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Arbeiten nur durch die in diesen: Hause geschulten Leute
ausführen.
In kurzer Zeit war der gute Ruf der Arbeiten wieder
begründet, große Marktplätze und öffentliche Hallen wurden
mit Asphaltestrich belegt und alle Festungen der französischen
Monarchie in ihren Hauptbaulichkeiten durch Asphaltdecken
gegen die Feuchtigkeit geschützt. Aus dieser Zeit stammt das
vielgerühmte Trottoir des Pont Royal und der schöne Estrich
auf der Place de la Concorde in Paris. Auch entstand in
dieser Periode das Uebergewicht der Franzosen in der Asphalt
industrie über andere Nationen.
Durch die Natur des Ortes veranlaßt, wurde in Seyssel
eine weitere Vervollkommnung der Arbeit erfunden, welche zu
den wichtigsten gehört, nämlich der Zusatz des groben Sandes
aus der Rhone; man überzeugte sich bald, daß man Vio, ja
sogar ’/s des Gesammtgewichts von diesem Sande nehmen
konnte, wodurch die Arbeiten, ohne ihrer Solidität zu schaden,
viel wohlfeiler wurden.
Ebenso versuchte man den Asphalt mehr als bisher, nicht
blos als Estrich in nassen Räumen im Innern der Gebäude,
sondern auch zum Belag von besonders frequenten Fußwegen
zu verwenden. Der Serffsel-Asphalt wurde überall mit Glück
angewendet und gewann sehr bald einen Weltruf.
Das Hauptfeld der Verwendung waren hauptsächlich die
Städte Frankreichs, und von diesen wegen der Nähe der
Gruben, vor allen Lyon und dann Paris; aber auch in Eng
land, Nordamerika und Rußland wurden die großen Städte
allmälig mit diesem Material bekannt, in St. Petersburg
wurde die Terrasse des kaiserlichen Palastes damit belegt.
Von der Herstellung eines guten Trottoirs konnte vor
der Verwendung des Asphalts nicht die Rede sein; diese
Trottoirs an den Seiten der Häuser wurden in der Regel
mit denjenigen kleinen und spitzen Steinen hergestellt, welche
zum Straßenpflaster unbrauchbar waren, oder in Gegenden,
wo schiefrig brechende Felsplatten zu haben waren, mit un
regelmäßigen Stücken derselben in ganz ungeordneter Weise
belegt; der Asphalt, alle diese Unebenheiten ausgleichend, wurde
deshalb, als im Jahre 1837 die ersten größeren Arbeiten aus
geführt wurden, als eine wahre Wohlthat für die größeren
Städte angesehen.
Zu erwähnen ist hier noch, daß im Jahr 1843 bei dem
Dörfchen Limmer, nahe bei der Stadt Hannover, ein Asphalt
stein entdeckt und von einem Herrn Henning in Ausbeute
genommen wurde; es soll dieser Asphalt sowohl seiner chemi
schen Zusammensetzung, als seiner Entstehung und seinem
Alter nach, dem Asphalt von Val de Travers und Seyssel
völlig gleich zu setzen sein, so daß ein wesentlicher Unterschied
zwischen dem deutschen und französischen Asphalt nicht existirt.
Auf der ersten Londoner Industrie-Ausstellung (1851)
wurde dem deutschen Asphalt von Limmer sogar der Vorzug
vor seinen Nebenbuhlern gegeben, und der Name des deut
schen Asphaltes, welcher früher nur auf die Nachahmungen
und Verfälschungen angewandt war, weil Deutschland keine
eigenen Gruben besaß, völlig wieder zu Ehren gebracht. Die
schönen breiten Trottoirs in den reinlichen Straßen der Stadt
Hannover geben Zeugniß hievon.
Da kam wieder eine Zeit, in welcher es schien, als sollte
der Asphalt von den Trottoirs durch andere Materialien
stellenweise verdrängt iverden, namentlich wie in Berlin durch
Granit, durch geriesselte Platten aus weißem und farbigem
fast feuerbeständigem Thone, durch Klinker aus gewöhnlichem
Ziegelthone, durch Sandsteinplatten mancherlei Ursprungs, be
sonders aber durch die vortrefflichen großen und dünnen Uork-
shire-Platten, welche in mancher Beziehung noch dem Asphalt
trottoir vorgezogen werden. (Versuche, die in jener Zeit
mit Portland-Cement gemacht wurden, sind mißlungen.)
Es mußte somit den Besitzern von Asphaltgrubeu nahe
liegen, sich einen lohnenderen und größeren Absatz auf einem
Felde zu verschaffen, wo ihnen keine Konkurrenz gemacht wer
den konnte. Diese Aufgabe ist nach Dr. Meyn's Ansicht
gelöst; die Anwendung ist gefunden in der Asphaltiruug
der Straßen großer Städte, einer Arbeit, welche I
unermeßliche Mengen des Materials verschlingen
kann, und voraussichtlich diejenige höhere Stufe
der Asphaltindustrie bezeichnet, welche dem er
leichterten Transporte durch die Eisenbahnen ent
spricht.
Von den zuerst gemachten Versuchen sind viele nicht ge
lungen; wunderbarer Weise verfiel man auf das einfache
Mittel einer Verwendung des rohen Asphaltsteines zur
Straßenbedeckung zu allerletzt, obgleich die ganze Natur und
Beschaffenheit des Gesteins von selbst darauf hinführt.
Der Asphaltstein ist durch das Bitumen so gelockert und
so weich, daß man in den meisten Fällen das Bohrloch zum
Sprengen mit einem gewöhnlichen Zimmermannsbohrer machen
und den Stein mit einem Taschenmesser zu krummen Spähnen
schneiden kann; die dauernde Sonnenwärme wirkt auf den
Stein derart, daß die aufgesetzten Klafter gebrochener Steine,
welche den Sommer über stehen bleiben, in sich zusammen
stürzen. Diese Eigenschaft des Steins hätte zu dem Gedanken
führen sollen, daß er vortrefflich geeignet sei, durch bloßes
Stampfen eine Tenne, und weil er das Wasser nicht durch
läßt, eine Tenne im Freien, d. h. also eine Chaussee, zu
liefern; noch mehr haben die praktischen Erfahrungen an den
von den Gruben zu den Laboratorien führenden Wegen durch
ihr eigenthümliches Ansehen darauf hingewiesen. Von den
Karren, welche im Winter den gebrochenen Stein herunter
führten, verzettelten sich überall kleine Bruchstücke desselben,
diese wurden von den Rädern der nachfolgenden Karren zer
malmt, oder verfielen während der Sommerhitze zu Mehl, und
wurden von den Karren allmälig so zusammengedrückt, daß
sich daraus eine feste, dichte, elastische Oberfläche bildete, auf
welcher die Pferde mit Behagen gehen und ihre Last leicht
bewegen konnten, ohne daß man eine Abnützung der Straße
wahrnehmen konnte. Im Anfange der vierziger Jahre wurden
durch den Ingenieur de Coulaine im Departement Maine et
Loire Versuche in diesem Sinne gemacht.
Bei der ersten Probe zwischen Bordeaux und Rouen, in
der Nähe der Stadt Saumur, wurde eine makadamisirte Stein-
lage aufgeschüttet, und auf dieselbe etwa 4 cm gröblich
zerkleinerter Asphaltstein; diese Konstruktion war der Natur
des Gesteines entsprechend, und hat sich auch als ziemlich
praktisch erwiesen; in nicht zu ferner Zeit zeigte sich aber doch
ein Mangel in der Reparaturbedürftigkeit, welche dadurch her
vorgerufen wurde, daß der Staub der zerriebenen Unterlags
steine sich zwischen die Maßen des Asphaltes legte und dessen
Continuität unterbrach, dies gab dem Schmutz und Wasser
Anlaß und Gelegenheit zum Eindringen, und erschwerte das
Festwerden der Asphaltdecke, deren Ununterbrochenheit gerade
ihren großen Vorzug bildet.
Die ersten Versuche einer anderen, jetzt als allein richtig
erkannten Anwendung wurde inzwischen in der Stille gemacht,
und zwar auf der kurzen Strecke der Chaussee zwischen Ser-
rieres und Travers, von dem schweizerischen Ingenieur M.
Merian ums Jahr 1850; es ist deshalb dieser In
genieur ganz allein als der Erfinder der neuen
Straßenasphaltirung zu nennen.
Mcrian brachte zuerst das Asphaltmehl in erhitztem Zu
stande auf die Straße und drückte es künstlich zusammen, um
von vornherein eine feste und undurchdringliche Decklage zu
erhalten, welche das Eindringen der Feuchtigkeit und auch der
staubigen Stoffe, die den Zusammenhalt der Asphaltdecke
unterbrechen, verhindern sollte. Trotz einer sehr ungenügenden
Unterlage gelang diese Arbeit vortrefflich, und soll sich die so
behandelte Chausscestrecke bis heute erhalten haben.
In demselben Jahre wurde von Darcy, Inspecteur
Kenerul ckes Donts et ebaussees in Paris, in den Annalen
dieses Faches eine lange und gelehrte Abhandlung veröffent
licht, in welcher er alle Systeme der städtischen Pflasterung
von London und Paris diskutirte, und schließlich zu dem
Ausspruche kam, die Lösung dieser Aufgabe für die
großen Städte sei die Anwendung des Asphalt
steines in kaltem Zustande, nach der bei Saumur geübten
Methode; es wurden dann auch auf seinen Rath noch größere