Full text: Versammlungs-Berichte / Württembergischer Verein für Baukunde in Stuttgart (1888)

Beilage I. 
Keil'bronn und seine Mauten. 
Vortrag von Stadtbaumcister Wenzel am 18. Februar 1888. 
Die nachweisbare Geschichte von Heilbronn beginnt zwischen 
den Jahren 741—747 und hat Heilbronn seinen Namen von dem 
seit einigen Jahren wegen Wassermangels provisorisch zugedeckten 
Heil- auch Siebenrohr- oder Kirchbrunnen (Heilbrunnen, Helibrunna, 
HeilicPrunno, Hciligbrunno) genannt, der zwischen den Häusern 
Nr. 22 der Kirchbrunnenstraße und Nr. 1 der Windgasse stand und 
von welchem ich eine im städtischen Archiv aufbewahrte Abbildung 
aus dem dritten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts (1732), 
eine ohne Zweifel zutreffende und getreue Kupferstichzeichnung, hier 
zirkulieren lassen kann. — Dieselbe gibt die Hanptansicht des 
Brunnens in klarer Weise. 
Zur Seite des Brunnens sind auf Schilden die zwei Sprüche 
^Das Wasser das ich gebe wird ein Bron in das ewig 
Leben." Johannes, 
und 
»Her gib mir dasselbige Wasser, das mich nich durste" 
deutsch zu lesen. Unter dem Brunnen ist das Wappen und eine 
kleine Darstellung der Stadt Heilbronn, rechts und links allegorische 
Figuren des Wein- und Feldbaus, darüber Darstellungen von Land 
schaften, in denen Korn und Wein geerntet wird. Oben ist die 
heilige Dreieinigkeit in einer Glorie abgebildet, ans dem Herzen 
Christi ergießen sich 2 Segensströme auf die musicierenden Genien, 
die den Brunnenaufsatz krönen. Ein Spruchband enthält den 
lateinischen Vers: „Prospera sic supcra mauent e forte salutis“ 
(also kröne das Glück aus dem obern Brunnen des Heils). Ge 
stochen ist das Bild von Johann Michael Presset. 
Als uralte Sage ist zu erwähnen, daß Karl der Große ums 
Jahr 800, als er bei Heilbronn jagte, sich an dieser Quelle ge 
labt und deshalb seine Aufmerksamkeit dem Ort geschenkt und eine 
Kgl. Pfalz daselbst erbaut habe. 
Auch ist für die heilwirkende Kraft dieses Brunnenwassers von 
jeher auf das schlagende Exempel Karls V. hingewiesen worden, 
der nach einer noch vorhandenen Inschrift am 24. Dezember 1546 
auf einer „Senfften" hereingetragen worden und infolge fleißiger 
Benützung des Heilbrunnens am 18. Januar 1547 zu Roß wieder 
hinausgeritten sei. 
Gefaßt und nach der vorliegenden Abbildung erbaut wurde 
dieser Brunnen im Jahre 1541. Im Jahre 1809 aber soll der 
Aufbau durch ruchlose Hand zerstört morden sein, und es sind auch 
thatsächlich nur noch einige Bruchstücke in dem Lokal des historischen 
Vereins von demselben vorhanden. 
Jn> Jahr 1830 nahm die Stärke der Quelle zusehends ab 
nnd versiegte dieselbe 1835 zum erstenmal vollständig, während 
solche bei einer Eichung in« Jahr 1680 in 24 Stunden ca. 4 200 
württ. Eimer (— 857 Liter pro Minute) gegeben hatte. — Seit 
1835 ist der Brunnen bei nassen Jahrgängen zeitweise wieder ge 
laufen und haben die Väter der Stadt im Jahre 1855 die Wieder 
errichtung des Brunnenaufbaus beschlossen, auch von Professor 
Heideloff einen Plan hiefür ausarbeiten lassen. 
Im Jahr 1857 hat weiter der damalige Stadtbaumeister 
De Millas einen eigenen Entwurf vorgelegt, welche beide Pro 
jekte ich Ihnen gleichfalls vorzeigen kann. 
Die Ausführung des einen oder andern Projekts unterblieb 
jedoch teils aus finanziellen teils aus technischen Gründen. 
Im Jahre 1882 wurde aber die Brunneufrage durch eine 
Massenpetition wieder wachgerufen, und hierauf durch die Vermitt 
lung des Fabrikanten P. Bruckmann von dein leider nun ver 
storbenen Direktor Gnanth ein neues Projekt vorgelegt, von welchem 
Ihnen gleichfalls die Pläne vorgezeigt werden können (s. Beilage 
blatt in Lichtdruck). 
Da nun nach den von mir aus den Akten geniachten Erhe 
bungen sicher anzunehmen ist, daß wenn der Auslauf der artesischen 
Quelle entsprechend tiefer gelegt, solche auch anhaltend bleiben wird, 
und die finanzielle Frage durch das Vorhandensein eines Fonds 
geregelt ist, so soll dieser Brunnen auf Grund der neuesten Be 
schlüsse nach dem zuletzt genannten Projekt von Gnanth dann zur 
Ausführung gebracht werden, wenn die in dem betr. Stadtteil nun 
mehr in Angriff kommende Kanalisation vollendet ist. 
Ich beendige hiemit diesen Abschnitt in der Hoffnung — das 
Wahrzeichen der Stadt Heilbronn in nicht zu ferner Zeit erstellen 
nnd verkörpert vor Augen sehen zu dürfen. 
Zur Geschichte von Heilbronn sei aber weiter angeführt, daß 
Heilbronn 1225 erstmals als Stadt erscheint, nnd daß solche nach 
so mancherlei Drangsalen nnd Kriegsbeschwerden als freie Reichs 
stadt 1803 aufgehört hat und der württembergischen Krone zuge 
teilt wurde. 
Wie Heilbronn zu dieser Zeit in Beziehung ans die Ueber- 
bauung aussah, glaube ich durch die aus dem Jahre 1658 stam 
mende Gesamtansicht aus der Vogelschau ohne weitere Worte vor 
führen zu können. 
Nach der Einkehr ves Friedens 1815 begannen Handel und 
Gewerbe sich zu entwickeln, die Stadtmauer wurde niedergelegt und 
der Stadtgraben in eine Promenade umgewandelt, 1819 wurde 
der Wilhelmskanal begonnen nnd 1821 eröffnet und 1841 die 
Dampfschiffahrt aus dem Neckar ins Leben gerufen, 1848 dampfte 
die Eisenbahn von Stuttgart bezw. Bietigheim hierher, 1854 wurde 
der Winterhafen angelegt, in den 60er Jahren kamen die Bahnver 
bindungen nach Hall und Heidelberg zur Ausführung, 1867 wurde 
die eiserne Neckarbrückc erstellt, 1872/73 der erste Floßhafen, 
1873/74 das neue Bahnhofgebäude, 1874 kam die Hochdruck- 
wasserleitung nach dem Plane des Baudirektors vr. v. Ehmnnn 
mit einem Bauaufwand von 1 122 567 <A zu stände. Im gleichen 
Jahre ließ der Gemcinderat Heilbronn zwei verschiedene Gesamt- 
Kanalisationsprojekte durch die Ingenieure Gordon und Liernur 
ausarbeiten. Ersterer wählte das Schwemm- und letzterer das 
sogenannte pneumatische System. 
Im allgemeinen kommt der Plan von Gordon zur Ausführung, 
doch wird aus sinanziclle» Gründen nur schrittweise vorgegangen, 
so daß (wie Sie aus dem beiliegenden Uebersichtsplan ersehen) zur 
Zeit in der Altstadt noch die geniauerten Dohlen vorhanden und 
nur die neuen Stadtteile mit dem kreisrunden oder eiförmigen 
Dohlensystem versehen sind. 
1878 wurde die Kettenschleppschisfahrt eröffnet und 1883 er 
hielt Heilbronn eine Garnison. 
Nachdem durch das Schlagen von Bohrlöchern in einer Tiefe 
von 168 Meter (die nunmehrige Tiefe beträgt 209 Meter) ein 
reiches Salzlager sich zeigte, erwarb die Stadt 1883 das Berg- 
wcrkseigentumsrecht nnd schloß auf längere Zeit mit einer Gesell
	        
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