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Baumeister Blum, vorgeschlagen durch v. Schlierholz, und
von Baumeister Reichert, vorgeschlagen durch v. Hänel.
Die Aufnahme des ersteren als ortsanwesendes, des letzteren als
auswärtiges Mitglied erfolgt ohne Kugelung.
Nachdem der Vorsitzende noch mitgeteilt, daß Baumeister
Reichert vom Ausschuß mit den Funktionen des etatsmäßigen
Sekretärs betraut worden sei, sowie daß er die Einrichtung einer
fortlaufenden Präsenzliste für die Vereinsversammlungen ge
troffen habe, bittet er diejenigen, welche in nächster Zeit zu
Abhaltung eines Vortrags oder zu kleineren Mitteilungen bereit
seien, sich zu melden, und erteilt sodann das Wort an Prof.
Göller, welcher über
„Die Glasbedachung, mit Erklärung eines von ihm
erfundenen, patentierten neuen Verfahrens" spricht. Der bei
fällig aufgenommene Vortrag, für welchen der Vorsitzende seinen
Dank ausspricht, ist in der Beilage 1 wiedergegeben.
Es knüpfen sich an denselben noch weitere Erörterungen, an
denen v. Bok, Köhler und v. Schlierholz teilnehmen. Ersterer
bestätigt namentlich, daß den zuerst besprochenen Eindeckungs
systemen die Mängel anhaften, die ihnen der Redner vorgeworfen,
begrüßt das neue System als eine wesentliche Verbesserung, glaubt
aber, daß auch bei diesem System für größere Rohglastafeln
der Umstand sich nachteilig geltend machen werde, daß nicht
vollständig ebene, sondern mehr oder weniger windschiefe Tafeln
zum Eindecken zu erlangen sind. Prof. Göller entgegnet, daß
das System auch für windschiefe Tafeln anwendbar sei. Köhler
spricht über seine Erfahrungen mit der Bedachung der Stutt
garter Bahnhofhallen und v. Schlierholz über diejenigen an
von ihm ausgeführten Bauten.
Um 10 3 /4 Uhr schließt der Vorsitzende den offiziellen Teil
der Sitzung.
Der Schriftführer:
Laistn er.
Zweite ordentliche Versammlung,
am 7. Februar 1885, abends 8 Uhr.
Borsitzender: v. Hänel.
Schriftführer: Göller.
Anwesend: 41 Mitglieder nnd 5 Gäste.
Bei Gelegenheit der Verlesung und Genehmigung des
Protokolls der ersten Versammlung bemerkt Oberbaurat v. Bok
zu seinem in der Diskussion über die besprochene neue Glas
bedachung erhobenen Einwand, daß ihm Professor Göller seit
der letzten Versammlung eine stark windschiefe Rohglastafel
von 1,42 m Länge in durchaus befriedigender Weise mit den
Randstreifen aus Blei versehen habe, wodurch die Anwendbarkeit
der neuen Eindeckungsweise auch auf rauhe und windschiefe
Tafeln nachgewiesen sei.
Professor Hammer am K. Polytechnikum in Stuttgart,
vorgeschlagen durch Oberbaurat v. Hänel, wird ohne Kugelung
in den Verein aufgenommen.
Der Vorsitzende fragt an, ob das Vereinsblatt den Mit
gliedern regelmäßig zukomme. Auf den von Architekt Stahl
geäußerten Wunsch, daß die Zusendung zweimal wöchentlich
erfolgen sollte, bemerkt Baurat 3tHeinhard, daß wir vertrags
mäßig nur die einmal wöchentlich erscheinende Hauptnummer
anzusprechen haben, und daß die zweite wöchentliche Nummer,
das Nebenblatt, falls dasselbe keine technischen Mitteilungen ent
halte, freiwillige Zugabe des Verlegers sei. so daß eine zwei
malige wöchentliche Zusendung nicht verlangt werden könne.
Hieraus hält Oberbaurat vr. v. Leins den angekündigten
Vortrag „über einige Anwendungen des Zements bei
schadhaften Bauten." Er berichtet zunächst über 2 Fälle
aus seiner praktischen Thätigkeit, bei denen durch Ausfüllung
entstandener Risse mit Portlandzement eine begonnene Bewegung
des Mauerwerks zum Stillstand gekommen sei. Im zweiten
Fall, bei einem aus der romanischen Zeit stammenden Kirch-
thurm in Sindelfingen, war die Gemeinde wegen eines,
mehrere Zentimeter breiten vertikalen Risses, der sich fast auf
die ganze Höhe der Vorderseite des Turms erstreckte, schon
zum Neubau entschlossen, so daß hier mit Hilfe des Portland
zements große Ausgaben erspart blieben. An einem dritten
Bauwerk, dem Kirchturm in Gaildorf, diente der Portland
zement zur Erbreiterung eines Mauerquerschnitts. Beim Brande
des hölzernen Turmhelms waren im achtseitigen Turmgeschoß
Hohlräume im Mauerwerk entstanden, indem ein horizontaler
Holzkranz im Innern der Mauer, der zur Verankerung gedient
hatte, durchaus verkohlt worden war Außerdem hatten die
Mauern durch Verkalkung und Abspringen der inneren Ober
flächen der Steine eine erhebliche Verminderung ihrer Stärke
erlitten. Durch die Ausfüllung der Hohlrämne mit Portland
zement war es möglich, das Oktogon wieder soweit zu verstärken,
daß es einen steinernen Turmhelm anstatt des abgebrannten
hölzernen aufnehmen konnte.
Nach einer kurzen Pause hielt von 9—10 V» Uhr Professor
vr. Dietrich den zweiten für den Abend angekündigten Vor
trag „über die Verwendung der Akkumulatoren zur
elektrischen Beleuchtung und Kraftübertragung",
dessen wesentlicher Inhalt in Beilage 2 wiedergegeben ist.
Beide Vorträge wurden von der Versammlung mit großen!
Interesse angehört und schloßen unter lebhaftem Beifall. Der
Vorsitzende sprach dafür seinen warmen Dank aus. Auf seine
Anfrage erklärte sich Professor vr. Dietrich bereit, in der
nächsten Versammlung einen weiteren, mit Experimenten ver
bundenen Vortrag über Elektrotechnik zu halten, und zwar im
Physiksaale des K. Polytechnikums, was allerseits dankbar an
genommen wurde.
Schluß der Sitzung gegen 10 7a Uhr.
Der Schriftführer:
Göller.
Dritte ordentliche Versammlung,
am 21. Februar 1885, abends V/i Uhr.
Vorsitzender: v. Hänel.
Schriftführer: Laistn er.
Anwesend: 68 Mitglieder nnd 22 Gäste, worunter 11 Damen.
Die Versammlung findet im Physiksaale des K. Polytech
nikums statt, da ein durch Experimente unterstützter Vortrag
des Herrn Professor Dietrich über Elektrotechnik den
Gegenstand der Tagesordnung bildet.
Der Vorsitzende eröffnet um 7 3 /i Uhr die Versammlung,
begrüßt die zahlreich Erschienenen, vornehmlich die Damen und
die übrigen Gäste, und erteilt hierauf das Wort an Herrn
Professor Dietrich.
Dieser verbreitet sich in nahezu 2stündigem Vortrage über
Wesen, Entstehung, äußere Erscheinung und die verschiedenen
Wirkungen der elektrischen Ströme, über deren Verwendung
auf dem Gebiete der Chemie, der Heilkunde, namentlich aber
der Technik. Besonderes Interesse erregen hiebei die Ausführungen
und Experimente, welche bezüglich der Verwendung der Elektri
zität zu Beleuchtungszwecken gegeben werden. Unter anderem
werden Glühlampen durch immer stärkeren Stroni zu blenden
dem Weißglühen und endlicher Zerstörung gebracht, auch die
Verzehrung der Kohlenspitzen beim „Bogenlicht" in kolossalem
Maßstabe auf eine weiße Ebene projiziert und dadurch dieser
sonst schlver zu beobachtende Vorgang im ganzen Saale bequem
sichtbar gemacht.
Dem mit allseitigem Beifall aufgenommenen Vortrage fügt
der Vorsitzende den Dank des Vereins für die Freundlichkeit
an, mit welcher der Vortragende, obgleich nicht selbst Mitglied
des Vereins, sich wiederholt demselben zur Verfügung gestellt