Full text: Versammlungs-Berichte / Württembergischer Verein für Baukunde in Stuttgart (1885/86)

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Baumeister Blum, vorgeschlagen durch v. Schlierholz, und 
von Baumeister Reichert, vorgeschlagen durch v. Hänel. 
Die Aufnahme des ersteren als ortsanwesendes, des letzteren als 
auswärtiges Mitglied erfolgt ohne Kugelung. 
Nachdem der Vorsitzende noch mitgeteilt, daß Baumeister 
Reichert vom Ausschuß mit den Funktionen des etatsmäßigen 
Sekretärs betraut worden sei, sowie daß er die Einrichtung einer 
fortlaufenden Präsenzliste für die Vereinsversammlungen ge 
troffen habe, bittet er diejenigen, welche in nächster Zeit zu 
Abhaltung eines Vortrags oder zu kleineren Mitteilungen bereit 
seien, sich zu melden, und erteilt sodann das Wort an Prof. 
Göller, welcher über 
„Die Glasbedachung, mit Erklärung eines von ihm 
erfundenen, patentierten neuen Verfahrens" spricht. Der bei 
fällig aufgenommene Vortrag, für welchen der Vorsitzende seinen 
Dank ausspricht, ist in der Beilage 1 wiedergegeben. 
Es knüpfen sich an denselben noch weitere Erörterungen, an 
denen v. Bok, Köhler und v. Schlierholz teilnehmen. Ersterer 
bestätigt namentlich, daß den zuerst besprochenen Eindeckungs 
systemen die Mängel anhaften, die ihnen der Redner vorgeworfen, 
begrüßt das neue System als eine wesentliche Verbesserung, glaubt 
aber, daß auch bei diesem System für größere Rohglastafeln 
der Umstand sich nachteilig geltend machen werde, daß nicht 
vollständig ebene, sondern mehr oder weniger windschiefe Tafeln 
zum Eindecken zu erlangen sind. Prof. Göller entgegnet, daß 
das System auch für windschiefe Tafeln anwendbar sei. Köhler 
spricht über seine Erfahrungen mit der Bedachung der Stutt 
garter Bahnhofhallen und v. Schlierholz über diejenigen an 
von ihm ausgeführten Bauten. 
Um 10 3 /4 Uhr schließt der Vorsitzende den offiziellen Teil 
der Sitzung. 
Der Schriftführer: 
Laistn er. 
Zweite ordentliche Versammlung, 
am 7. Februar 1885, abends 8 Uhr. 
Borsitzender: v. Hänel. 
Schriftführer: Göller. 
Anwesend: 41 Mitglieder nnd 5 Gäste. 
Bei Gelegenheit der Verlesung und Genehmigung des 
Protokolls der ersten Versammlung bemerkt Oberbaurat v. Bok 
zu seinem in der Diskussion über die besprochene neue Glas 
bedachung erhobenen Einwand, daß ihm Professor Göller seit 
der letzten Versammlung eine stark windschiefe Rohglastafel 
von 1,42 m Länge in durchaus befriedigender Weise mit den 
Randstreifen aus Blei versehen habe, wodurch die Anwendbarkeit 
der neuen Eindeckungsweise auch auf rauhe und windschiefe 
Tafeln nachgewiesen sei. 
Professor Hammer am K. Polytechnikum in Stuttgart, 
vorgeschlagen durch Oberbaurat v. Hänel, wird ohne Kugelung 
in den Verein aufgenommen. 
Der Vorsitzende fragt an, ob das Vereinsblatt den Mit 
gliedern regelmäßig zukomme. Auf den von Architekt Stahl 
geäußerten Wunsch, daß die Zusendung zweimal wöchentlich 
erfolgen sollte, bemerkt Baurat 3tHeinhard, daß wir vertrags 
mäßig nur die einmal wöchentlich erscheinende Hauptnummer 
anzusprechen haben, und daß die zweite wöchentliche Nummer, 
das Nebenblatt, falls dasselbe keine technischen Mitteilungen ent 
halte, freiwillige Zugabe des Verlegers sei. so daß eine zwei 
malige wöchentliche Zusendung nicht verlangt werden könne. 
Hieraus hält Oberbaurat vr. v. Leins den angekündigten 
Vortrag „über einige Anwendungen des Zements bei 
schadhaften Bauten." Er berichtet zunächst über 2 Fälle 
aus seiner praktischen Thätigkeit, bei denen durch Ausfüllung 
entstandener Risse mit Portlandzement eine begonnene Bewegung 
des Mauerwerks zum Stillstand gekommen sei. Im zweiten 
Fall, bei einem aus der romanischen Zeit stammenden Kirch- 
thurm in Sindelfingen, war die Gemeinde wegen eines, 
mehrere Zentimeter breiten vertikalen Risses, der sich fast auf 
die ganze Höhe der Vorderseite des Turms erstreckte, schon 
zum Neubau entschlossen, so daß hier mit Hilfe des Portland 
zements große Ausgaben erspart blieben. An einem dritten 
Bauwerk, dem Kirchturm in Gaildorf, diente der Portland 
zement zur Erbreiterung eines Mauerquerschnitts. Beim Brande 
des hölzernen Turmhelms waren im achtseitigen Turmgeschoß 
Hohlräume im Mauerwerk entstanden, indem ein horizontaler 
Holzkranz im Innern der Mauer, der zur Verankerung gedient 
hatte, durchaus verkohlt worden war Außerdem hatten die 
Mauern durch Verkalkung und Abspringen der inneren Ober 
flächen der Steine eine erhebliche Verminderung ihrer Stärke 
erlitten. Durch die Ausfüllung der Hohlrämne mit Portland 
zement war es möglich, das Oktogon wieder soweit zu verstärken, 
daß es einen steinernen Turmhelm anstatt des abgebrannten 
hölzernen aufnehmen konnte. 
Nach einer kurzen Pause hielt von 9—10 V» Uhr Professor 
vr. Dietrich den zweiten für den Abend angekündigten Vor 
trag „über die Verwendung der Akkumulatoren zur 
elektrischen Beleuchtung und Kraftübertragung", 
dessen wesentlicher Inhalt in Beilage 2 wiedergegeben ist. 
Beide Vorträge wurden von der Versammlung mit großen! 
Interesse angehört und schloßen unter lebhaftem Beifall. Der 
Vorsitzende sprach dafür seinen warmen Dank aus. Auf seine 
Anfrage erklärte sich Professor vr. Dietrich bereit, in der 
nächsten Versammlung einen weiteren, mit Experimenten ver 
bundenen Vortrag über Elektrotechnik zu halten, und zwar im 
Physiksaale des K. Polytechnikums, was allerseits dankbar an 
genommen wurde. 
Schluß der Sitzung gegen 10 7a Uhr. 
Der Schriftführer: 
Göller. 
Dritte ordentliche Versammlung, 
am 21. Februar 1885, abends V/i Uhr. 
Vorsitzender: v. Hänel. 
Schriftführer: Laistn er. 
Anwesend: 68 Mitglieder nnd 22 Gäste, worunter 11 Damen. 
Die Versammlung findet im Physiksaale des K. Polytech 
nikums statt, da ein durch Experimente unterstützter Vortrag 
des Herrn Professor Dietrich über Elektrotechnik den 
Gegenstand der Tagesordnung bildet. 
Der Vorsitzende eröffnet um 7 3 /i Uhr die Versammlung, 
begrüßt die zahlreich Erschienenen, vornehmlich die Damen und 
die übrigen Gäste, und erteilt hierauf das Wort an Herrn 
Professor Dietrich. 
Dieser verbreitet sich in nahezu 2stündigem Vortrage über 
Wesen, Entstehung, äußere Erscheinung und die verschiedenen 
Wirkungen der elektrischen Ströme, über deren Verwendung 
auf dem Gebiete der Chemie, der Heilkunde, namentlich aber 
der Technik. Besonderes Interesse erregen hiebei die Ausführungen 
und Experimente, welche bezüglich der Verwendung der Elektri 
zität zu Beleuchtungszwecken gegeben werden. Unter anderem 
werden Glühlampen durch immer stärkeren Stroni zu blenden 
dem Weißglühen und endlicher Zerstörung gebracht, auch die 
Verzehrung der Kohlenspitzen beim „Bogenlicht" in kolossalem 
Maßstabe auf eine weiße Ebene projiziert und dadurch dieser 
sonst schlver zu beobachtende Vorgang im ganzen Saale bequem 
sichtbar gemacht. 
Dem mit allseitigem Beifall aufgenommenen Vortrage fügt 
der Vorsitzende den Dank des Vereins für die Freundlichkeit 
an, mit welcher der Vortragende, obgleich nicht selbst Mitglied 
des Vereins, sich wiederholt demselben zur Verfügung gestellt
	        

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