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Ebenso halten für ausreichend die Ansätze:
bei Bebauungsplänen 5— 30 A pro Hektar
bei Bewässerungsplänen rc. 10— 50 „ „ „
bei Städteentwässerungen SO—100 „ „ „
Letztere Ansätze dürften umsomehr genügen, als nur Rohr
netze zu projektieren sind. Größere Anforderungen würden unseres
Erachtens in Württemberg kaum durchführbar sein.
Zwei wenig bekannte Kirchenbauten der Nördlinger und Dinkelsbübter Bauhütte im württembergischen Kies.
Ans dem Vortrag des Banrats Gebhardt, gehalten am 1t. November 1869.
Ueber zwei wenig bekannte Kirchenbauten der Nördlinger und
Dinkelsbühler Bauhütte, St. Gangolf zu Nöttingen und St Lukas
zu Thannhausen, im württ. Ries hielt Baurat Gebhardt am
Samstag den 11. November einen sehr anregenden Vortrag. Es
hatten sich zahlreiche Vereinsmitglieder und eine Reihe von Gästen,
u. a. Oberkonfistorialrat 'v. Merz, Laudeskonservator Pr. Grad
mann eingesunden. Der Vortragende machte im vergangenen Sommer
während seines Urlaubs eingehende Studien über die im württ. Ries
befindlichen Kirchenbauten und stieß dabei auf die beiden halb der
Vergessenheit angehörigen Kircben zu Nöttingen und Thannhausen.
Als charakteristische und hervorragende Werke aus der lebten Periode
der Gothik erscheinen sie besonders anmutig und veranlaßten ihn zu
näherem Studium und Aufnahmen. In zahlreichen Planen und
reizenden Skizzen sind hierauf die beiden Bauwerke in ihrer Gesamt
anlage und Einzelanordnung zur Darstellung gekommen. Dieselben
erregten allgemeine Bewunderung. Zunächst schilderte der Redner
die Entwicklung der kirchlichen Baukunst im 14 und 15. Jahrhundert,
insbesondere in den Städten Nördlingen und Dinkelsbühl, die durch
den Bau der dortigen mächtigen Stadtkirchen, beide St. Georg ge
weiht, ihren haupsächlichsten Aufschwung nahm. Zum Bau dieser
nionumentalen Jahrzehnte zu ihrer Vollendung erfordernden schönen
Hallenkirchen bildeten sich in beiden Städten Bauhütten, in denen
unter Leitung tüchtiger Meister, wie Nikolaus Eteler, Vater und
Sohn, Heinrich Kugler, Stef. Weyrer, zahlreiche Jünger in der
Kirchenbaukunst herangezogen wurden und die in weitem Umkreise
die Ausführung der damaligen Gotteshäuser besorgten. St. Gangolf
zu Nöttingen erhebt sich inmitten des unweit der gleichnamigen Halte
stelle an der Bahnlinie Stuttgart-Nördlingen gelegenen Ortes; die
Kirche stammt aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Die in der
Gegend ansässigen Grafen v. Schenkenstein waren die Patronatsherren
und liegen auch zum Teil in der Kirche begraben. Diese ist ein
einschiffiger Bau, neben dessen aus 3 Seiten eines Achtecks geschlossenem
Chor im Norden ein stattlicher Turm emporsteigt. Das Aeußere der
Kirche zeigt sehr harmonische Verhältnisse und freien figürlichen
Schmuck. Der Turm ist durch reich gezierte, niit Strebepfeilern
überspannte Eckgallerien vom Quadrat ins Achteck übergeführt, das
von 4 zweiteiligen Maßwerkfenstern durchbrochen, die Glocken be
herbergt. Der Turm wird von einer welschen Haube bekrönt, die
zwar nicht stilgemäß ist, ihm aber auch nicht zur Unzierde gereicht.
Besonders reizend und lieblich ist die Chorpartie der Kirche. Leider
wurde im 18. Jahrhundert das Innere der Kirche im Zopfstile ver
putzt. Wer der Baumeister dieser Kirche war, ist urkundlich nicht
festgestellt. Der Vortragende zieht aus verschiedenen Thatsachen
(Steinmetzzeichen und übereinstimmender Formenanordnuug) den Schluß,
daß der Nördlinger Kirchenmeister Heiur. Kugler der Erbauer der
Kirche zu Nöttingen war. — St. Lukas zu Tbannhanien steht vor
geschoben auf dem westlichen Abhang des freundlichen. 1'/, Stunden
von der Bahnstation Fremdingen (Linie Dinkelsbühl-Nördlingen)
entfernten, im O.A.-Bezirk Ellwangen gelegene» Pfarrdorfes. Gegen
Süden ist die Kirche von einem freien Platze, frühere Begräbnis
stätte umgeben. Sie stammt ans dem Ende des is. nud Anfang
des 16. Jahrhunderts, und hat eine interessante Grundrißanordnung
(2schiffige Halle mit Einbau des Chores unter dem Turm). Ohne
Zweifel ist auf dem Grunde der jetzigen Kirche früher eine ältere
Kirche gestanden, von der noch einzelne Teile übernommen wurden.
Das Aeußere der Kirche ist sehr schlicht gehalten, cs entbehrt eigent
licher Gliederung, wirkt aber durch den Kontrast des gedrungenen
Langhauses mit dem mächtigen Turme, das verschiedenartige Mauer
werk, die kräftigen Strebepfeiler und die unregelmäßige Verteilung
und Größe der Fenster höchst eiaenartig und abwechslungsreich.
Der guadratische Chorturm erhebt sich in 2 Stockwerken und geht
daun durch die Vermittlung von 4 glatten Strebepfeilern in das
ebenfalls 2 stockige Oktogon über, das mit einer aus dem 18. Jahr
hundert stammenden welschen Haube und einem schönen schmiedeisernen
Kreuze bekrönt ist. Auf der Südseite de? im ganzen 45 m hohen
Turmes befindet sich das Oettingen'sche Wappen der Patronatsherr
schaft in schöner Ausführung. Die Nord- und Südseite des ca.
18 m langen und 12 m breiten Langhauses werden durch kräftig
vorspringende Strebepfeiler gegliedert und mehrere schön gezierte
Fenster und Portale belebt. Gegen den Kirchenplatz ist auf der
Südseite außerdem noch eine reizend ausgeschmückte Vorhalle vorge
baut. So einfach das Aeußere dieser Kirche ist. so kunstreich ist der
überwölbte Jnnenraum, die mit reichem Maßwerke verzierte Empore
und das prächtige Sterngcwölbe im Chor mit dem an einen Turm-
pfeiler sich anschmiegenden reizenden Sakramentshäuschen. Die har
monische Anordnung des Jnnenraunies zeugt von schöpferischer
Meisterschaft und großer Kunstfertigkeit. An? der Aehnlichkeit in
der Formenbildung mit den gleichartigen Arbeiten an St. Georg zu
Dinkelsbühl ist zu schließen, daß die beiden damaligen Meister der
dortigen Bauhütte, Eteler Vater und Sohn, als Baumeister des
Turmes und der Sakristei von St. Lukas anzusehen sind; das Lang
haus ist etwa 30 Jahre später von einem andern Baumeister, wahr
scheinlich Stefan Weyrer, ausgeführt worden. Die auf der Südseite
des Langhauses angebrachte, originell aufgefaßte und schön ausge
führte Gedenktafel mit Inschrift deutet sehr wahrscheinlich auf
„Meister Claus Hassel", den Gehilfen des Stefan Weyrer, hin.
Zum Schluffe seines Vortrages enipfiehlt der Redner die beiden
Kunstwerke einer sachgemäßen und schonenden Erneuerung.
Die Htadterweilerrmg unter volkswirtschaftlichem Gesichtspunkt.
Ueber die den vorstehenden Titel tragende Schrift von vr.
Rettich in Stuttgart urteilt ein Sachverständiger in der Nummer 2
der deutschen Bauzeitung 1900 wie folgt:
Der zweite besoldete Gemeinderat und Vorstand des statistischen
Amtes der Stadt Stuttgart, vr. H. Rettich, hat in einer längeren
Denkschrift, wie er in der Vorrede sagt, im Rahmen derjenigen An
schauungen, von denen er in wiederholten informatorischen Unter
redungen mit dem Stadtvorstand Kenntnis erhalten hat und entsprechend
einer Verfügung des Stadtschultheißenamtes über den vorhandenen
allgemeinen Stadtcrweiterungs-Entwurf vom wirtschaftlichen und
sozialpolitischen Standpunkt aus eine Aeußerung abgegeben.
Man fragt sich nun aber billig: was hat der Statistiker mit
dem Entwurf des Stadterweiterungsplanes zu thun? Die Antwort,
welche vr. Rettich giebt, daß die großstädtische Gesundheitspflege
nicht lediglich ein technisch-hygienisches Problem sei, sondern daß es
sich um eine breite soziale, aber in den ortseigentümlichen Rahmen