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Beil. 1 zur 1. u. 4. Versammlung.
Keferat und Weschluß
über die vom Verband deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine in seiner Abgeordnetenversanimtung ;n Dresden
gestellte Frage 5:
Welche Mittel und Wege sind geeignet, der Einführung des
Eisens in den Hochbau mehr Eingang zu verschaffen?
Das Referat über diese Frage, von einer Kommission,
bestehend aus den Herren Oberbauräthen v. Tritschler und
Bol, Professoren Laißle und Dollinger und Bauinspektor
Wagner, behandelt und vom Verein für Baukunde in seiner
vierten Versammlung am 15. Februar zum Beschluß erhoben,
lautet wie folgt:
Zufolge der allenthalben ins wahrhaft Großartige be
triebenen Eisenbahnbauten, wo das Eisen schon längst als
Hauptmaterial auftritt, sind die Eisenkonstruktionen auch in
ausgedehntem Maße bei Hochbau zur Anwendung gekommen,
und treten dieselben jetzt mit einer Selbständigkeit auf, wie
das in früheren Bou- und Stillperioden entfernt nicht in
ähnlicher Weise zu bemerken ist.
Die Leichtigkeit und das zierliche Ansehen der Eisenkon-
struktionen liegen ohnehin auch im Geiste unserer modernen
Zeit, die im Gegensatz zu den schweren und schwerfällig aus
sehenden Stein- und Holzkonstruktionen älterer Bauperioden
alles leicht, licht, positiv, wir möchten sagen wissenschaftlich
klar und hell haben will.
Hiezu treten aber namentlich die technischen Vortheile,
welche das Eisen bietet: die Möglichkeit, das Eisen ohne
Schwierigkeit entgegen den starren und unbiegsamen Formen
der Steine und Hölzer in jede beliebige, also auch in die zweck
mäßigste Form zu bringen, das verhältnißmäßig geringe Gewicht
der Konstruktionstheile, die Möglichkeit und die fast unendliche
Mannigfaltigkeit, die einzelnen Konstruktionstheile in einer Weise
fest mit einander zu verbinden und zu verknüpfen, wie das bei
Stein- und Holzkonstruktionen entweder gar nicht, oder nur sehr
unvollkommen, oder in genügender Weise auch nur mit Znhülfe-
nabme des Eisens stattfinden kann, die Dauerhaftigkeit und
Widerstandsfähigkeit des Materials, die Unverbrennlichkeit
desselben, die Möglichkeit, die Eisenkonstruktionen leicht und
ohne große kostspielige Gerüste rasch zu niontiren und aufzu
schlagen, sind Vortheile, die schwer ins Gewicht fallen, je
länger je mehr erkannt werden und dem Eisen in vielen
Fällen und bei einer Menge von Bauten, wie sie namentlich
die moderne Zeit verlangt, eine selbständige Stellung, ja eine
gewisse Präponderanz gegenüber von Stein und Holz bereits
verschafft haben.
Die Herstellung großer Kuppeln und sonstiger schwerfälliger
Gewölbe-, Treppen- rc. Konstruktionen in Stein, weitgesprengter
und daher ebenfalls schwerfälliger Dachstühle und Deckenkonstruk-
tionen in Holz dürften zu den überwundenen Standpunkten
zu rechnen sein, und kann deshalb wohl füglich gesagt werden,
daß für eine Reihe von Bauten, wie sie jetzt verlangt werden,
z B. für Hohlbauten jeder Art, für hallenartige Gebäude, für
solche, die unverbrennlich sein sollen, für Waareuhäuser, Ma
gazine, wo nicht gerade sehr werthvolle Gegenstände aufbe
wahrt werden sollen, wie z. B. Archive, wichtige und werth
volle Sammlungen, sodann für Theater, für Werkstätten, für
versetzbare Gebäude, auch für besonders hiefür geeignete
Theile von Wohngebäuden, das Eisen, wenn nicht als aus
schließliches, so doch als Hauptmaterial betrachtet wird und
immer betrachtet werden sollte.
Zahlreiche Bauten und Konstruktionen dieser Art sind
allenthalben ausgeführt worden, auch die bedeutenderen
Städte unseres Vaterlandes erfreuen sich einer Menge schöner
und gelungener Werke dieser Art; der Gegenstand erfreut sich
deshalb einer zahlreichen, zum Theil bedeutsamen Literatur
und gewiß wird jeder einsichtige Techniker, der hiezu Gelegen
heit hat, aufs Eifrigste bestrebt sein, sich denselben zu eigen
und wo es die Umstände mit sich bringen, davon Gebrauch
zu machen, um auf der Höhe der mit der raschen Zeit rasch
fortschreitenden immer neuen und wichtigen Resultate und
Errungenschaften in diesem Gebiete zu verbleiben.
Auch alle technischen Hochschulen und Lehranstalten über
haupt bebauen das Feld in ausgiebiger Weise, den theoretischen
Theil bekanntlich in der technischen Mechanik, an welche sich
die Konstruktionsübungen mehr oder weniger eng anschließen
oder wenigstens anschließen sollen, um den lernenden und
heranwachsenden Technikern die nöthige wissenschaftliche Basis
mit auf den zukünftigen Lebensweg zu geben.
Nichtsdestoweniger aber ist schon recht vielfach die Be
merkung gemacht worden, daß das Eisen trotz der angeführten
großen Vortheile bei weitem noch nicht in dem Maße im Hoch
bau zur Anwendung kommt, wie es eben theils aus technischen,
theils aus volkswirthschaftlichen Gründen wünschenswerth wäre;
aus letzteren hauptsächlich wegen des allzugroßen Verbrauches
an Holz, der, wie in einer denselben Gegenstand behandelnden
Abhandlung von Ingenieur R. Daelen in Nr. 45 der
Wochenschrift des Vereins Deutscher Ingenieure des Näheren
ausgeführt ist, für unsere deutsche Waldbewirthschaftung —
die gar häufig mehr vom einseitig finanziellen, als vom ratio
nellen Standpunkte gehandhabt wird, — von den nachteilig
sten Folgen sein könnte.
Die Frage liegt also nahe, in welcher Weise dem Eisen
mehr Eingang in den Hochbau verschafft werden könnte; sie
ist in dem letzten Jahrzehnt schon mehrfach erörtert und sind
Beitrüge zu deren Lösung theils in Zeitschriften, theils ander
weitig geliefert worden.
Will man in dieser Beziehung, soweit es überhaupt mög
lich ist, etwas Ersprießliches leisten, so dürfte es sich empfehlen
zunächst den Ursachen nachzuforschen, warum nicht von selbst
schon, was ja immerhin das Beste und Natürlichste wäre, das
Eisen im Hochbauwesen mehr Eingang gefunden hat.
Es dürste nicht schwer halten, diese Ursachen näher zu
bezeichnen.
Zunächst wird als wesentliches Hinderniß
1) die Macht der Gewohnheit zu betrachten sein. Die
selbe ist bekanntlich sehr groß; insbesondere wird in kleineren
Städten auf denr Lande und auch in größeren Städten bei
gewöhnlichen Wohnhaus- und anderen Bauten, die ja großen-
theils in Händen einfacher Meister sich befinden, schon ver
möge des konservativen Sinnes an dem hergebrachten Alten
nur allzugerne festgehalten, das Neue mit Mißtrauen betrachtet,
und werden die leichter und müheloser zu beschaffenden, gewohnten
Holzkonstruktionen beibehalten; besonders, wenn es sich um
Spekulaliansbauten handelt, deren nachheriges Verhalten dem
Spekulanten, wenn er sich derselben glücklich entledigt hat,
von keinem so wesentlichen Interesse mehr ist, daß er sich hätte
veranlaßt fühlen sollen, die ausgesuchtesten Konstruktionen hie-
sür bei der Ausführung zu wählen.
Sodann dürfte ein weiteres Hinderniß der rascheren Ein
führung des Eisens eben hauptsächlich
2) im Kostenpunkt zu suchen sein. Es wird allerdings
vielfach die Behauptung aufgestellt, und durch Rechnung zu
zu erhärteu gesucht, daß bei rationeller Anwendung des Eisens
die daraus gefertigte« Konstruktionen, z. B. Gebälke, billiger