Full text: Versammlungs-Berichte / Württembergischer Verein für Baukunde in Stuttgart (1888)

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Hierauf hält Oberbaurat v. Hänel seinen angekündigten 
Bericht über die Abgeordnetenversammlung der deutschen Architekten- 
und Jngenieurvereine in Köln am 11. August, welcher derselbe als 
Vertreter unseres Vereins angewohnt hat. 
In ausführlicher Rede berichtet v. Hänel über de» Haupt 
gegenstand der Abgeordnetenversammlung, den Antrag des bisherigen 
Verbandsvorstandes Hamburg auf Anstellung eines ständigen 
Verbandssekretärs mit deni Sitze in Berlin, ähnlich der Einrichtung 
des Vereins deutscher Ingenieure. Von vielen Seiten sei die Sache 
noch nicht als spruchreif angesehen worden, namentlich habe sich 
Berlin und Hannover dagegen ausgesprochen; schließlich sei auf 
Antrag von Stübben-Köln mit großer Mehrheit ein Ansschuß 
von 7 Mitgliedern gewählt worden, bestehend aus dem bisherigen 
und künftigen Verbandsvorstande und Vertretern der Vereine Baden, 
Bayern, Berlin, Hamburg und Hannover. Dieser Ausschuß solle 
die Frage der Anstellung eines ständigen Sekretärs noch einmal 
prüfen und der nächsten Abgeordnetenversammlung über das Er 
gebnis seiner Beratungen, welche sich auch auf die Art der Ver 
breitung der Verbandsmitteilungen zu erstrecken haben, Bericht er 
statten. 
Zum Vorort und zugleich als Ort der nächsten Abgeordneten- 
versammlung im Jahre 1889 wurde Berlin gewählt; die nächste 
Wanderversammlung 1890 wird in Hamburg abgehalten werden. 
Ueber die Frage des Anschlusses der Gebäudeblitzableiter au 
die Gas- und Wasserleitungen wurde gleichfalls ein Ausschuß nie 
dergesetzt, welcher sich mit dem Verein der Gas- und Wasserfach 
männer und dem elektrotechnischen Verein behufs Beratung der 
praktischen Durchführung des Blitzableiteranschlusses in Verbindung 
zu setze» und zu erhalten habe. 
Die Frage der Wiedereinführung der Meisterprüfungen im 
Baugewerbe sei von der Tagesordnung wieder abgesetzt worden, 
weil eine einigermaßen übereinstimmende Meinung in den Verbauds- 
vereinen nicht erzielt worden sei. 
Auf eine Anfrage Weigelins bezüglich des Entwurfes zu 
einem deutschen bürgerlichen Gesetzbuche fügt v. Hänel seinem 
Berichte noch bei, daß ein Ausschuß eingesetzt worden sei, welcher 
den Entwurf bezüglich der darin enthaltenen baurechtlichen Be 
stimmungen zu prüfen uud der nächstjährigen Versammlung Bericht 
zu erstatten habe. 
v. Hänel regt an, dem Verbandsvorstande in Hamburg wegen 
seiner besondern Verdienste uni den Verband den Dank des Vereins 
nuszusprechen; Kölle ist dagegen, weil das Sache des Verbandes 
sei, Fischer spricht die Befürchtung aus, eine solche Dankeserklärung 
werde sich dann das nächstemal wiederholen müssen und so bald 
zu einer Formalität herabsinken; schließlich einigt man sich auf 
Vorschlag Weyrauchs dahin, daß der Vorsitzende gelegentlich 
des sonstigen Verkehrs mit Hamburg die Anerkennung unseres 
Vereines für die vorzügliche Vorstaudschaft zur Aussprache bringen 
solle. 
In der Folge berichtet v. Hänel über die 8. Wanderver- I 
sammlung vom 13.— 16. August, welche sich unmittelbar an die 
Abgeordnetenversammlung angeschlossen habe; er schildert seine per 
sönlichen Eindrücke unter Aufzählung und Besprechung der inter 
essanten Vorträge, Ortsbesichtigungen und schönen Ausflüge, welche 
der Kölner Verein in sehr anerkennenswerter und gelungener Weise 
arrangiert habe. 
Mit der Schilderung seiner Reise zum Binnenschiffahrtskongreß ! 
in Frankfurt, über welche er wegen der vorgerückten Zeit in einer 
spätern Versammlung berichten will, schloß v. Hänel seinen Vor- I 
trag unter großem Beifall der Anwesenden, welchem der Vorsitzende 
den Dank des Vereins für die Berichterstattung und die anschau 
lichen Bilder aus der Wanderversammlung, in erster Linie aber 
für die Vertretung des Vereins in der Abgeordnetenversammlung 
beifügt. 
Anknüpfend an den Vortrag des Oberbaudirektors Franzius 
über die Weserkorrektion bei Bremen, dessen v. Hänel in hervor 
ragender Weise gedacht hatte, erwähnt Einbeck als ähnliches Bei 
spiel, von welchem Erfolge das Hineinschieben des großen Schiff- 
sahrtsverkehres gegen das Land begleitet sei — der Frankfurter 
Hafenbauten, deren Baukapital von 12 Millionen Mark sich mit 
6 o/a verzinse und zum Beispiel den Preis des Zentners Kohlen 
in Frankfurt um 30 ^ billiger gemacht habe. 
Schluß der Sitzung um IOV2 Uhr Abends. 
Der Schriftführer: 
Tafel. 
Werte gesellige Bereinigung, am 3. November 1888. 
Anwesend 25 Mitglieder. 
Herr Regierungsbaumeister Kapp, Oberingenieur der Unter 
nehmung für den Bau des Kanals durch den Isthmus von Korinth, 
answärtiges Mitglied des Vereins und mit kurzem Aufenthalt in 
Stuttgart anwesend, kommt der Bitte des Vorstandes, über den 
Kanal einen Vortrag im Verein zu halten, in dankenswerter Weise 
entgegen. Er zeichnet den Lageplan nnd die Querschnitte in den 
Grundzügen an die Wandtafel und schildert anschaulich den Gang 
der Ausführung bis zu ihrem gegenwärtigen Stand, die Mißgriffe 
des ursprünglichen Projekts und der Inangriffnahme der Arbeit, 
die zur Verbesserung eingeschlagenen und noch zu gehenden Wege, 
den kolossalen Umfang der schon durchgeführten und den noch 
größeren der noch notwendigen Erdbewegung, die noch zn befürch 
tenden außerordentlichen Schivierigkeiten infolge schwimmenden San 
des auf die Länge eines vollen Kilometers und die geringe Aus 
sicht auf einen finanziellen Erfolg des Unternehmens, das den vor 
handenen Seeweg nicht so sehr abkürze, als es nach seinen Kosten 
der Fall sein müßte. Der Verein verdankt dem Redner einen hoch 
interessanten Abend. 
Achte ordentliche Versammlung, am 17. November 1888. 
Vorsitzender: Göller; Schriftführer: Laistner. 
Anwesend: 39 Mitglieder und 3 Gäste. 
Als Gäste wohnen der Versammlung an die Herren Regierungs- 
baumcister Heim, Holch und Hofacker. 
Der Vorsitzende heißt dieselben willkommen und schreitet sodann 
zur Behandlung der geschäftlichen Angelegenheiten. An Personal- 
veränderungen erwähnt er zunächst, daß Herr Architekt Heß in 
Reutlingen mit Stimmeneinheit als answärtiges Mitglied aufge 
nommen wurde, daß die Herren von Rhoden und Mayser ihren 
Austritt angezeigt haben, weil sie sich mit Rücksicht auf ihren der- 
maligen Wohnsitz den Vereinen von Straßburg bezw. München an 
geschlossen haben, und daß Herr Regierungsbaumeister Jordan in 
Ravensburg, vorgeschlagen durch Rheinhard, um Aufnahme in 
den Verein nachgesucht habe. 
Hierauf folgt die Verlesung nnd Genehmigung der Protokolle 
der 6. und 7. Versammlung. 
Unter den Einläufen hebt der Vorsitzende einen Bericht über 
den Bau der serbischen Staatsbahnen hervor, den das zum Bau 
direktor der Anatolischen Bahnen bestellte Mitglied Kapp dem Ver 
ein übermittelt hat. Der Vorsitzende giebt bei diesem Anlaß seiner 
Freude über die Stellung, die sich Kapp errungen, namentlich 
aber auch über den interessanten Vortrag Ausdruck, den derselbe bei 
seiner jüngsten Anwesenheit in Stuttgart den Mitgliedern des Ver 
eins geboten habe. 
Vom Zentralausschuß der K. K. Lnndwirtschaftsgesellschaft in 
Wien ist durch Vermittlung Kaisers eine Abhandlung über „land 
wirtschaftliche Arbeiterwohuungen" eingegangen, für welche der Vor 
sitzende auch hier seinen Dank ausspricht. Einem Ansuchen der 
Berliner Bauplauvereinigung entsprechend, giebt er ferner von dem 
Erscheinen eines Werks von Hintz über „moderne Wohnhäuser" 
Kenntnis, das er der Beachtung der Mitglieder empfiehlt und zur 
Einsichtnahme in Unilauf setzt. 
Rach Behandlung der übrigen Einläufe erhält v. Hänel das 
Wort zur Berichterstattung über den Verlauf des in Frankfurt a. M. 
abgehaltenen internationalen Binnenschiffahrtskongresses. Ehe Red 
ner damit beginnt, dankt er dem Verein und insbesondere Lauser 
für die Ueberreichung bezw. künstlerische Ausführung des Diploms 
über seine Ehreumitgliedschaft. Sodann giebt er eine anziehende, 
humorvolle Schilderung des ganzen Verlaufs der Verhandlungen 
und Festlichkeiten des Frankfurter Kongresses, für welche ihm leb-
	        

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