zwar die Kosten etwas vermehren, jedoch für die Ausgleichung
von höheren Wasserständen im Schwellraum sich besser eignen
als die von Hand auszuhebenden einzelnen Dielen.
Wenn bei Hochwasser die Brustwand rasch entfernt werden
muß, um ein Verlegen des Wehrs durch etwaige von demselben
mitgeführte sperrige Körper zu vermeiden, so läßt sich dies durch
Niederdrücken der Drehhebel a (Abb. 4) mittels eines hiezu
besonders geformten Hebels binnen wenigen Minuten bewerk-
. stelligen. Dies darf selbstverständlich nur in besonderen Not
fällen geschehen, um den unterhalb gelegenen Grund- und Werks
besitzern nicht zu große Wassermassen unvorbereitet auf den Hals
zu schicken. In der Regel sollen daher in solchen Fällen zuerst
die obersten Wanddielen ausgehoben und auf die Bahn des
Steges gelegt und dann erst in Zwischenräumen von etwa zehn
Minuten die Ständer umgeworfen werden. Die letzteren fallen
hiebei zunächst auf das geschwellte Unterwasser und sodann auf
einem Holzpolster b (Abb. 2 u. 6) auf. Um die eisernen
Ständer gegen Beschädigungen durch Eisstöße und dergleichen zu
schützen, werden vor dieselbe an Ketten befestigte starke Holz
nadeln c (Abb. 6) gestellt, welche unten in einen offenen Schuh
gesteckt, oben aber an den Steg angelehnt werden. Ein selbst
thätiges Oeffnen der beweglichen Wehrteile bei Hochwasser läßt
sich durch Verbindung der Drehhebel mit einem stark gebauten
Schwimmer, mit einein mit steigendem Wasserstand sich füllenden
und dann umkippenden Gefäß u. bergt.. sowie mittels einer
Rollen- und Hebelübersetzung derart einrichten, daß die Felder
nacheinander entsprechend der Zunahme des Wasserstandes frei
gemacht werden können. Die unteren Gurtungen des Stegs finb
zur Ausnahme des durch die Ständer misgeübten wagerechten
Drucks auch in letzterer Richtung als Träger auszubilden, eine
erhebliche Gewichtsvermehrung tritt aber hiedurch nicht ein.
Gegen Verschiebungen der Stegträger in wagercchter Richtung
werden dieselben an den Auflagern mit dem Mauerwerk kräftig
verankert.
Bezüglich der Bauweise der Floßgasse ist zu bemerken, daß
bereu Aufzugvorrichtung möglichst einfach und kräftig hergestellt
werden muß, da die Flößer dieselbe sehr wenig schonend zu haud-
baben pflegen. Da die Floßgassenfalle (Schütze) in der Regel
sehr rasch in einem Zeitraum von höchstens einer halben Minute
etwa 1,7 m hoch gezogen werden muß, so ist die Anwendung
von Zahnstangengetriebcn und dergleichen in solchen Fällen aus
geschlossen. An die Stelle der beim Holzbau angewendeten
eichenen Wellbäume mit zwei kreuzweise durchgesteckten hölzernen
Haspelarmen sind daher eiserne Wellen mit aufgekeilten Trommeln
getreten. Das Aufziehen wird ferner durch Anbringung von
sechs in eine Rosette gesteckten, leicht zu verspannenden und aus
zuwechselnden Armen und wie früher nrittels Ketten bewerkstelligt.
Die Arme können an ausziehbaren sog. Steckern angelegt und
gegen mutwilliges Ziehen der Falle verwahrt werden. Die
Fallen erhalten gewöhnlich eine Höhe von 0,8 bis 0,9 m und
4,5 m Breite. Bei größeren Stauhöhen werden auf sie noch
Staudiclen aufgesetzt, welche sich gegen sog. Steuberer k (Abb. 3)
stützen. Beim Ausfahren der Flöße werden zuerst diese Auf
satzdielen nebst dem Steuberer weggenominen, worauf das wegen
des VoreilenS der Flöße auf der Fahrt erforderliche sog. Vor
wasser ausgelassen wird, bevor die Gassenfalle so weit gezogen
wird, daß die auf den Flößen stehenden Flößer in gebückter
Stellung unter ihr hindurch fahren können.
Zur Verminderung der Reibung beim Aufziehen der Floß
gassenfalle werden abgerundete eiserne Führungsleisten angebracht.
Die Eckkanten der Floßgassenständer werden ferner abgerundet,
um ein Aufreißen der Floßhölzer zu vermeiden. Um die Schwelle
unter der Falle gegen das Abstoßen durch die Gestöre und zugleich
um die Dichtheit des Fallenabschlusses zu sichern, wird in der
Mitte der Schwelle und vor dieselbe ein ausgesucht harter
Quader eingelegt. Um schädliche Auskolkungen unterhalb des
Bauwerks zu verhüten, schließen sich an die Abschlußmauern
Absturzpritschen an, welche ebenso wie der Belag der Floßgasse
aus einer doppelten Lage Dielen von frisch gefälltem Buchenholz
bestehen. Die Pritscheir werden mindestens 20 cm unter Niedrig
wasserstand angebracht, einesteils zum Zweck ihrer Erhaltung,
andernteils um die Gewalt des abstürzenden Wassers zu mildern.
Bei dem in den Abb. 5, 6 und 7 abgebildeten Weikenwehr
bei Höfen hatte sich im Laufe der Zeit infolge der Holzeinbauten
ein ziemlich beträchtlicher Unterschied in der Höhenlage der Fluß
sohle gebildet, welcher bei dem Umbau aus nachbarrechtlichen
Rücksichten nicht beseitigt werden durfte. Wegen des beträcht
lichen Höhenunterschieds zwischen Ober- und Unterwasserspiegel
mußten hier sowie an der Neuenbürger Wasserstube (Abb. 1,
2 und 3) zum Aufstieg von Forellen und Aeschen Fischwege
eingebaut werden, deren unterer Ausgang an diejenigen Stellen
der Wehre verlegt wurde, woselbst (hauptsächlich infolge Hand
habung der Floßgassenfallen) der tiefste Kolk und somit der be
liebteste Aufenthaltsort der Fische sich ausbilden und auch er
halten bleiben muß. Die obere Ausmündung des Fischweges
wird (s. Abb. 5) bei Hochwasser mit einer leichten Schützentafel
verhängt, damit sich dort keine sperrigen Gegenstände festsetzen
können.
Die oben geschilderte, nunmehr an sechs Wehren zur Aus
führung gebrachte Bauweise hat sich seit dem Jahre 1883, ins
besondere hinsichtlich der Wasserdichtigkeit und leichten Hand
habung bei vollständiger Gefahrlosigkeit bewährt. Auch die
Kosten dieser Wehrbauten dürfen als mäßige bezeichnet werden.
Es hat z. B. das einschließlich der beiderseitigen Ufermauern
31,5 m lange Böhmleswagwehr in Calmbach mit 2,3 m Gefüll,
einschließlich Fischweg und aller sonstigen Einrichtungen 320 M
für 1 m Länge, die Neuenbürger Wasserstube dcsgl. bei 42,5 m
Länge 1,8 m Gefäll 350 M., das 36,5 m lange Weikenwehr
bei Höfen mit 2,4 m Gefäll desgl. 425 M, ferner die 37 m
lange Lautenhofer Wasserstube oberhalb Wildbad, welche zu
beiden Seiten zusammen 19,2 m lange steinerne, auf Beton
gegründete Brustmauern erhalten hat, bei 1,8 m Gefäll in-
einandergerechnet 170 X, endlich das 0,4 m unter Niedrig-
waffer auf Felsen gegründete 7,5 m im lichten weite, an dem
nicht flößbaren Forbach, also ohne Floßgasse erbaute Wehr in
Friedrichsthal, ausschließlich der Seitenwände und Anschluß
mauern 130 X für 1 m gekostet.
Bei Vergleichungen mit anderen unter ähnlichen Verhält
nissen und ebenfalls mit gemischter Bauart hergestellten festen
Wehren crgicbt sich ein so geringer Unterschied in den Kosten
der beweglichen und festen Wehre, daß in allen Fällen, in wel
chen die Anlage von festen Wehren mit schädlichen Auflandungen
der Flußsohlen und Anstauungen oder mit anderen Mißständen
verknüpft ist, die Genehmigung zur Anlage solcher Wehre ver
sagt werden sollte. Es dürfte eine Aufgabe der technischen
Vereine sein, noch weitere bezügliche Nachweisungen ans ver
schiedenen Landesteilen zu sammeln, um sodann in dieser wich
tigen gewerblichen und zugleich wasserwirtschaft
lichen Angelegenheit für eine Aenderung der bestehenden
Vorschriften über die Herstellung der fraglichen Gattung „lästiger
Gewerbeanlagen" im Sinne der allgemeineren Durchführung der
beweglichen Wehre sowohl bei Neubauten als auch bei größeren
Umbauten bei den zuständigen Behörden vorstellig zu werden.
Stuttgart, im Januar 1889. Rheinhard.
(Aus dem Zentralblatt der Bauverwaltung
Wiederabdruck nicht gestattet.)