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Der Erstere schreibt in seinem Vorwort, der Asphalt als
ein unveränderliches wasserdichtes Material sei schon im
frühesten Alterthum angewendet worden.
Im Buche der Genesis Kapitel 16 Vers 14, wo von der
Arche die Rede sei, heiße es: „und verpiche du sie mit
Erdpech"; und im 3. Verse des 11. Kapitels: „und sie
nahmen den Asphalt zum Mörtel."
Referent wollte sich von der Richtigkeit dieser Citate über
zeugen, hat aber beim Nachschlagen gefunden, daß weder an
der ersten noch an der andern Stelle von dem Bau der Arche
die Rede ist, sondern daß das 16. Kapitel des ersten Buches
Mosis von der Hagar, ihrer Flucht und Rückkehr, und das
11. Kapitel vom Thurmbau zu Babel rc. handelt, dagegen ist
schon im 6. Kapitel vom Bau der Arche die Rede, und im
14. Vers zu lesen: „Mache Dir einen Kasten von
tannen Holz, und mache Kammern drinnen, und
verpiche sie mit Pech inwendig und auswendig."
Woher dieser Mangel an Uebereinstimmung der ange
zogenen Bibelstellen rührt, kann nicht angegeben werden.
Der Verfasser schreibt dann weiter, daß jetzt noch vorge
fundene Pyramidenbruchstücke Egyptens eine Menge von As
phalt enthalten, und daß Mumien, mit Asphaltmörtel über
zogen, nach 4000 Jahren noch gut erhalten seien. Mit dem
Verschwinden der Civilisation Egyptens und dessen Völker,
habe sich die Anwendung des Asphalts verloren rc.
Da die eigentlichen Asphaltstraßen etwas kurz behandelt
sind, so wurden die nachstehenden Notizen aus der zweiten
Broschüre entnommen.
In seinem Vorwort sagt Dr. Meyn (der, beiläufig be
merkt, ein warmer Vertheidiger der Asphaltstraßen zu sein
scheint), daß er sich nicht allein auf seine eigenen Ansichten
und seine durch Beobachtungen begründeten Urtheile habe be
rufen dürfen, sondern die Erfahrungen städtischer Ingenieure
und sonstiger Funktionäre in den beiden großen Hauptstädten
Paris und London zu Rathe habe ziehen müssen.
Hinsichtlich des Alters der Asphaltarbeiten bemerkt er,
wisse man aus den alten Schriftstellern, daß Babylon, dessen
Bauten seit 4000 Jahren berühmt waren, theilweise mit As
phalt gemauert gewesen, wahrscheinlich sei aber diese Notiz in
gelehrten Kreisen geblieben, und da man in den alten Bauten
der Griechen und Römer, welche man als Muster studirte,
keinerlei Verwendung dieser Art gefunden hatte, so konnte der
Asphaltgebrauch, wie ihn Herodot, Strabo und Plinius
beschrieben, als gänzlich verschollen gelten.
Gegenwärtig wisse man aus Berichten neuerer Reisendeu,
daß auch in Niniveh mit Asphaltmörtel gebaut wurde, und
daß der Asphaltmörtel zu den Mauern von Babylon aus
einem Bergtheer gekocht wurde, welcher bei Js, an einem
Nebenflüsse des Euphrat gegraben worden.
Der erste Mann, welcher dem modernen Europa das Ge
schenk dieses ausgezeichneten Materials machte, war um's Jahr
1712 ein griechischer Arzt mit Namen Eirinis; er wurde in
irgend einer Funktion als Sachverständiger von der Berner
Regierung 1711 angestellt und besuchte in dieser Eigenschaft
das Val de Travers, das wichtigste Querthal, welches aus
dem Juragebirge in den Neufchateler See mündet.
Er traf daselbst einen deutschen Abenteurer Namens Jost,
welcher gemeinschaftlich mit einigen Landsleuten aus den Fels
wänden dieses Thales einen Haufen Gestein losgesprengt hatte,
das theilweise brennbar, weich und zähe zu bearbeiten war,
und für das er, weil es als Brennmaterial nicht ganz tauglich
war, vergebens nach einer andern zweckmäßigen Verwendung
gesucht habe.
Eirinis erkannte die Nützlichkeit des Gesteines für Bau
zwecke und die Möglichkeit diesen Fund technisch zu verwerthen.
Der König von Preußen, als Schutzherr von Neufchatel,
ertheilte ihm auf seine Bitte eine Koncession für alle Asphalt
lagerstätten, die er im Fürstenthum Neufchatel entdecken würde,
und der Staatsrath genehmigte mit wenigen Beschränkungen
diese Koncession, welche der Ursprung der ganzen
Asphaltindustrie ist.
Im Jahre 1712 begann Eirinis seine Versuche und
legte seine Erfindungen und Entdeckungen in mehreren Bro
schüren nieder, von welchen eine im Jahre 1721 erstmals, und
eine neue Auflage derselben im Jahre 1784 erschien.
Die von ihm ausgeführten Arbeiten waren zahlreiche
Cisternen und Brunnenbecken aus Holz und verschiedenen Ge
steinen, welche er vollkommen gut und dauerhaft mit Hilfe
seines Asphalts verbunden und gedichtet, auch eine Plattform
und ein Speicher seien zur völligen Befriedigung der Eigen
thümer gefertigt worden. Aus Basel wurde ihm bezeugt, er
habe mit seinem Asphaltkitt zwei Stücke eines festen Gesteins
verbunden, welche nachher aus dem Fenster eines hohen Stock
werks auf das Straßenpflaster geworfen, sich nicht wieder ge
trennt hätten.
Eirinis sollte jedoch, wie noch viele andere Erfinder,
nicht selber den Nutzen aus seiner fruchtbaren Idee ziehen;
ein Herr de la Sablonniere, Schatzmeister der Eidgenossen
schaft, ging nach Frankreich, um daselbst im Einverständniß
mit dem Erfinder die Sache zu verwerthen; und als ihm dieses
geglückt, vernachläßigte er den Urheber, gab sich selbst für den
Erfinder aus, wurde als solcher anerkannt und geehrt und
erreichte auch seine Nächstliegenden Zwecke.
Eirinis hatte im Jahre 1735 die Schweiz verlassen
und sich in Elsaß angesiedelt, wo er die Asphaltgruben in Lob-
san (Schlesing schreibt Lobsanne) entdeckte, die bis heute
noch ausgebeutet werden.
Die Gruben des Val de Travers scheinen aber in andere
Hände gekommen zu sein, verschiedene Privatleute wurden
nach einander Inhaber der Koncession unter wechselnden Be
dingungen, die Geschäfte gingen immer schlechter, der Massen
verbrauch hörte gänzlich auf, man begnügte sich endlich damit,
aus dem Asphalt Oele zu destilliren, deren Fabrikation und
medizinischen Gebrauch Eirinus schon gelehrt hatte.
So kam cs, daß nur noch die Ueberlieferungen in ge
lehrten Werken das Andenken an den Asphalt des Val de
Travers als Baumaterial erhielt, und daß die Erfindung
sammt ihrem Urheber gegen den Anfang unseres Jahrhunderts
hin in den industriellen Kreisen vollständig vergessen war.
Da wurde im Jahre 1802 zu Seyssel, südlich von Genf,
an der Grenze Frankreichs und Savoyens, ein Asphaltstein
entdeckt und derselbe bald zu Arbeiten verwendet, die denen
des Eirinis ähnlich waren, ohne daß man Kunde von
diesen hatte.
Es wurde daselbst schon längere Zeit auf eine sehr müh
same Weise Bergtheer gewonnen, der in den Bänken des
Molassesandsteins im Rhonethal enthalten war; später wurde
ein unter der Molasse hervortauchender Kalkstein entdeckt,
welcher 10 7 0 Bitumen enthielt. Hier in Seyssel ging nun
die Anwendung des Produktes, welches als etwas unbedingt
Neues und Unübertreffliches verkündigt wurde, nicht den ein
fachen Gang, sondern, nachdem man Anfangs mit verschiedenen
Arbeiten sehr gute Erfolge hatte, sollte der Asphalt plötzlich
zu allen möglichen Dingen gut sein, und wurde einerseits auf
das unverständigste angepriesen und andererseits mit einer
seltenen Bereitwilligkeit aufgenommen. Der Rückschlag blieb
nicht lange aus, und ebenso schnell, als der Seyssel-Asphalt
Modesache geworden war, wurde er Gegenstand des allgemeinen
Spottes und der Verachtung.
Ein Unternehmer nach dem andern ging an der Sache
zu Grunde, und am Ende der 20er Jahre war das Asphalt
geschäft so gründlich ruinirt, daß Gruben und Fabriken in
Seyssel vollständig zum Erliegen kamen und um's Jahr 1832
ein Graf Sassenay die Anlagen aus dem Ruin der früheren
Gesellschaft kaufte.
Dieser, von der Ueberzeugung getragen, daß die Asphalt-
Industrie eine große Zukunft habe, beschloß, nachdem die
Thätigkeit einige Jahre geruht hatte, weitere Kapitalien zu
verwenden, und wurde hiedurch der zweite Begründer
der neuen Asphaltindustrie.
Er errichtete ein eigenes Geschäftshaus für das Studium
und die richtige Anwendung des Asphalts und ließ seine