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Das Mischungsverhältnis des Beton ist 1 Teil Portland-
zemeiit von Dickerhoff, 2 1 I 1 Teile Flußsand und 4*h Teile
Flußkies und wurde pro Kubikmeter Beton einschließlich der Scha
lung nach Abzug von 12°/« an dem Ueberschlagspreis noch 36 J6.
20 Pf. bezahlt.
Der Glattstrich (Wandbestrich) mit 0,5 cm Dicke aus 1 Teil
Zement und 3 Teil Flußsand bestehend, kostete pro gm 1 Ji 20 Pf.,
die Materialpreise betrugen zu jener Zeit:
für 1 odin Flnßkies . . . . 6 tAL
n 1 * Flußsand .... 9 „
„ 1 Ztr. Portlandzement . . 3 „
ein guter Zenientarbeiter erhielt täglich 3 M. 50 Pf.
Der Ban wurde am 21. Mai 1874 begonnen und am 21. No
vember desselben Jahres beendigt, dauerte also 6 Monate, in welchem
Zeitraum nach Abzug der Sonn- und Regentage nur 134 Arbeits
tage verblieben. Die Arbeiterzahl an der Wasserförderung, Grab-
und Betonierungsarbeit betrug täglich durchschnittlich 63 Mann,
welche an jedem Arbeitstag eine Strecke von nahezu 5 m fertig
gestellt haben.
Im Laufe der Zeit wurde nun folgendes beobachtet: Unmittel
bar nach Entfernung der Einschalung zeigten sich im Innern des
Kanals keinerlei Risse. Der Grundwasserstand, namentlich in dem
untern Teil des K. Schloßgartens, wo der Boden weniger trocken
und fest ist, war anfänglich ein derartig hoher, daß durch die
Seitenwände und auch an den Banketten an mehreren Stellen ein
wenn auch unbedeutendes Wassereindringen bemerkt wurde, und zwar
teils strahlenförmig durch kleine rundliche Oeffnungen, teils durch feine,
kaum bemerkbare Längenrisse, was mehr ein Durchschwitzen als ein
Eindringen des Wassers genannt werden darf.
Die rundlichen Oeffnungen wurden mittels eines Rohrs etwas
erweitert, um den Einfluß des Wassers zu erleichtern und nach
Jahresfrist hörte das Eindringen desselben an den meisten Stellen
gänzlich auf.
Etwa 4 Wochen nach der Ausschaalnng zeigten sich strecken
weise im Scheitel des Gewölbes feine Risse, ähnlich den Haar
rissen in den gegipsten Wandungen der Wohngebäude, welche sich
aber allmählich verlängerten und erweiterten.
Im Jahre 1877, also 3 Jahre nach Vollendung des Baues,
zeigte sich ein Riß im untern Teil des Kanals auf eine größere
Länge und erweiterte sich derselbe später an einzelnen Stellen bis
zu 4 mm. Da die vierjährige Garantiezeit noch nicht abgelaufen
war, so wurde der Unternehmer angehalten, die schadhaften Stellen
mit einem dünnflüssigen Zementmörtel auszugießen, was auch sofort
geschehen ist. Hiermit zeigten sich, bis zum Frühjahr 1885, keine
weiteren merklichen Veränderungen.
Im Sommer des genannten Jahres traten die Risse wieder
holt und ziemlich merklich zu Tage, und zwar in dem schon er
wähnten untern Teil des Kanals in der Weise, daß auf eine Strecke
von 40 m Länge vom untern Ende des Kanals aufwärts eine Be
schädigung nicht vorhanden war, dagegen weiter aufwärts auf eine
Länge von 98 m, ein ziemlich starker Riß bemerklich wurde, so daß
also vom untern Ende an aufwärts eine Strecke vnn 40 m Länge
und vom obern Ende am Königsthor abwärts eine Strecke von
418 m unbeschädigt waren, und zwischen diesen beiden Stellen eine
Strecke von 98 m zerrissen war.
Ueber die Lage des Risses ist zu beinerken, daß sich derselbe
größtenteils im Scheitel des Gewölbes hinzieht, an einigen kurzen
Strecken aber auch um 20 bis 30 cm von der Scheitellinie, und
zwar nach rechts und links abweicht.
Im Sommer 1886 hat sich die Weite des Risses stellenweise
bis zu 10 mm und an einigen kurzen Strecken bis zu 15 mm
erweitert und es geht der Riß, wie durch ein Bloßlegen des Ge-
wölbrückens mittels Beseitigung der Aufschüttung erwiesen wurde,
durch die ganze Dicke des Gewölbes.
Merkwürdig an dieser Erscheinung ist die Thatsache, daß auf
dem Gewölbrücken der 98 m langen schadhaften Strecke eine
Erdanschüttung von nur 50 cm gelagert ist, und daß zunächst
oberhalb derselben eine ebensolange unbeschädigte Strecke folgt,
auf welcher eine gleich hohe Anschüttung lastet; eine weitere Strecke
gegen das Königsthor hat eine Auffüllung von 3,0 m Höhe zu
tragen, ist aber dessenungeachtet in gutem Zustande geblieben und
ebenso die untere Strecke mit einer Auffüllung von 1,5 m Höhe.
Im Laufe des letzten Spätherbstes wurde nun ein Ausfüllen
des starken Risses in der Weise vorgenommen, daß in Entfernungen
von 3 zu 3 m kleine plattenförmige Seitenstücke von entsprechender
Dicke mit dem Hammer fest i» den Riß eingetrieben und der letz
tere von der Innenseite aus mit einem dickflüssigen Zement teil
weise zugestrichen wurde; zunächst den oben genannten Steinstückchen
ließ man eine kleine Oeffnung, welche nur so viel Raum hatte,
daß ein möglichst dünnflüssiger Zementmörtel mittels einer Spritze
in den Riß eingespritzt werden konnte, dieser dünnflüssige Mörtel
konnte in den ganzen hohlen Rauni des Ristes eindringen und
denselben vollständig ausfüllen. Der Erfolg dieser Ausbesserung
ist nun abzuwarten.
Fragt man nun nach dem Grund dieser Erscheinung, so dürfte
zunächst darauf hinzuweisen sein, daß der Kanal bei sehr starken
Gewitterregen, wie sie seit seinem Bestehen öfter vorgekommen sind,
derart überfüllt wurde, daß Rückstauungen des Wassers in den
i bis in die Kanäle der Schiller- und Alleenstraße hinauf auf eine
Länge von ca. 800 m stattfanden, wobei jedoch zu bemerken ist,
daß dieselben ihren Grund nicht in der Unzulänglichkeit des Quer
schnittes des Kanals mit 3 gm haben, sondern vielmehr darin zu
suchen sind, daß die Richtung des Resenbachs mit derjenigen des
Kanals einen Winkel von 62 Grad bildet. Da nun bei Hochwasser
auch das durch den Nesenbach abfließende Wasser stark anschwillt,
so wird hiedurch das aus dem Kanal zufließende Wasser zurückge
halten, was die obigen Rückstauungen veranlaßt. Diese letzteren ver
ursachen aber einen so starken Druck auf die Kanalwand von In
nen gegen außen, daß die letztere an ihrer schwächsten Stelle, näm
lich ini Scheitel, zum Brechen kommen mußte und so den Riß her
beigeführt hat.
Hervorzuheben ist noch, daß die Betonmasse auf die ganze
Länge des Kanals von dem gleichen Material denselben 'Arbeitern
und mit derselben Sorgfalt ausgeführt wurde, und daß, wie
schon oben erwähnt, der weniger feste Grund und der höhere Stand
des Grundwassers am untern Teil des Kanals keinen genügenden
Grund für die Entstehung-des Risses geben kann und das, um
so weniger, als ja ein Teil unbeschädigt blieb.
Von anderer Seite wird die Ansicht ausgesprochen, daß die
durch den bedeutenden Unterschied des Temperaturwechsels hervor
gerufene ungleichmäßige Zusammenziehuug und Ausdehnung der
Betonniasse die Veranlassung zu dem Risse gegeben habe.
Bemerkenswert für beide Erklärungen bleibt aber immer die
schon oben erwähnte Thatsache, daß unter gleichen Umständen die
eine Strecke unbeschädigt blieb, die andere aber nicht.
Zum Schluß sei noch bemerkt, daß in Zukunft ein Rückstauen
des Masters im Kanal nicht mehr stattfinden wird, weil derselbe
um 40 m verlängert und gleichzeitig der Nesenbach in einer Weise
korrigiert wurde, daß die Richtung beider Wasserläufe auf obige
Länge itaheztl mit einander parallel laufen und nach ihrer Ver
einigung die beiden Wasser in geregelter Weise abfließen können.
Stutgart, im Juli 1888.
Kaiser.