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fürchten. Die Cementröhren nehmen von Jahr zu Jahr an Härte
und Güte zu, aus ihnen zusammengesetzte Rohrleitungen erhalten
durch Temperaturänderungen weniger leicht Risse als Thonröhren-
leituugen, da Cementröhren weniger spröd und auch massiger sind.
Wie schon erwähnt, erhält sich das Wasser in Cementröhrenleitungen
besonders frisch. Es ist jedoch hiebei stets vorausgesetzt, daß die
Cementröhrenleitungen mit der größten Sorgfalt unter sachverstän
diger Aufsicht verlegt werden, daß insbesondere die Röhren überall
ein sattes, gleichförmiges Auflager erhalten, und daß aus die richtige
Lagerung der Muffen die nötige Sorgfalt verwendet wird. Uebrigens
können auch eiserne Röhren durch schlechtes Legen schadhaft werden. j
Abgesehen von mehreren sehr ausgedehnten Kanalisationsan- !
lagen sind von dem Redner mindestens 8 Kilometer Quellwasser
leitungen aus Cementröhren an verschiedenen Orten, insbesondere
auf Staatsdomänen, meistens mit natürlichem Gefäll verlegt wor- I
den, ohne daß sich hiebei Anstände ergeben hätten. Es wäre volks
wirtschaftlich ein großer Fehler gewesen, hiefür eiserne Röhren zu
verwenden, welche nahezu um das Doppelte teurer zu stehen ge
kommen wären, den Zweck aber nicht besser erfüllt hätten. Da
den Cementröhren gewöhnlich eine sehr ausreichende Lichtweite ge
geben wird, so koinmen Verstopfungen durch Niederschläge in ihnen
viel seltener vor als in den mit den eben noch zulässigen Dimen
sionen ausgeführten eisernen Rohrleitungen, auch sind Verstopfungen
bei Cementröhrenleitungen in der Regel leichter aufzufinden und
zu beseitigen als bei eisernen Rohrleitungen. Allerdings ist ein
nicht zu unterschätzender Vorzug der letzteren, daß der bauleitende
Techniker mit dem Verlegen derselben viel weniger Mühe und Ver
antwortung hat als im andern Fall.
Ueber die Frage der Längsrisse von Cementröhren entspinnt
sich eine Diskussion, an welcher Rhcinhard, Lueger, Kaiser
und Kölle teilnehmen. Die übereinstimmenden Ansichten gehen
dahin, daß die Risse wesentlich auf ungleichmäßige Spannungen
infolge der Verschiedenheit von äußerer und innerer Temperatur
zurückzuführen seien.
Lueger hätte eine weitergehende Besprechung der Vorzüge
und Nachteile der Cementröhren gewünscht. Die Vorzüge beständen
in der Billigkeit der Röhren und in größerer Frische des geleiteten
Wassers, bedingt durch die stärkere Verdunstung bei porösem Ma
terial. Letzterer Vorteil bestehe aber nur für die Wasserversorgung,
nicht für die Kanalisation, während hier die Durchdringung der
Rohrwand durch das Wasser wegen des entstehenden Geruchs als
Nachteil auftrete. Jedenfalls sollte man für solche Kanäle mög
lichst fetten Beton verwenden und für einen geeigneten innern
Ueberzug sorgen.
Rheinhard will beweisen und läd't jeden ein, sich davon
zu überzeugen, daß im letzteren Falle ein Durchdringen der Wand
nicht stattfinde.
Lueger erwähnt, daß gelegentlich des Projekts der Badener
Wasserversorgung ein Gutachten gegen die Anwendung von Cement
röhren eingegangen sei. Man habe zwar ihre Vorzüge anerkannt,
aber das Hauptgewicht darauf gelegt, daß eine Unterbrechung des
Betriebs, wie sie bei Cementröhren infolge von Mängeln bei der
Verlegung eintreten könne, ausgeschlossen sein müsse. Auf Grund
der von ihm gegebenen Aufklärungen habe der Gemeinderat schließ
lich den ursprünglichen Vorschlägen zugestimmt.
Kaiser spricht über die Verwendung von Cementröhren und
Backsteinkanälen bei der Kanalisation von Stuttgart. Er hat un
liebsame Erfahrungen bei Verlegung der Röhren nicht gemacht.
Als gewähltes Mischungsverhältnis des Betons führt er 1 : 6 an.
Er stellt am Schluß seines Vortrags eingehende, zum Gegenstand
gehörige Mitteilungen über die Kanalisation von Stuttgart in Aus
sicht. Diese sind im Anhang wiedergegeben (s. Beilage II).
Lueger hält das Verhältnis 1:6 bei sonst guter Herstel
lung für vorzüglich.
Rheinhard wendet sehr verschiedene Mischungen an, 1:6
sei manchmal noch zu wenig. Viel hänge von einem guten Cement-
möitelüberzug ab, der manchen Fehler ausgleichen könne.
v. Bok weist auf die guten Erfahrungen mit Cementtrottoirs
hin. Es scheine ihm, daß bei Röhren zuviel gespart werde. Der
innere Cementüberzug müsse stark genug sein, wenn man Wasser
dichtigkeit haben wolle. Bezüglich des Goudronüberzugs dürften
die Erfahrungen noch nicht genügen. Auch die Frage des Cement
baues in größerem Maßstabe sei noch nicht aufgeklärt. Doch ver
diene die Sache Beachtung und er selbst habe in den scchsziger
Jahren als Erster daraus hingewirkt, Cementkanäle hier einzuführen.
Lueger glaubt, daß man bei wirklich guten Cemcntkanälen
den gleichen Preis aufwenden müsse wie bei Dacksteinkanälen. Für
diese könne man sich aber ans Erfahrungen von Jahrhunderten
bis Jahrtausenden berufen. Er zweifle nicht, daß auch Cement
kanäle sich bewähren könnten; doch solle man dann nicht die größere
Billigkeit als ein Motiv für dieselben anführen. Alles in Allem
würde er nach der jetzigen Sachlage für städtische Kanäle gerade
mit Rücksicht auf die langen Erfahrungen noch immer Backstein-
kanäle vorziehen.
Zobel führt an, daß der Verein sich schon bei der Diskussion
des Gordonschen Kanalisationsprojekts für Backsteinkanäle mit
Cementmörtel ausgesprochen habe. Bei langen Cementröhren sollte
auch für Ausgleichungen bei Temperaturänderungen Sorge getragen
werden.
Rheinhard hat in letzterer Beziehung Versuche gemacht,
ohne sonderliche Erfolge anführen zu können. Er hebt nochmals
die Vorzüge der Cementröhren hervor, bei denen aber viel auf die
Güte der Herstellung ankomme.
Damit endet die Diskussion. Der Vorsitzende dankt den
Rednern des Abends und spricht die Hoffnung aus, daß weitere
Erfahrungen eine baldige Ausgleichung der noch bestehenden Mei
nungsverschiedenheiten mit sich bringen möchten.
Schluß der Versammlung gegen 12 Uhr.
Der Schriftführer:
W eprauch.
ßrlte gesellige Vereinigung, am 21. April 1888.
Anwesend 20 Mitglieder und 3 Damen.
Künste ordentliche Versammlung, am 5. Mai 1888.
Vorsitzender: Göller; Schriftführer: Tafel.
Anwesend: 37 Mitglieder, 2 Gäste.
Der Vorsitzende begrüßt nach Eröffnung der Versammlung als
Gäste die Herren Regierungsbaumeister A. Hofacker und K. Heim
und teilt mit, daß die Herren Regierungsbaumeister A. Pantle
hier, vorgeschlagen durch Oberbaurat v. Bok, und Paul Steudel
in Reutlingen, vorgeschlagen durch Bauinspektor Leib brand da
selbst, deren Aufnahmegesuche in der letzten Versammlung vor
getragen wurden, vom Ausschüsse in dessen heute abgehaltener Sitzung
als ordentliche Mitglieder anfgenommen worden seien.
Weitere Aufnahmegesuche sind eingelaufen: von Herrn Architekt
Dorn hier, vorgeschlagen durch Prof. Göller, und von den
Herren Regierungsbaumcistern Hermann Weiß, Albert Held und
Karl Rcihling in Ellwangen, vorgeschlagen durch Bauinspektor
Stapf daselbst. Die nach den Satzungen verlangte Darstellung
des Bildungsgangs der Aufnahmesucheuden wird in der nächsten
Versammlung nachgetragen werden.
Der Vereinsbericht über die 4. ordentliche Versammlung wird
verlesen und gut geheißen. Im Anschlüsse an diesen Bericht ver
liest der Vorsitzende eine inzwischen eingelaufene Zuschrift des Herrn
Zivilingenieur Kröber, welche einige interestante Erfahrungen
über das Verhalten von Beton enthält und nach Beschluß der Ver
sammlung in den Anhang aufgenommen worden ist (s. Beilage III).
Weiter sind eingelaufen:
1. Von Herrn Oberbürgermeister vr. v. Hack: die Uebersicht
über die Rechnungscrgebuisse der städtischen Verwaltung pro
1886—87.
2. Von Herrn Regierungsbaumeister Nestle in Burg in Ditt-
marschen: Pläne zu den Barackenbauten für den Bau des
Nordostseekanals.
3. Von Herrn Professor Bach: ein Abdruck des Vortrags „über
die Bieguugslehre und das Gußeisen", den er im Württ.
Bezirksverein deutscher Ingenieure am 2. Febr. 1888 ge