Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1893-97)

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Nereins-Thiitigkeit. 
Iiestchtigung der neuen ^okomolivremifen-Anlage 
Unter Führung des Vereinsvorstandes, Oberbaurat Fuchs, wurden 
am 26. Mai d. I. von einer großen Zahl Mitglieder die ausge 
dehnten Bauten der neuen, seit dem 20. April d. I. in Betrieb ge 
nommenen Lokomotivremisen-Anlage auf der Prag bei Stuttgart 
besichtigt. 
Der Vorstand erklärte zunächst die Signaleinrichtnng, welche 
für die Sicherung der Zu- und Abfahrt auf dem neuen, für diese 
Anlage hergerichteten Geleise aufgestellt ist, gab dann Aufklärung 
über die Gründe, welche bei der Wahl des Platzes für die Remifen- 
Anlage und den neuen Bahnhofsteil für Wagenladungsgüter in der 
Gabelung der Hauptbahn und der Gäubahn maßgebend gewesen 
waren, und erklärte schließlich an der Hand von Zeichnungen die 
einzelnen Baulichkeiten, und zwar die große für die Zufahrt dienende 
Drehscheibe, die eine Grundfläche von 9000 qm bedeckende, massive 
und für 60 Lokomotiven eingerichtete Remise mit Werkstätten-Anbau, 
das für 45 Uebernachtungslokale eingerichtete Dienstgebäude, sowie 
die übrigen Baulichkeiten dieser großen Anlage. 
auf der Urag bei Stuttgart am 26. Mai 1894. 
Großen Beifall fanden namentlich die vortreffliche Beleuchtung 
des Innern der Lokomotiv-Remise mit ihren hellen Wänden und 
Decke», die in sorgfältigster Weise getroffenen Einrichtungen neuester 
Art zur Verhütung der Verunreinigung durch Rauch und Ruß und 
zur Abspülung und Reinigung der Oberlichter, ferner bei den Ueber- 
nachtnngslokalen die Anordnung, daß jeder einzelnen Person eine 
abgeschlossene Zelle zugewiesen wird und damit jeder Störung durch 
in der Nacht später hinzukommende oder des Morgens früher zum 
Dienst aufgeweckte vorgebeugt ist, sowie die sonstigen für gesunden 
und behaglichen Aufenthalt getroffenen Einrichtungen. 
Nach dieser Besichtigung begaben sich die Mitglieder zu der ge 
selligen Vereinigung auf den nahegelegenen Weißcnhof, woselbst sich 
schon eine größere Anzahl Damen der Mitglieder versammelt hatten. 
Bei heiteren Reden, Gesangsvorträgen des Vercinsquartetts und all 
gemeinen Gesängen eilte der zahlreichen Versammlung die Zeit rasch 
dahin und erst die Mitternacht führte sie in die Stadt zurück. 
Iahresausflug mit Bamen nach Wildbad 
am 17. Juni 1894. 
Am Sonntag den 17. Juni veranstaltete der Verein seinen 
Jahresausflug in das schöne Enzthal unter lebhafter Beteiligung 
(Zahl der Teilnehmer mit Damen ungefähr 85). Die Abfahrt von 
Stuttgart erfolgte gegen 8 Uhr und war das nächste Ziel Rothen 
bach, wo das große Holzschneidewerk von Krauth & Co. unter der 
liebenswürdigen Führung der beiden Chefs der Firma, welche in 
zuvorkommender Weise das Werk in Betrieb setzen ließen, eingehend 
besichtigt wurde. Das großartige Werk, welches mit den neuesten 
maschinellen Einrichtungen in solcher Weise ausgerüstet ist, daß die 
nutzbringende Verwertung auch der kleinsten Abfälle ermöglicht ist, 
dürfte in Süddeutschland seinesgleichen nicht haben. Nach dem 
fast l*/2 Stunden dauernden Rundgang durch das Werk folgte die 
Wanderung auf der prächtigen Staatsstraße dem Waldsaum entlang 
nach dem 3 Um entfernten Höfen. Unterwegs wurde die vor 
mehreren Jahren vom Präsident v. Leibbrand erbaute steinerne Enz- 
brücke unter Führung des Erbauers besichtigt und die Schönheit 
und Zweckmäßigkeit dieses Bauwesens allgemein beivundert. In 
Höfen wurde zunächst die im verflossenen Jahr in Benützung ge 
nommene, von Prof. Dr. v. Beyer in Buntsandstein in gothischem 
Styl erbaute Kirche besichtigt, worauf sich die Teilnehmer in dem 
bekannten Gasthof zum Ochsen zum Mittagsmahl versammelten. 
Bei demselben brachte der Vereins-Vorstand einen Trinkspruch aus 
unter dankender Anerkennung des von der Firma Krauth & Co. ge 
zeigten Entgegenkommens auf das Enzthal, diese Perle der Schwarz 
waldthäler, und seine Bewohner, sowie Präsident v. Leibbrand unter 
humorvollen Ausführungen über das Leben und Treiben in Höfen 
zu früherer und zu jetziger Zeit auf den Vereins-Vorstand. 
Nachmittags führte der Eisenbahnzug die Teilnehmer nach 
Wildbad, wo in den Kuranlagen von 4—5 Uhr ein Konzert zu 
Ehren des Vereins veranstaltet war; der in der Frühe zweifelhaften 
Witterung war inzwischen heiterer Sonnenschein gefolgt, was zur 
Hebung der festlichen Stimmung nicht wenig beitrug. 
Der Gemahlin des Vorstandes und 3 weiteren Damen des 
Vereins wurde die Ehre zu teil, von Ihrer Majestät der Königin 
empfangen zu werden, um Höchstderselben unter Uebereichung von 
Blumen aus Stuttgart ihre Huldigung und ihre Glückwünsche zu 
der erfolgreich durchgeführten Kur darzubringen. 
Nach dem Konzert wurde unter der Führung des Badeinspektors 
das neue König Karls-Bad besichtigt. Es drängte sich dabei Allen 
die Ueberzeugung auf, daß dieses prächtige, mit allen neuesten Ein 
richtungen versehene Bad den weitgehendsten Anforderungen durchaus 
entspreche. 
Der Abend vereinigte die Teilnehmer in dem von dem Kgl. 
Badcommissär gütigst zur Verfügung gestellten Konversationssaal des 
Badhotels. Mit hoher Freude wurde die Mitteilung über das vor 
treffliche Aussehen Ihrer Majestät der Königin entgegengenommen 
und in das vom Vereinsvorstand ausgebrachte Hoch auf Ihre Maje 
stät eingestimmt. Nach einer leider zu kurzen Tanzunterhaltnng 
trat die Gesellschaft, als eben der Vollmond, über den dunklen Bergen 
des Enzthales emporsteigend, den Reiz der romantischen Lage Wild 
bads zur vollen Geltung brachte, die Rückfahrt nach Stuttgart an, 
wo sie nach 1 Uhr Nachts eintraf. 
Allen Teilnehmern wird dieser gelungene Ausflug gewiß in 
guter Erinnerung bleiben. 
Reise nach Nordamerika in der Zeit vom 16. Juni bis 11. Oktober 1893. 
Vortrag, gehalten am 19. Mai 1894 von Prof. Laißle. 
Visto ko Eombardia, Toscana, Romagna, 
II monte chi divide e il Monte chi scrra Italia, 
E un mare e l’altro chi la bagna. 
Als ich im Jahr 1878 zum erstenmal nach Italien über die 
Alpen zog, gereichte es mir zur großen Genugthuung, sogleich Ge 
legenheit zu haben, nicht nur die lombardische Ebene zu sehen, son 
dern auch das Land von einem Meer zum andern, vom Mittelmeer 
zur Adria, zu durchqueren. 
Ich hatte damals nicht daran gedacht, daß cs mir vergönnt 
sein würde, in gleicher Weise noch ein anderes Land, nämlich Nord 
amerika kennen zu lernen, welches bekanntlich von einem der be 
grenzenden Meere bis zum andern etwas breiter ist, als Italien,
	        

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