Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1879)

Erste ordentliche Versammlung vom 11. Januar 1879. 
Vorsitzender: Oberbaurath v. Egle. 
Schriftführer: Abtheilungs-Ingenieur Koch. 
Anwesend: 29 Mitglieder. 
Auf den Vorschlag des Herrn Prof. Laißle wird Hr. Prof. 
Göller am K. Polytechnikum hier einstimmig als hiesiges Mit 
glied in den Verein aufgenommen. 
Der Vorsitzende berichtet sodann über die Beschlüsse der 
Kommission, welche in der letzten Versammlung gewählt wurde, 
um die Stellung zu berathen, die der Verein zu den Berliner 
Beschlüssen über die Vorbildung der zum technischen Studiuni und 
zu den technischen Staatsprüfungen zuzulassenden Techniker 
nehmen solle; 
s. Protokoll über die betr. Kommissions-Sitzung und Be 
kanntmachung der vom Verbandsvorstand vorgelegten 
Fragestellungen als Nachtrag zu dem Vereinsprotokoll 
im 2. Heft pr. 1878. 
Da die Konlmission von der letzten Versammlung zur defi 
nitiven Erledigung der Frage bevollmächtigt wurde, so knüpft 
sich an den Bericht keine weitere Debatte. 
Weiter berichtet der Vorsitzende über eine auf Anregung 
des Berliner Architekten-Vereins vom Hamburger Architekten- 
und Ingenieur-Verein an das Reichskanzleramt für Elsaß- 
Lothringen gerichtete Petition, dahin gehend, es möchten die 
Entscheidungsgründe des für die Konkurrenz zum Straßburger 
Universitätsgebäude niedergesetzten Preisgerichtes veröffentlicht 
werden. 
Der Hamburger Verein fordert die Einzelvereine zur Be 
theiligung an dieser Petition auf, zu welchem Zweck er ein 
autographirtes, durch den Württ. Verein zu unterschreibendes 
Exemplar der Eingabe übersendet. 
Der Vorsitzende, welcher selbst Preisrichter war, theilt mit, daß 
das Preisgericht 8 Tage lang angestrengt gearbeitet habe, und daß 
unter 102 Arbeiten solche von Architekten, von denen mindestens 50 
bei anderen architektonischen Konkurrenzen bereits Preise erhielten 
und ca. 40 längst eines hervorragenden Rufes in weiteren 
Kreisen sich erfreuen, gewesen seien; da wäre es leicht gewesen 
50, schwer aber blos 5 zu prämiiren. 
Von den Berathungen sind ausführliche Protokolle vor 
handen, welche so abgefaßt sind, daß sie mit Hinweglassung 
dessen, was blos geschäftlicher Art ist, wohl veröffentlicht werden 
können; die Ausdrucksweise ist selbstverständlich eine schonende, 
da die Namen der Konkurrenten genannt waren. — In der 
Petition sind die Grundsätze aufgeführt, welche im Jahre 1868 
von der Architektenversammlung in Hamburg beschlossen und von dem 
Verbände deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine für die 
Behandlung öffentlicher Konkurrenzen im Jahre 1872 zu den sei- 
nigen gemacht wurden. Die Grundsätze sind bei den: Ausschreihen 
und der Entscheidung über die Straßburger Konkurrenz alle be 
achtet worden, bis auf den Satz, daß einem Konkurrenten, der 
keinen Preis erhalten hat, für seine Mühe die Gründe niitge- 
theilt werden sollen, warum ihm kein Preis zugefallen ist. Herr 
Oberbaurath v. Egle ist im Einvernehmen mit Herrn Ober 
baurath v. Neureut her in München wohl mit einer Veröffent 
lichung der Entscheidungsgründe des Preisgerichts einverstanden, 
doch hält er es für nicht möglich, daß jedem Bewerber die 
Gründe mitgetheilt werden, warum seine Arbeit nicht vorge 
zogen worden ist. 
Auf den Antrag des Vorsitzenden erklärt sich deshalb die 
Versammlung mit dem Beitritt zu der Petition, sowie damit 
einverstanden, daß das autographirte Formular unterzeichnet 
werde, nachdem der Schlußsatz, enthaltend die Bitte an das 
Reichskanzleramt um Mittheilung der Entscheidungsgründe, die 
Ergänzung erfahren habe: 
„wie solche in den Protokollen des Preisgerichtes nieder 
gelegt sein werden." 
Der Vorsitzende ladet hierauf zum Besuche der General 
versammlung auf Samstag den 18. d. M. Abends 7 7* Uhr 
ein und läßt eine Liste zur Einzeichnung für das Essen cirku- 
liren; sodann erhält das Wort 
Herr Oberbaurath Bok als Vorsitzender der Kommission 
für die Frage „der Einführung des Eisens in den Hochbau". 
Dieser verliest zunächst ein von Herrn Baurath Kr afft in 
Ravensburg eingegangenes Referat, welches neben der Verwen 
dung des Eisens für die Brückenbauten hauptsächlich diejenige 
zu Deckenbalken behandelt, woraus 
Herr Oberbaurath Prof. v. Tritschler als Referent mit 
theilt, daß die Kommission in 2 Sitzungen die Frage berathen 
habe und daß er beauftragt worden sei, auf Grund des oben 
erwähnten Referats von Herrn Baurath Kr afft, sowie schrift 
licher Aeußerungen der einzelnen Kommissionsmitglieder, insbe 
sondere des Herrn Prof. Laißle, ein Referat auszuarbeiten, 
welches er sodann verliest. 
An das Referat knüpft sich eine lebhafte Discussion: 
Koch gegen den allgemein aufgestellten Satz: die Trag 
fähigkeit des Eisens sei bei gleichem Querschnitt die 29sache von 
der von Holz. 
v. Tritschler. Es beziehe sich dies auf den bestimmten 
Fall der Vergleichung günstigster ? Träger mit Holzbalken, und 
hiefür sei die Zahl 29 richtig. 
Bauinspektor Rh ein Hardt begrüßt den Vorschlag zur Er 
richtung von Konstruktions-Bureaux, an die sich Alle wenden 
sollten, die nicht selbst rechnen können. 
Baumgärtner spricht sich anerkennend über die Arbeit 
der Kommission aus, möchte aber die Empfehlung des Eisens 
auf Decken und Dachstühle beschränkt wissen, es solle wohl das 
Holz, nicht aber der Stein durch Eisen verdrängt werden, wie 
das leider im Jngenieurfache schon geschehen. Die Feuersicher 
heit des Eisens sei nicht groß, wie verschiedene Brandsälle von 
Waarenmagazinen in England zeigen, wo das Eisen in der 
Hitze sich gebogen hat und die Gewölbe einstürzten. 
v. Tritschler ist in der Hauptsache mit der Ausführung 
Baumgärtners einverstanden, im Referat seien blos einzelne 
Fälle des Ersatzes von Stein durch Eisen vorgesehen, z. B. bei 
großen Kuppeln und Treppen; es sei wohl aufgefallen, daß die 
Verwendung des Eisens bei Umfassungswänden nicht berührt 
worden sei? 
Baumgärtner: Im Gegentheil, dies seien doch blos 
Ausnahmsfälle, wogegen 
Oberbaurath Bok erklärt, daß in Amerika das Eisen auch 
für Umfassungswände ausgedehnt verwendet werde. 
Koch gegen die im Referat ermähnte voraussichtliche Ver 
minderung der Eisenpreise. 
v. Tritschler: Dieselbe sei blos relativ gegenüber den 
Holzpreisen verstanden. 
Rh ein Hardt: Eisen sei besonders am Platze, wo rasch 
oder leicht konstruirt werden solle. In ökonomischer Beziehung
	        
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