Zwölfte ordentliche Versammlung
(als erste im zweiten Halbjahre) vom 4. Oktober 1879.
Vorsitzender: Oberbaurath v. Schlierholz.
Schriftführer: Architekt Lauser.
Anwesend 19 Mitglieder und 2 Gaste.
Der Vorsitzende begrüßt die anwesenden Mitglieder nach
den Ferien mit dem Wunsche, es möchte das Vereinsleben mit
demselben Eifer wieder beginnen, wie es im ersten Halbjahr
mit Anerkennung geendet habe, und er gebe sich der Hoffnung
hin, daß die Mitglieder trotzdem, daß am heutigen Abend von
den 36 zur Theilnahme Unterzeichneten nur 19 erschienen
seien, bestrebt sein werden, gerne in unseren Vereinsversamm
lungen von ihren Erfahrungen, die sie heuer wieder in der
Praxis, auf Reisen und durch sonstige Studien gewonnen,
mitzutheilen.
Hierauf stellt er als Gäste vor:
den Herrn Ingenieur Roder aus Bischoffswörth in
Sachsen, eingeführt durch Herrn Professor Bach, und
Herrn Architekt Bek aus Herrenberg, eingeführt durch
Herrn Baumeister Lang,
und theilt mit, daß in den Ferien an Geschenken eingegangen
seien:
a. Durch das württ. Ministerium der auswärtigen An
gelegenheiten von dem K. K. Handelsministerium in Wien:
Beiträge zur Beleuchtung der allgemeinen Verhältnisse
der östr. Eisenbahnen.
b. Durch Herrn Oberbürgermeister Dr. v. Hack: Die Fest
schrift für die siebente Versammlung deutscher Vereine
für öffentliche Gesundheitspflege: Die sanitären Verhält
nisse und Anstalten der Stadt Stuttgart.
c. Mittheilungen des sächsischen Ingenieur-Vereins. 1. Heft
1878.
d. Mittheilungen des sächsischen Architekten- und Ingenieur-
Vereines 1879, erste Hälfte.
e. Zweite Hälfte der Publikation vom Stockholmer Ing.-
1879.
f. Erster Jahresbericht vom Techniker-Club in Teschen 1878.
8. Verhandlungen der General-Versammlung des Vereines
deutscher Cement-Fabriken Februar 1879 zu Berlin.
h. Der Dom zu Mainz von Dr. Bokenheimer, zugleich
zur Subscription.
i. Entwürfe vom Architekten-Verein in Berlin, 1875 zehn
Blatt, 1876, 1877, 1878 je zwölf Blatt.
k. Haas, Höhenaufnahmen.
l. Villmarer Marmorwerke von H. Batton in Vilmar an
der Lahn.
in. Eine Einladung vom Architekten- und Ingenieur-Verein
zu Lübek zu der dortigen Kunstgewerbe-Ausstellnng;
worauf er bei dem interessanten Stoffe, welchen Publikationen
anderer Vereine nicht selten enthalten, beantragt, es möchten
besonders jüngere Mitglieder sich bereit erklären, hieraus in
den Vereinsversammlungen kurze Referate zu ertheilen und
dem Vorstande die Wahl der Referenten überlassen bleiben. Es
findet dieser Antrag Zustimmung. Anschließend folgt die Auf
nahme des von Herrn Baninspektor Ehmann zum auswär
tigen Mitgliede vorgeschlagenen Ingenieur Gsell, derzeit in
Eybach bei Geislingen, und sodann:
Das Referat über die achte Ab geordnete n-
Versammlung des Verbandes deutscher Architekten-
und Ingenieur-Vereine zu Heidelberg vom 8. bis
incl. 10. September d. I. durch Oberbaurath v. Schlier-
holz. Dasselbe wird in sehr eingehender und klarer Weise
gegeben und zeigt wie die Verhandlungen von 26 auf der
Tages-Ordnung stehenden Nummern in zwei Tages- und einer
Halbtages-Sitzung sehr anstrengende waren; wir geben hievon,
da indessen die Protokolle durch die Deutsche Bauzeitung in
Nr. 75, 76 und 77 veröffentlicht sind und hierauf zugleich
verwiesen wird, in Folgendem nur einige wesentliche Punkte
des Näheren.
Die Versammlung wurde von den 25 Vereinen von 20,
und zwar durch 39 Mitglieder mit 73 Stimmen beschickt, von
unserem Verein vurch den Vortragenden (v. Schlierholz) und
Professor Baumgärtner.
Sämmtliche Vereine zählen 6354 Mitglieder. Vorsitzender
war der geheime Regierungsrath und Baurath Funk aus
Köln, dessen Stellvertreter Professor Baumeister aus Karls
ruhe, Schriftführer waren Bauinspektor Mayer aus Berlin
und Architekt Unger ans Hannover.
Der Rechnungsbericht ergab pro ult. Dezember 1878 einen
Baarwerth von 697 M. 36 ^ neben 1000 M. in preuß. Rente.
Unserem Vereine fiel das Correferat zu über die Frage:
a. Der civilrechtlichen Verantwortlichkeit der Architekten und
Ingenieure.
b. Der Anwendung des Betons ini Hochbau- und Ingenieur-
Wesen.
Beide Correferate erstattete Oberbaurath v. Schlierholz
wesentlich in Uebereinstimmung mit den referirenden Vereinen
ad a des von Hamburg, ad b des von Hannover.
ad a wurde wegen nicht umfassender Einläufe ein be
stimmter Vorschlag nicht gemacht, und nachdem ein Eingehen
in die Sache beschlossen, wurde konstatirt, daß die meisten der
11 sich hierüber geäußerten Vereine sich dahin aussprachen,
daß in den einzelnen Vereinsgebieten die verschiedensten Rechls-
grundsätze bestehen, eine Ergänzung der bestehenden Gesetze
nicht erforderlich sei, und als Mittel um allseitig eine richtige
Anschauung über das Maß der civilrechtlick)en Verantwortlich
keit der Architekten und Ingenieure zur Geltung zu bringen,
nöthig feie:
einen Normalkontraktsentwurf aufzustellen, Vorträge über
die Grundsätze des bürgerlichen Rechtes auf technischen Hoch
schulen einzuführen, Anstrebung von Laiengerichten für Streitig
keiten zwischen Bauherrn und Technikern, Einwirkung auf die
bevorstehenden Berathungen über ein deutsches Civilgesetz,
Revision der Gewerbe-Ordnung u. s. w. Bezüglich des Maßes
der Civilverantwortlichkeit gegenüber dem Honorar nach den
Verbandsnormen sind die meisten Vereine der Ansicht, daß
hierüber ein Zusammenhang nicht stattfinde.
Der württ. Verein äußerte sich über diese Frage durch
einen Commissionsbeschluß vom 16. August 1879: in Er
wägung, daß gegenwärtig ein deutsches Civilrecht in Aus
arbeitung begriffen und wohl nicht zu erwarten sei, daß ein
solches Gesetz speziell sich über die Verantwortlichkeit der
Architekten und Ingenieure aussprechen werde, erscheine
es ihm nicht zweckmäßig, jetzt auf die Gesetzgebung in vom