Full text: Versammlungs-Berichte / Württembergischer Verein für Baukunde in Stuttgart (1889/90)

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Die Konstruktion der Lokomotive kann, wenn aus bestem 
Material ausgeführt, bedeutend leichter als die Adhäsionsloko- 
inotiven hergestellt werden; jedoch lassen sich für bestimmte Lei 
stungen auch schwere Lokomotiven mit kräftiger Adhäsion aus 
führen, welche nach Vorgang der badischen Höllenthalbahn mit 
4 Cylindern arbeiten können, wobei 2 nur auf den Teilstrecken 
in Arbeit kommen; es werden vor Ingangsetzung derselben die 
beiden Enden der umschlungenen Kette an die auf der Bahn 
strecke liegenden Stücke angehängt. Das Vorspannen eines Seil 
wagens, welcher von der Lokomotive den Dampf bezieht, dürfte 
der 4 Cylinderlokomolive vorzuziehen sein. 
An der Spitze des Bahnzugs zieht die 4 Cylindcrlokomotive, 
den Schluß des Zugs bildet ein Sicherheitswagcn bezw. eine 
Nachschublokomotive, an besonderem, neben dem für die Lokomotive 
an der Spitze bestimmten Seil bezw. Kette sich empor windend. 
Durch genügende Dimensionierung ist dadurch bei etwa eintretendem 
Riß eines Seils die volle Sicherheit gewahrt. Die 
Seile liegen auf gußeisernen Lagern auf, welche je nach der Bahn- 
krümmung in' kürzeren oder längeren Entfernungen voneinander 
auf den Querschwellen befestigt sind und auf diese Weise die 
Seilspannung mit dem Bahnzug allmählich fortschreitend auf 
den Oberbau übertragen, indem bei Stahlseilen eine bewährte 
Konstruktion von aufgezogenen Stahlknöpfen, bei Ketten deren 
vortretende Glieder in die Stühle zum Eingriff kommen. Die 
Spannung der ablaufenden Kette bezw. des Seils kann in ein 
fachster Weise durch reibende Rollen je »ach der Witterung bezw. 
Zugsbelastung regulierbar, eingerichtet werden. 
Da bei dem vorgeschlagenen Transportsystem keine Stöße 
vorkommen können und die Kette bezw. das Seil auf Zug in 
Anspruch genommen ist, so stellt sich ein leichtes Gewicht derselben 
mid infolge dessen ein verhältnismäßig sehr niederer Preisansatz 
für. den Spezialoberbau ein. 
Es wiegt im oben berechneten Fall das 1. Seil, 31 mm 
dick, bestehend aus 108 Drähten ü 2 mm Dicke mit 3,2 kg 
pr. lfd. Meter für die Zuglokomotive pr. 1 lfd. m Bahn 
3,2 kg 
das 2. Seil für die N'achschublokomotive desgl. —; - 3,2 „ 
zus. Stahl 
die Doppellager auf den Querschwellen vergl. pr. 
1 lfd. Meter —.- 4,4 kg 
zus. Gußeisen —j- 4,4 kg 
somit Gewicht des Oberbaues pr. 1 lfd. Meter, wie folgt: 
enthaltend 2Tiegelguß st ahlseile niit für 
beide 6,4 kg verzinkt n 1 50 ^ 
1 lfd. Meter, somit 6,4 kg . . . . — ;. 9 Ji 60 ^ 
Gußeisen- und Schmiedeisen-Schrauben 4,4 kg 
all — 4 „ 40 „ 
Der Spezialoberbau für Tiegelgußseil kostet 
pr. lfd. Meter — : • 14 M. — ^ 
Der Durchmesser der anzuwendenden Seilscheiben müßte in 
diesem Fall 2,8 m haben; die vordere Lokomotive würde viel 
leicht vorteilhafter in diesem Fall eine Stahlkette benützen. 
Als Vergleich mit dem Gewicht des Zahnradbahn-Oberbaues 
möge angeführt werden, daß dasselbe pr. 1 lfd. Meter beträgt: 
für die nur unter 1 : 18 geneigte badische Höllenthalbahn 
pr. 1 lfd. Meter —;• 101 kg 
für die Abtsche Dreilamellenbahn 37 „ 
„ „ „ zweilamellige Vizinalbahn . —24 „ 
Bei der Einfachheit nnd Schmiegsamkeit der Seillokomotive 
gegenüber der Zahnradlokomotive dürften sich diese der konstanten 
und vollen Ausnützung der vorhandenen Dampfkraft und der 
Möglichkeit der Verwendung eines leichter konstruierten Motors 
halber auch zur Einführung fiir bestehende Gebirgsbahnen, welche 
mehr als 1 : 46 Steigung haben, empfehlen. 
Auch für Vizinalbahnen, welche auf leichten Oberbau und 
daher leichte Lokomotiven angewiesen sind, läßt sich in Anbetracht 
der meist nicht zu vermeidenden steileren Strecken und der durch 
Staub und häufige Nachbarschaft der Wege und Straßen meist 
geringen Adhäsion hiedurch ein stets gleichmäßig leistungsfähiges 
Zugsmittel erreichen. 
B. Lebret, 
Regierungsbaumeister. 
6,4 kg
	        

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