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Dritte gesellige Wcreiuigung am 30. November 1889.
Anwesend: 3t) Mitglieder.
Bei Beginn der Versamnilung machte der stellvertretende
Vorsitzende, Oberbaurat von Hänel, die Mitteilung, daß der
wegen Unwohlsein nicht anwesende Vorstand, Oberbaurat von
Leins, heute sein 50jährigcs Baumeister-Jubiläum feiere und
der Ausschuß beantrage, demselben durch eine Deputation die
Glückwünsche des Vereins darzubringen, hiezu seien außer ihm
die Herren Baurat Rheinhard und Professor Walter vor
geschlagen worden. Die Versammlung erklärte sich sowohl mit
diesem Antrage wie auch mit der Wahl freudig einverstanden.
Hierauf machte Herr Ingenieur Lueger zufolge mehrfacher
Wünsche ausführlichere Mitteilungen über den in letzter Versamm
lung nur in Kürze behandelten „Cheinin de fer glissant“ auf
der Pariser Weltausstellung, welche mit großen: Interesse auf
genommen wurden und woran sich noch lebhafte Erörterungen
über dieses neue Eisenbahnsystem knüpften. Ein Auszug dieser
Mitteilungen findet sich in der Beilage abgedruckt.
Zleunte ordentliche Versammlung am 14. Dezeiubcr 1889.
Vorsitzender: v. Leins. Schriftführer: Tafel.
Anwesend: 27 Mitglieder.
Vor dem Eintritt tu die Tagesordnung dankt der Vorsitzende
v. Leins in warmen Worten für die freundliche Anteilnahme,
welche ihm der Verein aus Anlaß seines Baumcisterjubilätuns
durch Abordnung einer Deputation entgegengebracht habe.
Hierauf wird das Protokoll über die 8. ordentliche Ver-
samullung verlesei: und genehmigt.
Bezugnehmend auf das Protokoll teilt Waller st ein er
mit, daß Lebret über sein Bergbahnsystein eine Broschüre habe
im Drucke erscheinen lassen, welche sämtlichen Mitglieder: des
Vereins zugehen werde. Dieselbe werde namentlich auch An
gaben über die von ihn: geplanten Sicherheitsvorkehrungen ent
halten.
Baurat Rh ein hard begründet sodann in eingehender Weise
seinen Antrag, betreffend Ausdehnung der Aufgaben der physi
kalisch-technischen Reichsanstalt.
Die Entwickelung der technische!: Wissenschaften weise bei
näherer Betrachtung sehr auffällige Unterschiede auf. Während
auf der einen Seite in allen Fragen, welche durch Rechnung
und Spekulation, sowie durch in: Kleinen, in: Laboratorium
oder in physikalischen Kabinetten angestellte Versuche gelöst
werden können, oder au deren Lösung, wie z. B. im Eisen-
hüttenwesen und i>: der Elektrotechnik, große Kapitalisten beteiligt
sind, cii: außerordentlicher Wetteifer in der weiterei: Ausbildung
der betreffenden Disziplinen zu finden sei, sei auf andern oft
ebenso wichtigen Gebieten der Technik fast ein vollständiger
Stillstand zu verzeichnen. Diese Erscheinung sei namentlich in
den: ausgedehnten Gebiete der Hydraulik wahrzunehmen. Ob
gleich wir ferner seit Jahrtausei:den (Steine als Hauptbaustoff
verwenden, so seien doch bis jetzt keine sicheren Kennzeichen über
deren Verhalten bei verschiedenen, längere Zeit einwirkenden
Witterungseinflüssen gefundei: worden, weshalb alljährlich sehr
bedeutende Summen auf die Ersetzung verwitterter oder sonst be
schädigter Steine aufgewendet werden müssen.
Die von: Vereine für die Aufstellnng von Aufgaben für die
physikalisch-technische Reichsanstalt gewählte Kommission habe be
kanntlich noch eine Reihe anderer ungelöster Fragei: zusammen-
gestellt, woraus hervorgehe, wie bescheiden unser Wissen und
Können noch in vielen Zweige:: der Technik sei.
Um nur eine», aber häufig vorkonnnenden Fall unter niesen
herauszugreifen, müsse das beschäinende Zugeständnis gemacht
werden, daß wir zur Zeit weder in der Lage seien, die in
Flüssen oder über ein Wehr abfließenden, noch die durch Schleußen
ii: die von den Wehrei: abzweigende,: Werkskanäle eintretenden
Wassermcngen, noch den Einfluß der Forn: der i>: die Kanäle
eingesetzten Reckenstäbe auf die zwischei: ihnen durchfließenden
Waffermenge,: in genauer Weise zu berechnen bezm. zu bestimmen.
Die Ursache dieses Mangels sei teils auf die Kostspieligkeit der
Anstell:u:g von hierauf bezügliche!: Versuchen, teils darauf zurück
zuführen, daß die in: praktische!: Leben stehenden, mit derartigen
Aufgaben häufiger ii: Berührung kommenden Techniker außerdem
incht die erforderliche Zeit zu haben pflegen, um deren Lösung
näher zu treten. Obgleich, in Anerkennung der Notwendigkeit
der Ausdehming der Aufgabe!: der ncucrrichtctci: physikalisch
technischen Reichsanstalt, der Verband deutscher Architekten und
Ingenieure diesen Gegenstand in Behandlung genommen habe,
sei doch mit wenigen Ausnahmen das Interesse mancher Vereine
an der hiedurch in Aussicht zu nehmenden Fortentwickelung unseres
technischen Wissens seither ein sehr laues gewesen; ja es hätten
einige Vereine den bezüglichen Fragebogen nicht einmal beant
wortet. J>: weiterer Verfolgung der Absicht, die Lösung vor
wiegend technisch-physikalischer Aufgaben zu fördern, kommt der
Vortragei:de in: Einverständnisse mit der Kommission zu folgen
dem Antrage:
1. „es möge bei den: Ausschüsse des Verbands deutscher
Architekten und Ingenieure der Antrag gestellt werdei:, daß
seitens des Verbands bei der Reichsregierung und bei
den: Reichstage die Bitte eingereicht werde, zur Ausführung
von vorzugsweise dem Gebiet der Technik angehörigen
physikalisch-technischen Untersuchu!:ge>: ::. s. w. auf Grund
' non durch den Verband sowie durch den Vereii: deutscher
Ingenieure anszustellendei:, durch das Kuratoriun: der ge
nannten Anstalt zu begutachtende!: Arbeitsplänen noch
besondere, ausreichende Mittel zur Verfügung zustellen,
welche auch an nicht in: unmittelbaren Verband der Reichs-
aifftalt stehende Physiker und Techniker, insbesondere an
die Leiter der seither denselben Zweck verfolgenden staat
lichen Materialprüfungsanstaltei: unter hiesür noch fest
zusetzenden Bedingungen verliehen werdei: können,"
2. in: Falle der Annahme dieses Antrags:
„den Verein deutscher Ingenieure einzuladen, sich dieser
Eingabe anzuschließen."
Die Versammlung erklärt sich auf Anfrage des Vorsitzenden
damit, einverstanden, daß der Antrag durch die früher gewählte
Kommission noch näher formuliert und nach endgültiger Beschluß
fassung in: Vereine an den Verband abgesandt werde.
Von: Verbände ist ein Fragebogen eingelaufen über das
Vorhandensein natürlicher Bausteine iin Gebiete unseres Vereins.
Weiter erforderliche Fragebogen sollen dort bestellt werden.
Als Geschenk hat der Vereii: die Jubiläuinsfcstschrift der
technischen Hochschule in Stuttgart über die Hoflager und Land
sitze des württeinb. Regentenhauses erhalten, welche von Ober
baurat Or. v. Leins verfaßt ist.
Nach Mitteilung der übrigen Einläufe hält Oberbaurat
v. Leib brand de» angekündigten Vortrag über das Basalt
werk Urach.
Bezüglich des Inhalts des Vortrages ist auf die Zeitschrift
für Bauwesen Jahrgang 18*9 S. 411—432 zu verweisen, wo
der Vortragende über denselben Gegenstand eine ausführliche Ab
handlung mit zahlreichen Abbildunge,: veröffentlicht hat. Außer-
den: hat der Herr Verfasser den: Verein eii: Exemplar dieses
Aussatzes zugestellt, welches denjenigen Mitgliedern, welche sich
dafür interessieren, zur Verfügung steht.
Der Vortrag, welcher durch Karte:: und Pläne, sowie durch
Proben vo:: Basalt erläutert war, wurde von den Anwesenden
mit lebhaftem Beifall belohnt. Der Vorsitzende dankt den:
Redner für den außerordentlich klaren und interessanten Vortrag
und fordert die Anwesende,: auf, zum Zeichen ihrer Anerkennung
sich von den Sitzen zu erheben, was geschieht.
Baurat Rh ein hard teilt in: Anschluß an den Vortrag
einige Erfahrungen mit, welche die württ. Forstverwaltung mit
Basalt gemacht habe; er hält den im Basalt vorkommenden, in:
Vortrag berührten Letten für ein Verwittcrungsprodukt des
Basalts — und fragt, ob schon Versuche über die Verwendbar
keit des Basalts zu Pflastersteine!: gemacht worden feien.
v. Leib brand bejaht diese Frage, der Versuch sei jedoch
damals incht gelungen; seines Wissens ruhe die Sache jetzt.