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tionsmenge V und der Abflußmenge q in derselben Zeit. Da
sich der links in der Klammer stehende Ausdruck als Funktion
von h darstellen läßt, so können die Veränderlichen getrennt,
mithin die Integration der Gleichung vollzogen werden.
Unter bestimmten Annahmen wurde sodann die Integration
und die daraus folgenden Ergebnisse gezeigt.
Nachdem auf diese Weise der Abfluß von den Hängen ver
folgt war, ging der Vortragende dazu über, das Fortschreiten
der Flutwelle in den offenen Gewässern auf Grund dieses Ab
flusses zu ermitteln. Er bestimmte den Zuwachs an Wasser
menge auf dem Längenelemente ckx eines Stromlaufes zu:
dW = q . ckx
unter W die pro Sekunde an irgend einer, in der Entfernung x
vom Ursprünge des Stromes (oder der Koordinaten) gelegenen
Stelle durchfließende Wassermenge verstanden. Die Geschwindig
keit, mit welcher ein Wasserteilchen im Strom sich fortbewegt,
wird in der Unterstellung gleichmäßigen Fortschreitens der ganzen
Flutmenge
ckx
U ~ dt ^
Diese Geschwindigkeit kann aber, sofern man die bekannten
hydraulischen Formeln für die Bewegung des Wassers in Flüssen
und Kanälen anwendet, auch ausgedrückt werden durch die Be
ziehung :
u = k . Vr . J
worin k der bekannte empirische Koeffizient, r der mittlere Pro
filradius und J das spezifische Gefälle bedeuten.
Aus Verbindung dieser drei Gleichungen erhält man die
Lösung der Fragen:
1. Wie groß ist das Maximum der Flutmenge an irgend
einer, in der Entfernung x vom Ursprünge gelegenen
Stelle, bezw. nach welcher Zeit tritt dieses Maximum ein?
2. Wie groß ist die Flutmenge an einer Stelle x nach Um
lauf einer Zeit t?
3. Wie erfolgt eine Abnahme der Flut (Q = o) ?
4. Welche Wasserstände treten bei bekannten Dimensionen
des Flußquerschnittes an beliebiger Stelle ein?
Auch hierfür wurde unter einfachsten Annahmen ein Bei
spiel gerechnet.
An der Hand der Belgrandschen Beobachtungen im Seine-
Bassin wies sodann der Vortragende die Uebereinstimmung der
Theorie mit der Praxis nach. —
Der Vorsitzende dankt dem Redner und fragt, ob zu dem
Vorgetragenen jemand das Wort wünsche. Baurat Rhein-
tz ard sucht hierauf den vom Redner ausgesprochenen Vorwurf,
daß hinsichtlich der Wasserberechnungen noch viel zu empirisch
vorgegangen zu werden pflege, zu entkräften. Rach kurzer Dis
kussion zwischen ihm und Ingenieur Lueger wird um 1(?/4 Uhr
die Sitzung geschlossen.
Der Schriftführer:
Laistner.
Zünfte ordentliche Versammlung,
am 21. März 1885, abends 8 Uhr.
Vorsitzender: v. Hänel.
Schriftführer: Göller.
Anwesend 23 Mitglieder.
Das Protokoll der letzten Versammlung wird verlesen und
angenommen. Der Vorsitzende erinnert daran, daß den Bau
meistern Eisenlohr und Weigle in Stuttgart bei der Kon
kurrenz zum deutschen Reichsgerichtsgebäude ein zweiter Preis
zuerkannt worden sei, und giebt der Freude über diese auch für
den Verein ehrenvolle Auszeichnung zweier seiner Mitglieder
Ausdruck. Unter den Einläufen ist hervorzuheben eine Mit
teilung des Frankfurter Architekten- und Jngenieurvereins, wo
nach derselbe dem Abgeordneten Berger (Witten) für sein
> Eintreten im preußischen Abgeordnetenhause am 2. März d. I. .
für die Interessen der Bautechniker seinen Dank ausgedrückt
hat in einer Zuschrift, deren Wortlaut mitgeteilt ist; ferner
eine 80 Seiten umfassende Druckschrift vou Baurat Kaiser in
Stuttgart „zur Frage der Straßenreinigung", enthaltend eine
Zusammenstellung und Beurteilung der bezüglichen Vorschriften
in etwa 30 Deutschen Städten. Der Vorsitzende dankt dem
anwesenden Verfasser im Namen des Vereins.
Architekt R. Schmidt in Stuttgart wird ohne Kugelung \
j als ordentliches Mitglied aufgenommen.
Hierauf erhält Jngenieurassistent Baumeister Laistner '
das Wort zu einem Vortrag über „die Kosten der Neben- !
bahnen in ihrem Verhältnis zur Spurweite," der
das Resultat eingehender Untersuchungen darbietet, und dem die
volle Anerkennung der Versammlung zu Teil wird. Der Inhalt
dieses Vortrags ist in der Beilage 3 wiedergegeben.
Nachdem Ingenieur Hauck einen Vortrag über Projekte
zur Verbesserung der Stuttgarter Bahnhofanlage und eine Ver
bindungsbahn Cannstatt-Feuerbach angekündigt, schließt die Ver
sammlung um 10V4 Uhr.
Der Schriführer:
Göller.
Sechste ordentliche Wersammtung,
am 18. April 1885, abends 7 Uhr.
Vorsitzender: v. Hänel, später Leibbrand.
Schriftführer: Laistner.
Anwesend: 27 Mitglieder, 2 Gäste.
Nach Eröffnung der Versammlung, Begrüßung der als
Gäste anwesenden Herren Architekt Burkhard und Bildhauer
S ch e e r er und Genehmigung des Protokolls der 5. Versammlung
begründet der Vorsitzende zunächst die Abweichungen, die in
letzter Zeit von der Regel einer 14 tägigen Pause zwischen den
einzelnen Versammlungen gemacht werden mußten und stellt für
die nächste, schon am 25. April abzuhaltende Versammlung einen
Vortrag des Herrn Ing. Hauck über den Bahnhof Stuttgart
in Aussicht.
Der Vorsitzende widmet sodann dem kürzlich dahingeschiedenen
Vereinsmitgliede Stadbaurat Wolf einen warmen Nachruf, in
dem er den Verlust dieses als feinfühligen fleißigen Küilstler
hervorragenden, liebenswürdig bescheidenen Mannes aufs tiefste
bedauert und an dessen zahlreiche Werke in unserer Stadt, die
Synagoge, die Heslacher Kirche, die verschiedenen Schulgebäude,
die Gewerbehalle re., sowie auch auswärts, besonders in Nürn
berg, erinnert. Er ladet die Versammlung ein, sich zum Zeichen
der Zustimmung von den Sitzen zu erheben. Dies geschieht.
Nun erhält Oberbaurat vr. v. Leins das Wort zu einigen
Mitteilungen über die Konkurrenz zum Reichs
gerichtsgebäude in Leipzig.
Nach kurzer Erläuterung der Hauptforderungen des Pro
gramms, das er, längst verbreitet, als bekannt voraussetzen dürfe,
weist er auf die unregelmäßige Gestalt des Bauterrains hin,
dessen Form durch den Lauf der Pleiße bedingt gewesen sei,
aber so geräumig sich erwiesen habe, daß der Bau bei den meisten
Lösungen noch ringsum die Grenzen der verfügbaren Fläche
nicht erreicht habe. — Bei der Beurteilung der eingesandten
Arbeiten sei es erste Rücksicht gewesen, das Hauptgewicht auf
die zweckmäßige innere Einteilung zu legen, so bestechend auch
eine namhafte Zahl von Plänen durch ein stattliches Äußere
eine vorgefaßte günstige Meinung zu erwecken geeignet gewesen
seien.
Die Klarheit des Programms, in dem die Größen und
die Einzelmaße der hauptsächlichsten Räume, und deren An
einanderreihung vorgeschrieben waren, hatte doch nicht verhindert,
daß zahlreiche Abweichungen von diesen Bestimmungen sich er
geben hatten.