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Die Konstruktion der Lokomotive kann, wenn aus bestem
Material ausgeführt, bedeutend leichter als die Adhäsionsloko-
inotiven hergestellt werden; jedoch lassen sich für bestimmte Lei
stungen auch schwere Lokomotiven mit kräftiger Adhäsion aus
führen, welche nach Vorgang der badischen Höllenthalbahn mit
4 Cylindern arbeiten können, wobei 2 nur auf den Teilstrecken
in Arbeit kommen; es werden vor Ingangsetzung derselben die
beiden Enden der umschlungenen Kette an die auf der Bahn
strecke liegenden Stücke angehängt. Das Vorspannen eines Seil
wagens, welcher von der Lokomotive den Dampf bezieht, dürfte
der 4 Cylinderlokomolive vorzuziehen sein.
An der Spitze des Bahnzugs zieht die 4 Cylindcrlokomotive,
den Schluß des Zugs bildet ein Sicherheitswagcn bezw. eine
Nachschublokomotive, an besonderem, neben dem für die Lokomotive
an der Spitze bestimmten Seil bezw. Kette sich empor windend.
Durch genügende Dimensionierung ist dadurch bei etwa eintretendem
Riß eines Seils die volle Sicherheit gewahrt. Die
Seile liegen auf gußeisernen Lagern auf, welche je nach der Bahn-
krümmung in' kürzeren oder längeren Entfernungen voneinander
auf den Querschwellen befestigt sind und auf diese Weise die
Seilspannung mit dem Bahnzug allmählich fortschreitend auf
den Oberbau übertragen, indem bei Stahlseilen eine bewährte
Konstruktion von aufgezogenen Stahlknöpfen, bei Ketten deren
vortretende Glieder in die Stühle zum Eingriff kommen. Die
Spannung der ablaufenden Kette bezw. des Seils kann in ein
fachster Weise durch reibende Rollen je »ach der Witterung bezw.
Zugsbelastung regulierbar, eingerichtet werden.
Da bei dem vorgeschlagenen Transportsystem keine Stöße
vorkommen können und die Kette bezw. das Seil auf Zug in
Anspruch genommen ist, so stellt sich ein leichtes Gewicht derselben
mid infolge dessen ein verhältnismäßig sehr niederer Preisansatz
für. den Spezialoberbau ein.
Es wiegt im oben berechneten Fall das 1. Seil, 31 mm
dick, bestehend aus 108 Drähten ü 2 mm Dicke mit 3,2 kg
pr. lfd. Meter für die Zuglokomotive pr. 1 lfd. m Bahn
3,2 kg
das 2. Seil für die N'achschublokomotive desgl. —; - 3,2 „
zus. Stahl
die Doppellager auf den Querschwellen vergl. pr.
1 lfd. Meter —.- 4,4 kg
zus. Gußeisen —j- 4,4 kg
somit Gewicht des Oberbaues pr. 1 lfd. Meter, wie folgt:
enthaltend 2Tiegelguß st ahlseile niit für
beide 6,4 kg verzinkt n 1 50 ^
1 lfd. Meter, somit 6,4 kg . . . . — ;. 9 Ji 60 ^
Gußeisen- und Schmiedeisen-Schrauben 4,4 kg
all — 4 „ 40 „
Der Spezialoberbau für Tiegelgußseil kostet
pr. lfd. Meter — : • 14 M. — ^
Der Durchmesser der anzuwendenden Seilscheiben müßte in
diesem Fall 2,8 m haben; die vordere Lokomotive würde viel
leicht vorteilhafter in diesem Fall eine Stahlkette benützen.
Als Vergleich mit dem Gewicht des Zahnradbahn-Oberbaues
möge angeführt werden, daß dasselbe pr. 1 lfd. Meter beträgt:
für die nur unter 1 : 18 geneigte badische Höllenthalbahn
pr. 1 lfd. Meter —;• 101 kg
für die Abtsche Dreilamellenbahn 37 „
„ „ „ zweilamellige Vizinalbahn . —24 „
Bei der Einfachheit nnd Schmiegsamkeit der Seillokomotive
gegenüber der Zahnradlokomotive dürften sich diese der konstanten
und vollen Ausnützung der vorhandenen Dampfkraft und der
Möglichkeit der Verwendung eines leichter konstruierten Motors
halber auch zur Einführung fiir bestehende Gebirgsbahnen, welche
mehr als 1 : 46 Steigung haben, empfehlen.
Auch für Vizinalbahnen, welche auf leichten Oberbau und
daher leichte Lokomotiven angewiesen sind, läßt sich in Anbetracht
der meist nicht zu vermeidenden steileren Strecken und der durch
Staub und häufige Nachbarschaft der Wege und Straßen meist
geringen Adhäsion hiedurch ein stets gleichmäßig leistungsfähiges
Zugsmittel erreichen.
B. Lebret,
Regierungsbaumeister.
6,4 kg