11
den Vormittag V2II Uhr eingeladen habe. v. Landauer bemerkt,
daß der Verein zwar schon vor drei Jahren das Gebäude besucht
habe, eine neuerliche Besichtigung aber deshalb einiges Interesse
bieten könne, weil inzwischen der Mittelbau fertig geworden sei.
v. Hänel stellt nun namens des Ausschusses den Antrag,
die Herren Oberbaurat v. Schlierholz, Hofbaudirektor v. Egle
und Oberbaurat Dr. v. Leins zu Ehrenmitgliedern des Vereins
zu ernennen. Der Ausschuß sei der Ansicht gewesen, daß §. 4 Abs. 4
der neuen Vereinssatzungen nicht toter Buchstabe bleiben solle. Er
habe sich fragen müssen, ob es Personen gäbe, welche durch hervor
ragende Verdienste um den Verein der höchsten Auszeichnung desselben
würdig seien. Dies müsse bejaht werden. Redner tritt in eine
Schilderung dieser Verdienste ein, dabei besonders betonend, daß
v. Schlier holz zwölf Jahre lang den Verein in ausgezeichneter
Weise geleitet habe, daß v. Egle neun Jahre als Vorstand und
während der ganzen Periode Schlierholz als Stellvertreter des
selben gedient, daß v. Leins ebenfalls Vorstand des Vereins ge
wesen und schon an der Wiege desselben gestanden habe, und daß
alle drei stets bereit gewesen seien, dem Verein ihr reiches Wissen
und Können zur Verfügung zu stelle». So sei der Ausschuß zu
seinem Antrag gekommen, welcher als unteilbar aufgefaßt werden
solle. Der Vorsitzende schloß mit dem Wunsche, die Genannten
möchten dem Vereine auch ferner ihre fruchtbare Thätigkeit erhalten.
Den Worten folgte allseitiger Beifall und der Antrag.des Ausschusses
wurde ohne Debatte einstimmig angenommen.
v. Schlierholz, welcher nach der Abstimmung im Saale
erschien, während die beiden anderen Ehrenmitglieder nicht anwesend
waren, wurde vom Vorsitzenden in herzlichen Worten begrüßt. Er
sprach seine Ueberraschung und seinen Dank für diese Ernennung
aus, welche ihm ein Zeichen der Zufriedenheit mit seiner Wirksamkeit
als Vorstand und eine liebe Erinnerung für sein ferneres Leben sei;
er werde dem Vereine auch in Zukunft zu dienen streben iiub im
Geiste auch dann bei ihm sein, wenn sein Gesundheitszustand ein
persönliches Erscheinen ausschließen sollte.
Zum nächsten Punkt der Tagesordnung, Wahl des Ausschusses,
bemerkt der Vorsitzende, daß nach den neuen Satzungen künftig die
Wahl ans zwei Jahre zu erfolgen habe, während dieselbe diesmal
noch auf ein Jahr vorzunehmen sei , damit so in der beabsichtigten
Weise die Generalversammlung des Verbands immer in das zweite
Geschäftsjahr des jeweiligen Vorstands falle, v. Brockmann schlägt
vor, den bisherigen Ausschuß im ganzen für ein weiteres Jahr zu
ernennen. Der Vorsitzende macht darauf aufmerksam, daß satzungs
gemäß die Wahl durch Stimmzettel in zwei Wahlgängen für den
Vorstand bezw. die übrigen Ausschußmitglieder zu erfolgen habe.
Rheinhard bittet dringend, den neuen Satzungen nicht gleich van
Anfang an entgegen zu handeln. Jng.-Ass. Tafel macht den Ver
mittelungsvorschlag, zwar durch Stimnizettel zu wählen, aber den
jenigen, welche für den bisherigen Ausschuß sind, zu gestalten, einfach
„Ausschuß von 1885" auf die Zettel zu schreiben, v. Schlier holz
will daran erinnern, daß wenn auch künftig bei jeder Wahl ein
neuer Vorstand zu wählen sei, doch der bisherige Vorstand noch aus
ein Jahr gewählt werden könne, da er erst ein Jahr amtiert habe.
Rheinhard erkennt dies an und tritt wiederholt für Befolgung
der Satzungen ein. v. Brockmau n ist auch mit der Wahl durch
Stimmzettel einverstanden und hat nur ein bequemes Verfahren für
den augenblicklichen Uebergangszustand vorschlagen wollen. Ein Ab
weichen von den neuen Satzungen müsse ja doch stattfinden, da diese
nur eine Wahl auf zwei Jahre vorsehen. Hocheisen glaubt eben
falls , daß der Verein dieses Jahr noch freie Hand habe und stellt
den Antrag, darüber abzustimmen, ob die Wahl vom vorigen Jahr
noch für ein weiteres Jahr gelten solle. Rheinhard betont, daß
er mit der Tendenz des Antrags Brockmann einverstanden sei,
er bitte aber wegen einer kleinen Mühe nicht von den Satzungen
abzugehen, v. Schlier holz unterstützt diese Ausführungen. Bei
der Abstimmung wird der Antrag Hocheisen angenommen, wonach
also v. Hänel als Vorstand und v. Bok, Göller, Dr. Huber,
Kais er, Leibbrand, Laistner, Walther, Weyrauch als
Ausschußmitglieder noch für das nächste Jahr zu fungieren haben.
Zum Schlüsse des geschäftlichen Teils fand eine Versteigerung über
flüssig gewordener Zeitschriften statt.
Uni 9 Uhr begann ein gemeinschaftliches Abendessen im kleinen
Museumssaale, an welchem 62 Personen teilnahmen. Den ersten
Toast brachte der Vorstand auf die neuen Ehrenmitglieder aus. Eine
Reihe von Einzelvorträgen und allgemeinen Liedern erzeugten bald
die fröhlichste Stimmung. Der neue Liederkranz des Vereins unter
Laistners Leitung trat erstmals auf und erntete allgemeinen Bei
fall. Eine besondere Ueberraschung gewährte es, daß die durch die
Zeitungen in Aussicht gestellte Wiederholung des Kostümfestes schon
jetzt stattfand (Laistner Kaiser Maximilian, Ne uff er Bürger
meister von Nürnberg, Dobel, Huber, Schmohl, N. Tafel,
Walther, Weifert u. s. w). Der Erfolg war ein durchschlagen
der. Herr Professor Dobelli (Dobel) aus Leipzig hielt einen ge
lehrte» Vortrag über die Entwickelungsgeschichte des Technikers, unter
gesanglicher Mitwirkung der anwesenden Exemplare dieser Spezies.
Ueber wichtige Tagesfrageu lokaler und allgemeiner Natur gab die
Korrespondenz des Redakteurs'einer technischen Zeitschrift (Gu gen-
han) kaum geahnte Aufschlüsse.*) Mit Mühe war es dem Vor
stande gelungen, die gegenwärtig in Norddeutschland befindliche Ge
sellschaft Rainer gleichzeitig hier auftreten zu lassen (Weisert, Kleber,
Stahl). Auch der Pokal des Vereins wurde in Umlauf gesetzt. So
konnte es nicht Wunder nehmen, daß die Gesellschaft noch einige
Stunden nach Mitternacht beisammen war und sich nur langsam
auflöste. Einzelne Gruppen sollen noch um 5 Uhr morgens die
Restaurationsräume unseres Bahnhofs und ein Haus in der Königs
straße besichtigt haben.
Der Schriftführer:
Weyrauch.
Krsnch des neue» Mliothkligkliiiildrs in Stuttgart
am 14. Februar 1886, vormittags 10 */ s Uhr.
Nachdem der Erbauer dieses nunmehr vollendeten Monumental
baues, Herr Oberbaurat v. Landauer, den Verein zur Besich
tigung desselben eingeladen hatte, fand sich eine große Zahl von
Mitgliedern, zum Teil mit ihren Damen, zur bestimmten Stunde
an Ort und Stelle ein. Einige Notizen über den Bau sind in Bei
lage 7 enthalten. Die schöne und zweckmäßige Anordnung und Aus
stattung der nun fertigen Räume, sowie die dabei vorkommenden Kon
struktionen, fanden allseitige Anerkennung, welche in einem dreimaligen
Hoch aus den als Führer anwesenden Herrn Oberbaurat v. Lan
dauer Ausdruck erhielt. Nach der Besichtigung stärkten sich die
Teilnehmer bei Münchner Bier in der Restauration zum Steiubock.
*) U. a. erfuhr man, daß das preußische Kriegsministerium sich vertrau
lich nach Stuttgart gewendet habe wegen Anlage von „Franzofenlöchern", die
es in großem Maßstabe längs des Rheins und der Mosel anzubringen beab
sichtige; die weibliche» „Tourniiren" wurden im Tone des alten Schartenmaier
in ungeschminkter freier Verdeutschung hart angegriffen; die Kaliwerke Aschers
leben, der Lahnhoföumbau Cannstatt, die schwachen BrUckengewölbe aus Bunt
sandstein, die soziale und pekuniäre Stellung der Baubeamteu rc. wurden mit
kaustischem Witze behandelt, und zuni Schluß wurde als ganz außerordentliches
und höchst ersreuliches Ereignis mitgeteilt, daß bei der Redaktion des „Wochen
blattes siir Baukunde" ein Artikel aus Württemberg eingelaufen sei.