Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1893-97)

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als im Jahr 1321 von Kunz Walther, dem Steinmetz, ein neuer 
Bau errichtet wurde. Dieser sei aber bald baufällig geworden, und 
eS wurde sodann im Jahr 1136 der Grundstein zur jetzigen Kirche 
gelegt. Die Einweihung erfolgte im Jahr 1495. Bei dieser war 
aber der westliche Hauptturm nur bis zum unteren Umgang fertig 
gestellt. Graf Ulrich war es, der durch größere Geldbeiträge den 
Ban ermöglicht hatte. — Der Ausbau des Turms in seiner jetzigen 
Gestalt erfolgte erst im Jahr 1531, und es ist diese Zahl in den 
vorgefundenen alten Brüstungsplatten, in origineller Weise mit dem 
durchbrochenen Maßwerk verschlungen, noch erhalten. — Im Jahr 
1839 wurde der Stiftskirchenplatz, der nur auf Treppen zugänglich 
war, abgegraben und dadurch erweitert. 
Wenn ich nun auf die Renovationsarbeiten am Turm 
näher eingehe, so mache ich zuerst auf das Gerüst aufmerksam, von 
dem ich einige Zeichnungen ausgestellt habe. Die Ausführung wurde 
seiner Zeit Herrn Werkmeister Hangleiter übertragen, der das 
billigste Offert gestellt halte mit 57 dl. 50 & pro cbm geschnittenes 
Bauholz samt aller Arbeit, Aufstellen und Wiederabbrechen, sowie 
Zurücknahme der Materialien. Für Gerüstholz, welches länger als 
2 Jahre stehen bleibt, wird pro cbm ein Zuschlag von 8 dl. auf 
1 weiteres Jahr bezahlt. 
Die Kosten des ganzen Gerüstes berechnen sich auf 16 600-^., 
ohne Maschinen und Aufzugsvorrichtungen, die von dem Unternehmer 
der Maurer- und Steinhauerarbeiten zu stellen sind. 
Die Kosten für sämtliche Renovationsarbeiten sind summarisch 
berechnet 
1. für Maurer- und Steinhauerarbeit . . . 
2. für Bildhauerarbeit 
3. für das Gerüst 
4. Insgemein — Entschädigung für eine Bau 
hütte, für Schnttabfuhr, für die Blitzableiter, 
die Uhr re., Bauführung 
Summa . . 
102 000 dl. 
12700 „ 
16 600 „ 
28 700 „ 
160 000 dl. 
Nachdem das Gerüst aufgestellt war, wurden die nötigen Auf 
nahmen und Untersuchungen vorgenommen, um einen möglichst ge 
nauen Kostenvoranschlag zur Berakkordierung der Arbeiten aufstellen 
zu können. 
Hiebei wurde davon ausgegangen, daß nur diejenigen Arbeiten, 
welche sich nicht im voraus genau feststellen lassen, im Taglohn, die 
Steinhanerarbeiten aber im Akkord ausgeführt werden sollen. 
Der Ankauf des Steinmaterials, die Bearbeitung desselben, 
sowie der Transport in die Steinhauerhütte und auf die Baustelle 
ist daher Akkordarbeit; ebenso das Versetzen der neuen Teile an den 
Strebepfeilern, das Versetzen der Brüstungsplatten und Gurten. Das 
Versetzen von Steinhauerarbeiten, die in das Mauerwerk eingeschoben 
werden müssen, geschieht dagegen im Taglohn, wie auch das Aus 
spitzen und das Abbrechen verwitterter Teile. 
Im allgemeinenist für die Steinhauerarbeiten „Gag genau er 
st ein" vorgeschrieben, und nur für Kreuzblumen und für stark unter- 
hauene Arbeiten „Oberkirchner" Stein vorgesehen. 
Der Ankauf von Oberkirchnerstein ist loco Stuttgart mit 110 dL 
pro cbm in Rechnung gestellt; 
Gaggenaner mit 70 M. pro cbm; 
das Versetzen mit 22 bis 35 „ „ „ 
das Versetzen von Maßwerkplatten mit 15 „ „ „ 
Der Arbeitslohn bewegt sich 
durchschnittlich zwischen 50 nnd 70 „ „ „ 
für Friese und reichere Steine zwischen 130 „ 140 „ „ „ 
Für Gerüst, Maschinen, Aufzugsvorrichtungen sind rund 3500 dl., 
für die Bauhütte 1200 „ 
für Schutzdächer 700 „ 
dem Unternehmer in runder Summe bewilligt. 
Die Bildhauerarbeiten sind sämtlich verakkordiert: für kleinere 
Krabben pro Stück 2dl.) für größere 4 dl.) für Kreuzblumen 40 bis 
50 dl. re. 
Bis jetzt war angenommen, daß der Turm so hergestellt werden 
solle, wie er sich uns bis heute darstellt. Die Ausführung der 
früheren Eckpyramiden oder Fialen auf der Schräge beim Uebergang 
vom Viereck in das Achteck ist demgemäß noch nicht in Aussicht ge- 
nonimen, doch besteht der allgemeine Wunsch, daß dies geschehen möge. 
Daß solche Fialen vorhanden waren, ist sicher, und der Stand 
ort derselben ist auch noch auf der Schräge zu erkennen. — Auf 
früheren Abbildungen des Stiftskirchenturms sind Fialen ersichtlich, 
so auf der Abbildung von Stuttgart vom Jahr 1592, welche Max 
Bach veröffentlicht hat. Das Original befindet sich auf der K. öffent 
lichen Bibliothek. Nach dieser Abbildung erhoben sich die Fialen bis 
über die zweite Brüstung. 
Herr Geh. Hofrat Kiedaisch hatte die Güte, mir eine kleine 
Abbildung in einem Gebetbuch aus dem Jahr 1698 zu zeigen, welche 
ebenfalls Ecktürmchen aufweist. Aus diesen Abbildungen darf man 
vielleicht schließen, daß diese Eckfialen mindestens 150 Jahre gestanden 
haben und dann verwitterten und abgenommen werden mußten. 
Alle Abbildungen zeigen das Turmdach so, wie es heute noch ist. 
Meine Ansicht geht nun dahin, daß am Abschluß des Turmes 
und am Dach nichts geändert werden sollte, und stehe ich hierin 
wohl im Einverständnis mit den meisten Kollegen, auch mit den 
Herren Oberstudienrat Dr. Eduard Paulus und Professor 
Dr. Julius Hartmann. Die Eckpyramiden aber sollte man 
wieder herstellen. Einen Versuch, wie dieselben gestaltet werden 
könnten, habe ich gemacht und auf der großen Zeichnung angegeben 
nnd wäre es mir erwünscht, gerade auch hierüber Ihre Ansicht zu 
vernehmen. 
Wenn ich die kleinen, alten Abbildungen nicht zu Gesicht be 
kommen hätte, so würde ich nach meinem Gefühl die Pyramiden 
etwas kleiner gezeichnet haben; sie scheinen aber ziemlich groß ge 
wesen zu sein. 
Reise nach Rordamerika in der Zeit vom 16. Zum dis 11. Oktober 1893. 
Vortrag, gehalten am 19. Mai 1894 von Prof. Laißle. 
(Schluß.) 
Die herrschendeSpracheim öffentlichen Leben, in den Lokalen, 
im Wagen ist die englische, deutsch spielt eine untergeordnete Rolle 
und scheint mir im Rückgänge begriffen zu sein. Die Deutschen 
sind hieran häufig selbst schuld: die unteren Stände sprechen in der 
Familie fast nur englisch, die Kinder lernen nicht mehr ordentlich 
deutsch, namentlich nicht mehr den Dialekt, und in der zweiten Ge 
neration ist alles englisiert. Im Westen habe ich noch mehr deutsch 
gehört, man wird, wenn man als Fremder erkannt wird, von 
Deutschen sofort deutsch angeredet; überhaupt wohnt dort ein anderes 
Geschlecht, und Halle ich die dortigen Gegenden, wie beispielsweise 
Oregon, Washington, wo das Klima mehr dem unsrigen gleicht, für 
die Länder der Zukunft. 
Es ist ferner bekannt, daß die Lebensweise von der unsrigen 
sehr verschieden ist: täglich 3 (fast gleichwertige) Mahlzeiten, break 
fast, lunch, dinner, man ißt sehr viel und vielerlei, es ist un 
möglich, sich durch eine Speisekarte durchzuessen, Preis derselbe, ob 
man viel oder wenig ißt, oder das Essen versäumt, wobei ich vor 
aussetze, daß man im Gasthof, wie es am bequemsten ist, sich nach 
amerikanischem Plan einmietet. Getrunken wird aber beim Essen 
nur Eiswasser, an das man sich nicht leicht gewöhnt und das ich 
auch für gesundheitsschädlich halte. Ich habe mich immer vorher 
oder nachher im saloon (Trinkstube) mit Bier, Wein oder Schnaps 
(whisky) schadlos gehalten; die Amerikaner scheinen das (ausschließ 
lich der Damen) auch zu thun, denn die gewöhnlichsten dieser saloons
	        
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