festigkeit von Mauerwerk" (deutsche Bauzeitung 1867) selbst 
für Ziegelmauern nur lOfache Sicherheit angenommen. 
Nach der Konstruktionslehre von Hänel ist für die 
Steine eine 10 — LOfache Sicherheit anzunehmen. In der 
Ingenieur-Mechanik von Weißbach ist bei Metallen bfache, 
bei Holz und Quadern lOfache und bei gewöhnlichem Mauer 
werk LOfache Sicherheit als nöthig bezeichnet. 
Nach Bauernfeiffd beträgt die noch zulässige Belastung 
für Sandsteine 45 LZ und für sehr harte Sandsteine mit 
quarzigem Bindemittel bis zu 87 KZ pro qcm, was einer 
6—lOfachen Sicherheit gleichkommt. 
Hinsichtlich der von Regierungsbehörden ausgegangenen 
Bestimmungen über die nothwendigen Quoten für die Sicher 
heit der Bausteine weist Oberbaurath Morlok auf die in der 
Beigabe zum deutschen Baukalender vom Jahre 1878 auf 
den Seiten 23 und 24 ausgeführten Bestimmungen hin. Nach 
denselben sind z. B. auf S. 24 für die Nebraer Sandsteine als 
zulässige Festigkeit 16 LZ pro qcm festgestellt, während deren 
Druckfestigkeit nach S. 23 mit 160 LZ pro qcm ermittelt ist rc. 
Hier also wie anderwärts ist für Quader lOfache Sicherheit 
gefordert. 
Der Vortragende bespricht nun unter Bezugnahme auf 
die vorstehenden Ausmittelungen die Verhältnisse der Stutt 
garter Bahnhofvorhalle, die Belastung, welche bisher die dort 
stehenden Säulen zu tragen hatten, wie sich die Belastung 
späterhin gestalten möchte und welche Tragfähigkeit die Säulen 
jenen Belastungen entgegensetzen. Anlangend zunächst die 
Tragfähigkeit der dort verwendeten Sandsteine, so ist früher 
vom Bahnhofbauamt Stuttgart und neuerdings von dem Be 
triebsbauamt Stuttgart deren Bruchfestigkeit zu 337 LZ pro 
qcm ermittelt worden. Daffelbe Betriebsbauamt hat ferner 
genaue Erhebungen über die jederzeit den Säulen aufgelegt 
gewesene Last, und es hat Berechnungen des Querschnitts der 
selben angestellt. 
Nach denselben hätten die einzelnen Säulen a — h des 
vorgezeigten Planes bis sie gebrochen wären, 
tragen können: und sie haben zu 
tragen gehabt: 
und zwar a 1 127 602 Kg 85 838 Kg. 
b 1127 602 „ 85 838 „ 
c 742 074,, 42 919 „ 
d 823 628 „ 42 919 „ 
e 823 628 „ 32 176 „ 
f. .... 1127 602 „ 64 353 „ 
g 1 127 902 „ 64 353 „ 
h 1315 648 „ 32176 „ 
Sie sind hienach einschließlich der zufälligen Beschwerung 
durch Schnee rc. rc. belastet gewesen, nämlich die Säulen 
a mit dem 12,3; b — 12,3; c — 16,2; d —16,2; e — 25,6; 
f „ „ 17,5; g — 17,5; h — 40,9fachen Theil ihrer 
Bruchfestigkeit. 
Wäre die Vorhalle nur einstockig erbaut, so hätten die 
Säulen nirgends weniger als I7fache Sicherheit gehabt, und 
Sie werden mehr als LOfache Sicherheit bieten, wenn die 
Lasten der oberen Stockwerke durch die 3 eisernen Träger von 
ihnen abgewendet sein werden. 
Anders verhält es sich, wenn weitere Wände über der 
Vorhalle eingestellt werden, und wenn früher oder später die 
bisher als einfache Bureau benützten Räume mit Akten resp. 
mit einer ganzen Registratur beschwert werden. Dann niöchten 
die Steine bis zum 4ten und 5ten Theile ihrer Festigkeit in 
Anspruch genommen werden. 
Solcher Weise möchte Referent jene Säulen, welche aus 
Stuttgarter Werksteinen bestehen, die von ungleicher Struktur 
und feineren Rissen nicht ganz frei sind, trotz ihrer überall
	        
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