Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1893-97)

nach welchem von der Ausstellung diejenigen Objekte, welche von der 
Kommission nicht zur Beurteilung zugezogen sind, nicht auszuschließen 
sind, zur Abstimmung, wird aber abgelehnt. Zur Erörterung kommt 
noch ein Vorschlag von Pantle, dem 8 9 einen Zusatz des Inhalts 
zu geben, daß diejenigen, welche nicht mit einem Preise bedacht sind, 
das Recht haben sollen, ihre Pläne vor der Ausstellung zurückzu 
ziehen. Nachdem Berner sich gegen diesen Vorschlag ausgesprochen 
hat, wird ein modifizierter Antrag von Laistner (oben als zweiter 
Absatz von ß 9 aufgeführt) angenommen, v. Tritschler äußert sich 
schließlich noch über die Preisrichter, welche seiner Ansicht nach es 
manchmal zu leicht mit ihrer Aufgabe nehmen, was in dem Gut 
achten des Vereins noch bemerkt werden sollte. Dagegen sprechen 
v. Leibbrand, v. Fuchs, Mayer und es wird durch Abstimmung 
der Antrag abgelehnt. 
Der Vorsitzende spricht den Kommissionen den Dank des Vereins 
für ihre Arbeiten aus. 
Es folgt darauf der Vortrag des Architekten Hengerer über 
die Rathaus-Baufrage in Stuttgart, in welchem er zunächst einen 
Rückblick auf die verschiedenen Stadien giebt, welche diese Frage seit 
dem vor 8 Jahren von dem Verein abgegebenen Gutachten durch 
laufen hat. In diesem Gutachten war am Schlüsse der Vorschlag 
gemacht, daß sowohl für den Marktplatz, wie auch für den Lcgions- 
kasernenplatz ein Projekt ausgearbeitet werden sollte. Die bürger 
lichen Kollegien haben jedoch diesen Weg nicht eingeschlagen, sondern 
nur den Marktplatz in Betracht gezogen. Für den Neubau des Rat 
hauses wurden von dem betreffenden Ausschuß die Kosten unter Ver 
wendung des bis zur Küserstraße reichenden Platzes auf zusammen 
1 400 000 Mk. angegeben. Inzwischen habe sich aber gezeigt, daß 
bei der Verwendung des Platzes bis zur Metzgerstraße allein die Kosten 
1 100 000 Mk. betragen würden. Nachdem die Frage vier Jahre lang 
mehr oder weniger geruht habe, sei von Laißle in Verbindung mit 
Schall und Fischer am 28. Juni 1892 der Antrag gestellt worden, 
das alte Rathaus stehen zu lassen und nur nach beiden Seiten hin 
Anbauten anzufügen; dieser Antrag sei aber abgelehnt worden. Es 
tauchten darauf verschiedene andere Projekte auf, so u. a. ein Projekt 
für den Platz zwischen dem alten Schloß und dem Marktplatz mit 
3 Millionen Mk. Kosten. Am 31. Oktober 1892 wurde das Ver 
langen gestellt, man solle, bevor man sich über die Platzfrage ent 
scheide, das Raumbedürfnis für das Rathaus feststellen. In der 
Sitzung vom 9. März 1893 sprach sich die Mehrheit der bürger 
lichen Kollegien dafür aus, daß mit der Grunderwerbung so lange 
gewartet werden solle, bis das Raumbedürfnis festgestellt und Skizzen 
für den Platz entworfen seien. Diese letzteren wurden in der Sitzung 
vom 16. März 1893 vorgelegt und der Platz bis zur Metzgerstraße 
für das sogenannte kleine Rathaus gewählt; ferner wurde am 6. April 
1893 ein Ausschuß ernannt zur Feststellung derjenigen Kanzleien, 
welche in das Rathaus zu verlegen seien. Es wurde nun ein Projekt 
ausgearbeitet, welches einem Raumbedürfnis von 5338 qm genügte, 
das man aber später auf 4830 qm reduzieren zu können glaubte. 
Das bei der ausgeschriebenen Konkurrenz siegreich hervorgegangene 
Projekt von V o l l in e r & Iassoy, welches einen disponiblen 
Raum von 4195 qm aufwies, sollte nun umgearbeitet werden, um 
5340 qm Raum zu erhalten. Mit dieser Forderung hielt der Bürger 
ausschuß den Beweis für erbracht, daß der vorgesehene Bauplatz zu 
klein sei, da noch mehrere weitere Aemter, wie das statistische Amt 
und das Tiefbauamt, in der letzten Zeit hinzugekommen seien, und 
versagte deshalb seine Zustimmung zu der vom Gemeinderat geplanten 
Umarbeitung des oben erwähnten Projektes durch die Herren 
Vollmer und I a s s o y. Infolge dessen tauchten wieder ver 
schiedene frühere Projekte auf, Legionskasernen-Platz, Platz zwischen 
der Gemüsehalle und dem König von England, Marktplatz bis zur 
Küferstraße u. s. w. 
Der Redner schließt seinen Vortrag mit dem Wunsche, daß der 
Verein für Baukunde sich der Angelegenheit annehmen möge, damit 
eine Lösung gefunden werde, welche Jedermann befriedigen könne. 
N e u f f e r bespricht hierauf den seiner Zeit von den bürger 
lichen Kollegien eingeschlagenen Weg, bei welchem der von dem 
Verein gemachte Vorschlag, nämlich die Ausschreibung zweier Kon 
kurrenzen und zwar sowohl für den Marktplatz, wie für den Lcgions- 
kasernenplatz, nicht befolgt, sondern nur der Marktplatz berücksichtigt 
worden ist. Nach seiner Ansicht könne es vorerst nicht mehr Sache 
des Vereins sein, sich weiter mit dieser Frage zu beschäftigen, bevor 
der von den bürgerlichen Kollegien gewählte Ausschuß das Raum- 
bedürfnis u. s. w. festgelegt habe. Er stellt daher den Antrag, in 
eine Diskussion über die Rathaus-Baufrage so lange nicht einzu 
treten, bis eine Aeußerung des städtischen Ausschußes vorliege. 
v. Tritschler ist ebenfalls der Ansicht Neuffcr's und kommt 
darauf auch auf sein für den Legionskasernenplatz aufgestelltes 
Projekt zu sprechen. Dasselbe komme nack seiner Berechnung als 
großes Projekt mit ca. 8000 qm Grundfläche billiger zu stehen, als 
das kleinere für den Marktplatz vorliegende Projekt. Nach seiner 
Ansicht sei es wünschenswert, das Rathaus zu erhalten und in seiner 
alten Form wieder herzustellen. 
Göller befürwortet den von Neuffer gestellten Antrag. 
Kölle ist der Ansicht, daß eine Frage, welche mit der Württem 
bergischen Hauptstadt so eng verbunden sei, in dem Württembergischen 
Verein für Banknnde gründlich behandelt werden sollte; dazu führte 
er an, daß schon v. Leins darauf hingewiesen habe, daß zur Ent 
scheidung der Frage ein richtiges Bauprogramm notwendig sei, daß 
ein solches aber vor 8 Jahren nicht vorgelegen habe. Er komme 
zu dem Antrage, daß der Verein sich zwar heute noch nicht über 
diese Frage schlüssig machen solle, daß derselbe aber sich bereit erkläre, 
der Erörterung näher zu treten und zwar zunächst durch Wahl einer 
Kommission zu diesem Zwecke. 
v. Fuchs unterstützt Kölle's Antrag. 
Laißle erklärt sich für das Abwarten der Aufstellung eines 
bestimmten Programms. 
Neuffer betont ausdrücklich, daß er nicht die gänzliche Ent 
haltung des Vereins von der Erörterung der Frage beantragt habe, 
sondern nur das Aufschieben, bis ein Programm vorliege. 
Walter spricht sich auch in dem Sinne aus, daß es nicht Sache 
des Vereins sein könne, in die Angelegenheit einzugreifen, bevor die 
bürgerlichen Kollegien beschlossen hätten, was in das neue Rathaus 
hereingenommen werden solle. 
Laistner findet, daß eigentlich eine wesentliche Differenz in 
den verschiedenen Aeußerungen nicht zu Tage getreten sei; Neuffer 
habe sich nicht gegen eine weitere Behandlung der Frage, welche 
Kölle beantrage, ausgesprochen, sondern nur gegen eine sofortige 
Inangriffnahme derselben; er erkläre sich für Nenffers Antrag. 
Lueger giebt die gleiche Erklärung ab. 
Kölle sucht die Bedenken der Vorredner zu widerlegen und tritt 
widerholt für seinen Antrag ein. 
Göller bittet dringend, von der beantragten Wahl einer Kom 
mission abzusehen, da zu fürchten sei, daß man versuchen werde, den 
Verein von bestimmter Seite her auszubeuten; er macht darauf auf 
merksam, daß es für den Verein kein gutes Zeugnis abgeben würde, 
wenn er jetzt das Gegenteil von dem sage, was er vor 8 Jahren 
gesagt habe. 
Ernst spricht ebenfalls dafür, daß der Verein, so lange noch 
kein Programm aufgestellt sei, sich nicht mit der Frage beschäftigen 
solle; die Aufstellung dieses Programms sei aber Sache der Ver 
waltungsbeamten und nicht des Vereins. 
Weyrauch unterstützt den Antrag Neuffcr's und warnt da 
vor, in voreiliger Weise in eine Sackgasse zu gehen. Der Verein 
solle abwarten, bis er gefragt werde oder bis er genau sehe, was 
verlangt werde. Dann könne er eventuell auch mit Recht sagen, 
seine früheren Vorschläge habe er unter andern Umständen gemacht, 
jetzt liegen andere Verhältnisse vor. 
Die Debatte wird hierauf von dem Vorsitzenden geschlossen und 
die Anträge von Neuffer und Kölle zur Abstimmung gebracht. 
Der letztere wird mit großer Majorität abgelehnt und der Antrag 
von Neuffer angenommen.
	        
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