Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1893-97)

allgemein eingeführt ist und eine Unterscheidung der im Staatsdienste 
angestellten Kollegen durch die Vorsetzung des Beiwortes „königlich" 
bereits gebräuchlich ist. 
Bezüglich des schwieriger zu entscheidenden Punktes 2 (Be 
zeichnung für die diplomgeprüften Techniker) scheinen die im ver 
gangenen Jahre eingeholten Meinungsäußerungen der Einzelvereine 
weit aus einander gegangen zu sein. 
Nach den Berbandsmitteilungen hat von den verschiedenen Vor 
schlägen für eine einheitliche Bezeichnung derjenige des Münchener 
Vereins, „die betr. Techniker möchten ihrer Standesbezeichnung die 
Buchstaben: M. D. T. H. beifügen", verhältnismäßig die meisten 
Stimmen (München, Berlin und Frankfurt) erhalten. 
Die ursprünglich hiefür vorgeschlagene Bezeichnung mit „Doktor" 
ist glücklicherweise von der großen Mehrzahl der Vereine verworfen 
und an die vorausgängige besondere Doktorpromotion (nach Ziffer 3 
der Beschlüsse) geknüpft worden. 
Hinsichtlich der Notwendigkeit der Einführung einer neuen Be 
zeichnung ist die Kommission heute noch der Ansicht, daß bei nns 
in Württemberg ein besonderes Bedürfnis hiefür nicht vorliegt. 
Wenn man aber eine derartige Bezeichnung einführen will, so 
sollte sie praktisch und allgemein leicht verständlich sein. Beides kann 
man vom Münchener Vorschlag nicht sagen. Das „M. D. T. H." 
wird man im Publikum nicht zu Leuten wissen. 
Dagegen sind die Titel „Architekt" und „Ingenieur" so be 
zeichnend für die berufliche Thätigkeit und — leider nur zu sehr 
geläufig im gesellschaftlichen Leben —, daß man an ihnen grund 
sätzlich festhalten muß. Wenn man nur dafür sorgt, daß kein Miß 
brauch mehr mit diesen Titeln getrieben und dieselben nur denjenigen 
Technikern zuerkannt werden, welche akademisch gebildet sind und die 
Abgangsprüfung erstanden haben, so wird sich gegen die Anwendung 
derselben — auch ohne weiteren Zusatz — nichts einwenden lassen. 
Der staatliche Schutz gegen unberechtigte Führung derartiger 
Titel besteht ja auch bei anderen Berufsarten (wie z. B. den Aerzten) 
und hat sich bis heute anstandslos durchführen lassen. 
Auch unsere Kollegen in Oesterreich haben, wie unlängst zu 
lesen war, Schritte bei ihrer Regierung gethan, um einen gesetzlichen 
Schutz für die Titel „Architekt" und „Ingenieur" herbeizuführen. 
Angesichts dieser Thatsachen vermag die Kommission von ihrem 
früheren Vorschlag, 
„daß diejenigen Techniker, welche die Abgangsprüfuug an einer 
„deutschen technischen Hochschule erstanden haben — aber auch 
„nur diese — befugt sein sollen, den Titel Architekt oder 
„Ingenieur zu führen", 
nicht abzuweichen und empfiehlt dem Verein, diesen Antrag wiederholt 
dem Verbände zur Annahme zu unterbreiten." 
Die Versammlung stimmt diesem Kommissionsberichte ohne 
weitere Debatte zu. 
Hierauf berichtet Direktor Walter über die Beratungen der 
jenigen Kommission (Walter, Pantle, Lambert, Eisenlohr, 
Heim), welche für die Behandlung der Frage des Schutzes architek 
tonischer Arbeiten vor der Ausbeutung durch die Presse gewählt 
war. Der Bericht lautet wie folgt: 
„Die Kommission hatte die in der gedruckten Kundgebung der 
Vereinigung Berliner Architekten aufgestellten Vorschläge im einzelnen 
durchberaten. Dabei wurde im allgemeinen konstatiert, daß die Be 
schwerde, welche in dieser Kundgebung geführt wird, die Gepflogen 
heiten einiger Berliner Verlagsfirmen zu ihren Ausgangspunkten 
habe, und daß wir uns hier speziell in Stuttgart besserer Verhältnisse 
erfreuen. 
Allerdings ist es vor einiger Zeit vorgekommen, daß eine 
Ravensburger Firma photographierte Ansichten von Wohnhäusern, 
welche von verschiedenen Architekten ausgeführt sind, im Lichtdruck 
verfahren mit Text und mit in letzteren gedruckten kleinen Grund 
rissen hat erscheinen lassen, ohne den Autor auf den Blättern zu nennen. 
Als Architekt ist auf den letzteren ein Herr E. Großmann ge 
nannt, während der eigentliche Architekt nebenbei als Bauherr auf 
geführt wird. Im Text findet sich dann allerdings, wer der Autor 
ist. Solche Vorkommnisse sollte man nicht ungerügt vorübergehen 
lassen. Wichtiger als die in der genannten Kundgebung vorge 
schlagenen Normen für die Bezahlung von Zeichnungen oder Text 
beiträgen bei Veröffentlichungen erscheine der Kommission eine ge 
setzliche Regelung des Schutzes geistigen Eigentums für architektonische 
Arbeiten, in ähnlicher Weise, wie er für die Arbeiten der Maler 
und Bildhauer schon bestehe. Wenn auch nicht zu leugnen sei, daß 
für Häuser, welche an öffentlichen Straßen stehen, bei den heutigen 
Mitteln der Photographie und des Lichtdrucks ein Schutz gegen Aus 
beutung des Autors durch Aufnahmen und Vervielfältigungen schmer 
zn erreichen sein werde, so lasse sich für ein diesbezügliches Gesetz 
doch wohl eine Form finden, welche unterscheide zwischen allgemeinen 
Landschafts- bezw. Straßenbildern, wie sie beispielsweise die Albums 
von Städte-Ansichten rc. bieten und zwischen einer buchhändlerischen 
Ausbeutung von architektonischen Arbeiten, die einer unrechtmäßigen 
Aneignung und Verwertung des geistigen Eigentums von dritten 
gleichkommt. Gegen eine solche Ausbeutung wäre sowohl für aus 
geführte Gebäude wie für Entwürfe ein gesetzlicher Schutz anzustreben. 
Was die einzelnen Vorschläge der Berliner Vereinigung betrifft, 
so sind dieselben zunächst als an die Kollegen gerichtete Ratschläge 
zu einheitlichem Verhalten anzusehen, wie dies ursprünglich bei der 
Norm zur Honorierung architektonischer Arbeiten auch der Fall war. 
In gleicher Weise, wie jene sich lediglich durch die Handhabung 
Geltung im Publikum verschafft hat, so dürften auch die Einheits 
sätze, welche für architektonische Zeichnungen oder Abhandlungen bei 
buchhändlerischen Unternehmungen gefordert werden können, wenn sie 
durch den Verband aufgestellt werden, bei einhelliger Benützung durch 
die Kollegen, sich bald im Publikum Eingang verschaffen. Den 
Kollegen aber wären vorkommendenfalls im geschäftlichen Verkehr 
mit Buchhändlern schätzbare Anhaltspunkte geboten. 
Hiezu wäre jedoch nach der Ansicht der Kommission nötig, eine 
größere Zahl von Gattungen aufzustellen, unter welche der vom 
Architekten gelieferte Stoff an Text oder Zeichnungen eingereiht 
werden könnte. 
Bei der großen Verschiedenheit dieses Stoffes haben allzu all 
gemeine Normen keinen großen Wert. Es muß, wie schon die Vor 
schlüge der Berliner Vereinigung einräumen, bei der Bezahlung nach 
dem Zeilen- oder Seitenraum ein Preisunterschied gemacht werden 
zwischen reproduktionsfähigen, direkt für den Zweck angefertigten 
Zeichnungen und zwischen leihweise überlassenen Blättern, die erst 
reproduktionsfähig hergestellt werden niüffen. Für letztere Kategorie 
dürfte vielleicht '/s des für erstere angesetzten Preises genügen. 
Ebenso wäre nach der Qualität und dem Gegenstand der 
Zeichnungen beispielsweise ein Unterschied zu machen zwischen der 
Wiedergabe eines Grundrisses und der künstlerisch durchgeführten 
Zeichnung einer geometrischen oder perspektivischen Ansicht rc. 
Bei Aufstellung von Normen wird es nötig sein, daß eine 
Verständigung zwischen Architekten und Buchhändlern herbeigeführt 
wird, deren beiderseitige Erfahrungen den Beratungen zu Grunde 
gelegt werden. 
Eine solche Aufstellung kann am besten durch den Verband 
veranlaßt und alsdann den Einzelvereinen zur Prüfung und Be 
gutachtung vorgelegt werden. 
Die Kommission ist daher der Ansicht, 
1. daß die von der Vereinigung Berliner Architekten ausgehende 
Anregung dankbar anerkannt werden solle, und daß der Ver 
band Einleitung treffen möge zur Aufstellung einer Norm für 
die Honorierung von solchen architektonischen Arbeiten, welche 
zu buchhändlerischen Zwecken verwertet werden sollen; 
2. daß der Verband in Erwägung ziehen möge, wie ein gesetzlicher 
Schutz des geistigen Eigentums für architektonische Arbeiten 
herbeigeführt werden könne." 
Nach Verlesung dieses Berichtes entspinnt sich eine eingehende 
Debatte, an welcher sich namentlich der Vorsitzende, Prof. Weyrauch, 
Bauinspektor Laistner und Stadtbaurat Mayer beteiligen. ES 
wird beschlossen, daß zunächst der gesetzliche Schutz des geistigen 
Eigentums anzustreben sei und zwar nicht allein für die Arbeiten 
des Architekten, sondern auch für diejenigen des Ingenieurs, daß 
aber einstweilen auf die Frage der Honorierung (Antrag 1 der 
Kommission) nicht eingegangen werden solle. 
Nach Erledigung der beiden vorstehenden Verbandsangelegen 
heiten hält Regierungsbaumeister Heim einen Vortrag über die
	        
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