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ebenso: wenn der Güterverkehr von oder zu der Haupt-
bahn hauptsächlich Massengüter umfaßt, deren Umladung weder
nachteilig für dieselben, noch kostspielig ist (wie z. B. bei Erz,
Kohlen, Schotter, Bruchsteinen);
desgleichen: wenn mittelst der Schmalspur bis an die Ge-
winnungsstelle der Rohprodukte (Steinbrüche, Stollen rc.) vor
gedrungen werden kann;
und namentlich dann, wenn durch die Anwendung der
Schmalspur die Benützung einer nicht breiten und dabei scharf
gekrümniten Straße ermöglicht wird.
Diejenigen Fälle, in denen sich nicht von vornherein mit
Bestimmtheit eine Wahl in der Spurweite treffen läßt, werden
allerdings die große Mehrzahl bilden; sie werden daher auch
immer eine eingehende Untersuchung der Spurfrage verlangen.
Ta sich der eingangs erwähnte Spurweitenstreit nicht auf
die Frage, ob Normal- oder Schmalspur, beschränkt, sondern
auch darum gedreht hat, welches Maß der Schmalspur am
besten zu geben sei, so ist es der Technikerkommission des
Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen als Verdienst anzu
rechnen, daß sie schon im Anfange der 70ger Jahre durch Auf
stellung einer bestinrmten Norm für die Spurweite das Streit
objekt wenn auch nicht beseitigt, so doch auf ein engeres Gebiet
verwiesen hat. Diese Norm hat im Jahre 1878 auch Gesetzes
kraft erlangt, indem in der „Bahnordnung für deutsche Eisen
bahnen untergeordneter Bedeutung" bestimmt wurde, daß die
Spurweite der Schmalspurbahnen 1,0 m oder 0,75 m betragen
soll, und Ausnahmen hievon nur mit Zustimmung des Reichs
eisenbahnamtes zulässig sind.
Demnach wird man also — vorausgesetzt, daß die Spur
nicht durch die Umstände von vornherein bestimmt ist — in
der Regel nur zwischen 3 Fällen zu wählen, und die Wahl
von dem Ergebnis folgender Frage abhängig zu machen haben:
Ist ein bestimmter Verkehr zwischen 2 Orten
billiger durch eine Bahn von Normalspur, von
1,0 in oder von 0,75 m Spur zu vermitteln, wenn
Anlage und Betrieb derselben möglich st einfach
und rationell gestaltet werden?
Diese Frage ist natürlich allgeniein nur dann diskutier
bar, wenn die dreierlei Bahnen nicht ganz verschiedene Trace
haben, wenn sie vielinehr im großen Ganzen denselben Weg
verfolgen und nur insoweit von einander abweichen, als dies
die Verschiedenheit der zulässigen Minimalradien gestattet oder
verlangt. Sie werden in diesem Falle auch annähernd die
selben Steigungsverhältnisse zeigen. Ferner müssen Tunnel
und größere Viadukte außer Betracht bleiben, weil deren Kosten
die Gesamtsumme so wesentlich beeinflussen, daß nur bei genauer
Kenntnis der Ausdehnung dieser Bauten zuverlässige Vergleichs
resultate möglich sind. Endlich wird auch von der Führung
der Bahn durch hartes Gestein abzusehen sein, weil diese über
haupt zu den seltenen Ausnahmen gehören und zudem ohne
weiteres den Ausschlag zu Gunsten der schmälsten Spur
geben wird.
Zweckmäßig ist es ferner für die Erhebung der Kosten
einer Bahn von mittleren Verhältniffen — und uni diese
wird es sich ja vorzugsweise handeln — zunächst den mög
lichst günstigen und den möglichst ungünstigen Fall
der Herstellung und des Betriebs zu untersuchen, und von hier
aus den Schluß auf die mittleren Fälle zu ziehen.
Als günstigster, jedoch nur für einzelne kürzere Strecken,
nicht für ganze Bahnlinien gütiger Fall, ist der einer geraden
horizontalen Bahn mit Dammhöhen und Einschnittstiefen
von höchstens 1 h m und mit de» niedersten Einheitspreisen zu
betrachten; als ungünstigster Fall ebenso der, bei welchem
die Minimalradien, die Maximalsteigung, verhältnis
mäßig große Erdarbeiten und hohe Einheitspreise zur Anwen
dung zu kommen haben.
Werden hiebei die Kronenbreiten, abweichend von den Be
stimmungen der „Grundzüge für die Gestaltung der sekundären
Eisenbahnen", welche als geringste Breite das 2 V? fache der
Spur vorschreiben, zu 3,2, 2,6 und 2,2 rn, und die Minimal
radien zu 100, 70 resp. 50 m angenommen, und weiterhin
für den „ungünstigsten" Fall die Terrainverhältnisse derart vor
ausgesetzt, daß die Querneigung der zu benützenden Hänge durch
schnittlich 1: 2 beträgt und daß selbst bei der schmälsten Spur-
unter ausgedehntester Anwendung der Minimalradien noch Ein
schnitte und Dämnie bis zu 2 m in der Are gemessen und bei
den anderen Spurweiten entsprechend größere Erdarbeiten nötig
werden, so berechnen sich die Kosten des Unterbaues (d. h.
der Grunderwerbung, Erdarbeiten, Stützmauern, Brücken und
Durchlässe, Weganlagen, Einfriedigungen rc.) pro km:
bei 1,435 m 1,0 m 0,75 m Spur
im güustigsten Falle zu . 6 800. 6 200, 5 800 M.
„ ungünstigsten Falle zu 80 000, 55 000, 29 000 „
und in mittleren Fällen „ 22 000, 17 000, 13 000 „
Dabei sind für die Grunderwerbnng als niederster Durch
schnittspreis 2500 di, als höchster 6500 M. pro ha und für die
Erdarbeiten 30 ^ resp. 70 als Grundpreise gerechnet. *)
Für ganze Bahnlinien dürfen, wenn sich deren „un
günstigster" Fall je zu Vs, 2 /s und 2 /s ans Strecken der eben
erwähnten Art zusammensetzt, als Kosten des Unterbaues
abgerundet in Ansatz kommen:
für den günstigsten Fall . 9 000, 8 200, 7 600 dl
.. ungünstigsten Fall 40 000, 30 000, 18 000 „
und für niittlere Fälle . 22 000, 17 000, 13 000 „
Was den Oberbau (d. h. die Bettung des Geleises, die
Schwellen, Schienen, Weichen u. s. f.) betrifft, so hängen dessen
Kosten außer vom Terrain auch von der Größe des Verkehrs
ab. Stärkere Steigungen verlangen kräftigere Maschinen und
diese bedingen schwerere Schienen. Dasselbe tritt nnt Zunahme
des Verkehrs, d. h. mit größerer Schwere der zu befördernden
Züge, ein. Zwar wird in ebenem Terrain die leichteste Maschine
auch einem starken Verkehr noch gewachsen sein, weil sie auf
horizontaler, gerader Strecke noch wohl das 25—30fache ihres
Eigengewichts, also immerhin weit mehr zu befördern vermag,
als ihr für gewöhnlich zugemutet werden wird. Ganz anders
ist es aber in deni ungünstigsten Falle, wo außer den stärksten
Steigungen auch noch die schärfsten Kurven zu überwinden
sind. Hier leistet die Maschine wenig mehr als das Doppelte
ihres eigenen Gewichts; es werden also in diesem Falle bei
schwachem Verkehr die Lokomotiven, und infolge dessen auch die
Schienen weit leichter gehalten werden können, als bei starkem
Verkehr. In mittleren Fällen jedoch ist dieser Unterschied in
den Gewichten ein geringer. Da die Masse des gesamten Ver
kehrs, die Anzahl der täglichen Züge und somit auch das Ge-
' wicht der einzelnen Züge für alle 3 Spurweiten gleich anzu
nehmen ist, so sind auch die Lokomotiv- und Schienengewichte
in allen 3 Fällen gleich. Vorausgesetzt ist dabei, vorläufig
wenigstens, im Interesse einer richtigen Vergleichung, daß auch
die Normalspurbahn nicht für den Übergang von Wagen der
Hauptbahn konstruiert, sondern wie die Schmalspurbahn durch
weg mit eigenen leichten Betriebsmitteln versehen ist. Danach
kann also beini Oberbau der Kostenunterschied wesentlich nur
I auf der Verschiedenheit der Bettungskörper und Schwellendimen
sionen beruhen und keinesfalls bedeutend sein.
Hält man nach Vorstehendem die Fälle des schwachen
und des starken Verkehrs auseinander, so werden die
Schienengewichte im „günstigsten" Falle pro laufenden Meter
etwa 12 kg, im „ungünstigen" je nach der Stärke des Ver
kehrs 14—25 kg, und in „mittleren" Fällen ebenso ca. 13—18kg
betragen. Hienach stellen sich, wenn wiederum für die Ein
heitspreise resp. niedere, hohe und mittlere Werte in Rechnung
genommen werden, die Kosten des Oberbaues pro km:
*) Die sämtlichen Berechnungen stützen sich, um ans möglichst sicherer
Grundlage zu stehen, nach Thnnlichkeit auf das wertvolle Material, das die
„Statistik der Eisenbahnen Deutschlands" an die Hand giebt. So sind
beispielsweise bezüglich der Art. Zahl und Lichtweite der Kunstbauten nicht
willkürliche Annahmen gemacht, sondern die betr. Angaben der Statistik
entsprechend benützt worden.