Nicht zu übersehen wäre endlich, daß sich die Einrichtung
empfehlen dürfte, Männer, welche sich hervorragende Verdienste
um den Verein speziell oder uni die Technik im Allgemeinen er
worben haben, zu Ehrenmitgliedern zu ernennen. Diese
Auszeichnung sollte jedoch nur auf einstimmigen Antrag des Aus
schusses und bei Zustimmung von mindestens 3 /„ der in einer
Generalversammlung anwesenden Mitglieder erfolgen.
Um Ihnen ein Bild davon zu geben, in wieweit die vor
erwähnten Ansichten bezüglich der Aufnahme von Mitgliedern
von der in unserem Vereine bisher üblichen Praxis abweichen,
fügen mir den Wortlaut eines in dieser Beziehung am 25. Ro-
vember 1876 gefaßten Vereinsbeschlusses bei:
„Dem Ausschuß des Vereins, sofern er Ausnahms-
Gesuche jüngerer Fachgenossen vorzuberathen und zu be
gutachten haben sollte, diene als Direktive: „Auf Grund
einer höheren wissenschaftlichen und technischen Bildung soll
der um Aufnahme Nachsuchende entweder eine selbständige
Stellung als Architekt, Ingenieur oder Maschinenbauer
besitzen, oder wenigstens eine Fachprüfung erstanden haben,
wobei der Nachweis durch eine kurze Darstellung über dessen
Studien und etwaige praktische Laufbahn zu geben ist.""
Unsere in Vorstehendem bezüglich der beiden Fragen ent-
mickelte Ansicht unterbreiten wir nun dem Vereine zunächst zur
Berathung darüber, wie die Abgeordneten zur nächsten Delegirten-
versammlung hierüber instruirt, bezw. in welcher Form die beiden
Fragen dein Verbandsvorstande gegenüber vorläufig beantwortet
werden sollen.
Hinsichtlich der Anwendung vorstehender Ausführungen aus
unsern Verein kommen wir zu deni Antrage, das Resultat der
diesbezüglichen Berathung in der nächsten Abgeordnetenversamm
lung abzuwarten und auf Grund derselben einen etwaigen ver
änderten Statutenentwnrf kommissarisch vorberathen zu lassen und
diesen einer Generalversammlung zur Beschlußfassung zu unterstellen.
Ter Vorsitzende gibt noch einige Erläuterungen zu diesem
schriftlichen Gutachten der Kommission, das von Herrn Bau
meister Laistner redigirt und verlesen wurde und fordert dann
zur Debatte über dasselbe auf zum Behufe zunächst zur Jn-
struirung unseres Delegirten für die nächste Abgeordneten-Ver-
sammlung, auf welcher diese Frage behandelt iverde:
all 1. Daß zur gedeihlichen Entwicklung des Vereinswesens
vor alleni größere Geldmittel gehören, als bisher, daß ins
besondere wünschenswerth ist, die Publikationen des Verbands in
die Hände jedes Vereinsmitglieds gelangen zu lassen, wird ein
stimmig bejaht und einer in Aussicht genommenen Erhöhung der
Beiträge zur Verbandskasse zugestimmt.
all 2. So wünschenswerth ein ständiger Sekretär wäre, ist
dies doch bei deni wechselnden Vorort nicht durchführbar. Landes
baumeister Leibbrand aus Sigmaringen schlägt daher vor,
man solle dem jeweiligen Vorort eine bestimmte Sunnne gewähren
zu ausreichender Besoldung eines Sekretärs aus der Mitte seiner
Vereinsmitglieder. Der Antrag wird einstimmig angenommen.
all 3. Der Verein spricht sich für die Zweckmäßigkeit der
in England und Amerika üblichen Statutenbestimmung aus, daß
Niemand länger als 3—4 Jahre Vereinsvorstand bleiben und
erst nach 3 Jahren wiedergewählt werden könne. Aehnliche Be
stimmungen sind auch in Deutschland wünschenswerth; wird ein
stimmig angenommen.
all 4. Sollen jüngere Techniker und Studirende in der
Form von außerordentlichen Mitgliedern zugelassen werden?
lieber diese Frage erhebt sich eine längere Debatte. Ober
baurath v. Hänel spricht sich für Zulassung der Studirenden
aus, Oberbaurath v. Egle ebenfalls; er schildert dann den
Berliner Verein, dem er zu seiner Studirzeit als stimmberechtigtes
Mitglied angehört habe. Damals seien aber nie Streitfragen
im Verein vorgekommen und deshalb sei die Stimmberechtigung
von Studirenden ganz ungefährlich gewesen; heute sei die Gefahr
einer Ueberstimniung der älteren durch die jüngeren Mitglieder
größer, der Antagonismus zwischen Staats- und Privattechnikern
rufe Parteien hervor und deshalb habe eine Stimmberechtigung
für jüngere Mitglieder ohne Erfahrung etwas Bedenkliches. Lan
desbaumeister Leibbrand aus Sigmaringen glaubt, daß das
Gewicht der Beschlüsse des Vereins und sein Ansehen nach außen
leide, wenn jüngere unerfahrene Mitglieder Stinnnrecht haben.
Er würde für Zulassung als ordentliches Mitglied nicht nur eine
bestimmte praktische Thätigkeit, sondern auch ein Lebensalter von
mindestens 25 Jahren fordern.
Der Vorsitzende hält die Bestimmung des.Lebensalters
für überflüssig, da ja niit der Bedingung 3 jähriger Praxis nach
vollendeten Studien dieses Lebensalter eo ipso erreicht sei.
Baumeister Laistner will keine so schroffe Trennung in
ordentliche und außerordentliche Mitglieder; er glaubt, man solle
die Studirenden als Gäste ohne Beitragserhebung zulassen, weil
es einen peinlichen Eindruck mache, wenn Jemand einen Beitrag
zahle und doch kein Stimmrecht haben sollte.
Oberbaurath v. Hänel will die Studirenden nicht blos als
Gäste behandelt wissen, sondern ihnen alle Rechte eines ordent
lichen Mitgliedes mit Ausnahme des Stimmrechts einräumen.
Dadurch genießen sie aber so viele Vortheile voni Vereine, daß
die volle Beitragserhebung ganz angezeigt sei. Wenn es Jemand
genire, daß er kein Stinmirecht habe, so solle er eben wegbleiben;
im Allgenieinen werden es aber jüngere Techniker und Studirende
sich zur Ehre rechnen, in Form von außerordentlichen Mitgliedern
im Verein zugelassen zu sein.
Oberbaurath v. Egle und Landesbaumeister Leibbrand
aus Sigmaringen sprechen sich in gleichem Sinne aus.
Oberbanrath v. Schlierholz ebenfalls; er fügt noch bei,
daß die Form von Gästen schon aus deni Grunde nicht annehm
bar sei, weil ja unsere Statuten bestimmen, daß ortsanwesende
Techniker höchstens dreimal als Gäste eingeführt werden dürfen.
Die Frage der Zweckmäßigkeit des Instituts außerordent
licher Mitglieder wird sodann mit großer Mehrheit bejaht.
all 5. Können nahestehende Nichttechniker, welche dem Bau
fach nahe stehen, für dieses von Einfluß sind, oder ein besonderes
Interesse dafür bekunden, in den Verein als ordentliche Mit
glieder zugelassen werden?
Der Vorsitzende findet dies unbedenklich und nur förder
lich für den Verein; in der That haben wir ja nichttechnische
Mitglieder, die uns nur zur Ehre gereichen, wie Oberbürger
meister v. Hack, und hatten früher die Herren Dr. Ammer
müller, Präsident v. Steinbeis rc.
v. Egle möchte solche Männer nicht wie Studirende be
handelt wissen; ihr Stimmrecht bringe keine Gefahr, denn wo
ein Fachurtheil verlangt werde, werden sie sich von selbst der
Abstimmung enthalten.
v Hänel fragt an, wo man die Grenze für Zulässigkeit
festsetzen solle?
Der Vorsitzende erwidert, hier seien keine allgemeinen
Bestimmungen möglich, das müsse von Fall zu Fall erwogen
werden.
Laistner wittert in der allgemeinen Zulassung von Nicht
technikern dieselben Gefahren, die gegen die Aufnahme von
Studirenden als stimmberechtigte Mitglieder geltend gemacht
worden sind.
Leib brand, Landesbaumeister aus Sigmaringen glaubt,
dies könne man verhüten, wenn festgesetzt werde, daß die Anzahl
der Nichttechniker einen gewissen Prozentsatz nicht überschreiten
dürfe; er beantragt 10 °/„; von vielen Seiten wird dies für
unnöthig erklärt, die Abstimmung ergibt aber mit 8 gegen 7
Stimmen Annahme des Antrags, daß Nichttechniker in der Zahl
bis zu 10 °/o der ordentlichen Mitglieder als solche aufgenommen
werden dürfen.
all 6. Ehrenmitglieder.
Der Vorsitzende hält es für angezeigt, daß zur Wahl
eines Ehrenmitglieds der einstimmige Vorschlag des Ausschusses
und eine Majorität von 7 4 der Stimmen einer Generalversamm
lung gehören.
Baumeister Lang glaubt, daß zum Vorschlag des Aus
schusses ebenfalls nur 7< der Stimmen erforderlich seien, weil
sonst durch irgend eine persönliche Mißstimmung eines einzigen
Ausschußmitgliedes ein solcher Vorschlag unterdrückt werden könne.