nämlich ca. 4200 km in der Luftlinie New Pork—San Francisco,
gegen 200 von Italien ans der Höhe von Florenz. Die beiden
Länder haben aber manches mit einander gemein, so liegt New Aork
auf der Höhe von Neapel, Chicago von Rom, San Francisco und
Kansas etwa von Palermo, und nur die nördlichste Stadt, die ich
besuchte, Seattle am Pugetsund, welche dem nördlichen Rand der
Vereinigten Staaten nahe liegt, etwa auf der Höhe von Stuttgart.
Was ferner die Gebirge von Nordamerika anbelangt, so ist das
Land wie Italien von Nord nach Süd von Gebirgen durchzogen,
allerdings nicht nur von einem einzigen, wie Italien, sondern von
3 Gebirgen und zwar auf der Ostseite, unweit des atlantischen
Ozeans von den Alleghanies, sodann längs des stillen Ozeans
von der Sierra Nevada und zwischen beiden ziehen sich, aber weit
außerhalb der Mitte des Landes und gegen Westen die Rocky
Mountains hin, welche bekanntlich nach Südamerika sich fortsetzen,
Diese Gebirgszüge üben einen verhängnisvollen Einfluß auf das
Land ans; so verhindern zunächst die Alleghanies den Eintritt der
mit dem Wasser des Atlantischen Oceans gesättigten östlichen Luft
ströme in das Land, und der breite Gürtel zwischen den Alleghanies
und den Rocky Mountains trägt infolge geringen Regennieder
schlags den Steppencharakter. — Die Sache wäre noch schlimmer,
wenn nicht das Land gegen Nordost und Nord offen wäre, aber dies
bringt wieder den Nachteil, daß die kalten Nordwinde bis weit nach
Süden herab sehr kalte Winter verursachen.
Die Steppe beginnt etwa nach Ueberschreitung des Mississippi,
besteht anfangs noch aus fruchtbaren Ländereien, sofern das Land
den Regenniederschlägen von Nordosten aus geöffnet ist, aber mit
geringem Baumwuchs, ganz an die südrussischen Steppen erinnernd;
die Farmen stehen auf der unübersehbaren Ebene ebenfalls baum
los, da die Amerikaner hierauf keinen Wert legen; dann beginnen
die „bad lands“, die Wüste, welche bis zu dem Felsengcbirge reicht,
nur an den Flußläufen durch schwachen Baumwuchs unterbrochen.
Einen noch rauheren Charakter zeigt das Land zwischen dem
Felsengebirge und der Sierra Nevada, wo die regenbringenden
Westwinde durch die Sierra Nevada abgeschnitten sind. Der Wüsten
charakter tritt noch ausgeprägter hervor, die Flächen sind bestanden
mit Artemisia, ferner einer mir unbekannten Pflanze mit harzigen,
gelben Blättern; fast jeder Anbau fehlt infolge Wassermangels und
erst schüchterne Versuche sind gemacht, durch Zuleitung von Wasser
aus einigen vom Hochgebirge kommenden Wasserläufen die Ländereien
der Kultur auszuschließen. Ob genügend Wasser zu beschaffen sein
wird, um größere Landstrecken zum Anbau herzurichten, möchte ich
bezweifeln. Einen guten Einblick in die Beschaffenheit des Landes
bietet einerseits die Kartenskizze (s. Fig. 1) mit eingezeichneten Regen
kurven von 20 und 50 cm Höhe, aus welcher hervorgeht, daß ein
breiter Streifen des Landes wesentlich weniger Regenniederschläge
empfängt als Deutschland (0,6—0,9 m), ferner das Längenprofil
der Bahn von Chicago nach San Francisco (s. Fig. 2) über die
Atchison Topeka, Rio Grande und Southern Pacific Bahn.
Bei Colorado Springs am Fuße des Fclsengebirges hat die Bahn
schon 1800 m Höhe erreicht, dieselbe steigt zur Wasserscheide bis
3350 m herauf gegen 1152 m des Gotthardtunnels*), die Hoch
ebene zwischen Rocky Mountains und der Sierra liegt auf circa
1500 m, die Wasserscheide auf der Sierra 2100 m**). Auf der
Northern. Pacific Bahn ist das Profil nur insofern verschieden,
als die Wasserscheide der Rocky Mountains nur auf 1697 m über
Meer gelegen ist, der Aufstieg von der Hochebene nur circa 330 m
beträgt, so daß hier von einer Gebirgsbahn wie bei unsrem Gott
hard nicht zu denken ist. In dem angefügten Längenprofil ist
zum Vergleich der Gotthardübergang mit seinen viel geringeren Er
hebungen eingetragen. Der Uebergang der Northern Pacific macht
einen sehr nüchternen Eindruck, unsre Schwarzwaldbahn kam mir
romantischer vor.
*) ( Colorado Springs 6000' englisch
Wasserscheide 11500' englisch
I Gotthard 3778' englisch.
**) /Hochebene ca 4500' englisch
(Sierra „ 7000' „
Bezüglich der zu ersteigenden Höhe bleibt deshalb der schwie
rigste Gebirgsübergang derjenige über die Sierra Nevada mit circa
2100 m (7017 ' engl.) Erhebung auf eine Länge von nur 130 km;
der Uebergang wird durch Schneeverwehungen sehr gefährdet, in den
oberen Teilen besteht deshalb die Bahn in beinahe fortlaufender
Reihe aus Schneegalerien, welche die Aussicht auf die Gebirgsland
schaft leider sehr beeinträchtigen.
Einen ganz eigenartigen Charakter zeigt dagegen in anderer
Beziehung der Uebergang der Felsengebirge von Colorado Springs
aus mit der Rio Grande Bahn. Nicht der immerhin beträchtliche
Aufstieg von 1500 m Höhe (5500 ' engl.) macht dieselbe interessant,
sondern die Cannons, denen die Bahn folgen muß mit ihren
500—600 m hohen, fast senkrechten Felswänden, welche das enge
Flußthal einschließen. Man hat sich die Sache so zu denken: Von
den Höhen des Felsengebirges strömen starke Wasscrmassen zu Thal,
welche im Laufe der Jahrtausende tiefe Rinnen in den Kalk- bezw.
Granitgebirgen ausgewaschen haben; da nun von der Seite her
Wasser nicht zufließt, infolge der sehr geringen Regenniederschläge,
so sind die Seitenwände der Rinne intakt geblieben und zeigen die
oben genannten senkrechten Felsabstürze, so daß man genötigt ist,
wenn man dieselben übersehen will, sich auf der Plattform der
Wagen niederzusetzen. Man muß diese Cannons als schauerlich
(awful) bezeichnen, die ausgehängten Photographien geben ein Bild
derjenigen des Arcansas River.
Ueber die Alleghanies besitze ich kein Längenprofil, das Ge
birge erreicht an einzelnen Gipfeln bis 6000' (1800 m), die Bahnen
gehen aber kaum über 400 m (1200 ' engl.) hinauf (Chesapeake-
Ohio 428 m (1285'), also nicht einmal so hoch wie unser Alb-
Uebergang mit ca. 2000 Fuß.
Ich habe zu Anfang Nordamerika mit Italien verglichen, der
Vergleich trifft nicht zu bezüglich des Gebirges, das Italien von
Deutschland abscheidet, bezüglich der Alpen. Ein solches Gebirge
besteht in Amerika nicht, obgleich es eigentlich vorhanden sein sollte,
da das große System der nordamerikanischen Seen nach Nord durch
den Lorenzstrom, der südliche Teil durch den Mississippi und einige
kleinere Flüsse, den Susquehanna, Hudson u. s. w. entwässert wird.
Das Gebirge, welches die beiden großen Flußsysteme scheidet, ist
nun allerdings vorhanden, es zieht sich hart an der Grenze des
Ontario-Sees hin, und geht in geringer Entfernung südlich von
Chicago durch, hat aber hier nur eine Höhe von circa 11 Fuß —
3,3 m über dem Michigansee, liegt also nur circa 180 m über
dem Meer. Wäre diese geringe Erhebung von circa 3 m nicht
vorhanden, so würde der Michigan-See mit dem Hake Superior
und Huron sich in den Mississippi entwässern, statt mittels des Nia
garafalls in den Lorenzstrom. Ich zweifle auch gar nicht, daß dies
früher der Fall war, die Wasserscheide besteht aus demselben harten,
ganz horizontal geschichteten Kalkstein, wie am Niagara, und das
Thal, das sie darstellt, sieht gerade so aus, wie wenn früher ein
großer Strom es durchflossen hätte.
Man ist nun gegenwärtig damit beschäftigt, diese circa 30 km
breite Wasserscheide mittelst eines Kanals (ohne Schleusen) zu durch
brechen (s. Fig. 3—5), der Kanal erhält eine Breite von 160 Fuß
bezw. 210 Fuß und 20 Fuß Wassertiefe, so daß derselbe die größten
Schiffe aufnehmen kann. Der Kanal hat ein Gefäll von 0,08 °/oo
und führt etwa 300 cbm pro Sekunde ab, die dem Niagara ver
loren gehen; es wird dies allerdings bei der kolossalen Wasser
menge des Flusses nicht in Betracht kommen. Nachdem der Illinois-
Fluß, in den er mündet, ebenfalls kanalisiert sein wird, kann die
Schiffahrt vom Michigan See zum Mississippi im größten Maßstab
erfolgen.
Dieser Kanal verfolgt aber noch den weiteren Zweck, die Ent
wässerung der Stadt Chicago gegen den Mississippi zu ermöglichen.
Jetzt führt der Chicagofluß seine Wasser dem Michigansee zu, es
wird kaum irgendwo ein derartiges tiefschwarzes Wasser aufzufinden
sein, das infolge der Einleitung der Abfälle der Stadt solche Wohl
gerüche verbreitet, wie der Chicagofluß. Die unreinen Wasser mischen
sich mit dem Seewasser und es ist nicht ausgeschlossen, daß ein Teil
des Schmutzes in die Wasserleitung gelangt, die bekanntlich ihr
Wasser dem See entnimmt.
Es sind nun gegenwärtig zweierlei Anordnungen getroffen, diese