Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

Inhalt: Aus dem Vortrag des Baurats Dolmetsch 
ntschen Hochschule zu Berlin. 
am 25. März 1899 über Kirchenrestauraiionen. — Die Feier der Jahrhundertwende an der Tech- 
I ahrgang 1900. 
1. 
Ueber KirchenrestaurMmen. 
Aus dem Vortrag des Baurats Dolmetsch, gehalten am 25. März 1899. Mit 46 Abbildungen. 
Mit 1 Tafel. 
Durch die gefälligen Bemühungen des Herrn Baurat Dolmetsch 
sind wir in die angenehme Lage versetzt, die sehr interessanten Mit- 
teilungen des verdienten schwäbischen Kirchenbaumeisters über Kirchen 
restaurationen in der 4. ordentlichen Versammlung des vergangenen 
Jahres nunmehr in Wort und Bild veröffentlichen zu können.*) 
Einleitend bemerkte der Vortragende, es habe wohl kaum ein 
Zweig der Baukunst so sehr mit kleinen und armen Verhältnissen zu 
kämpfen, wie die ländliche Kirchenbaukunst. Wenn es gelte, Schulen 
und Straßen zu bauen oder Wasserversorgungen durchzuführen, so 
habe die staatliche Aufsicht meist die Macht, darauf einzuwirken, daß 
solche Verbesserungen in einem bestimmten Zeitraume zur Durchführung 
gebracht werden. 
Anders sei dies bei den Kirchengebäuden; da müsse der Kirchen 
baumeister oft jahrelang zusehen, wie die Gemeindemittel zu den oben 
genannten Zwecken aufgehen, so daß die Opferwilligkeit zur Aus 
führung eines Kirchenbauplans auf lange hinaus lahm gelegt bleibe. 
Daraus erkläre sich, warum so manches sorgfältig ausgedachte 
Kirchenbauprojekt oft ein Jahrzehnt und noch mehr in der Mappe 
des Baumeisters seiner Auferweckung harre. Trotz allen diesen hemmenden 
Umstünden liege aber in der Lösung solcher Projekte ein unwider 
stehlicher Zauber, der auch die kleinste Aufgabe für den Baumeister 
zu einer innerlich befriedigenden gestalte. 
Ehe nun der Redner an der Hand seiner überaus zahlreich 
ausgestellten Zeichnungen sich auf die näheren Mitteilungen 
einließ, gab er eine flüchtige Schilderung von dem kläglichen Zustande 
der auf dem Lande so vielfach vorkommenden verbesserungsbedürftigen 
Kirchengebäude. Hiebei wurde erwähnt, daß infolge der Anlegung der 
Friedhöfe bei den Kirchen deren Außenmauern im Laufe der Zeiten meist 
jo hoch angefüllt worden seien, daß man von außen in die Kirche ab 
wärts steigen müsse, daß ferner am Aeußern weder eine Dachrinne noch 
*) Für die in den Text eingeschalteten Figuren ist der Maßstab 
1: I960 zu Grunde gelegt 
ein Trottoir der Kirche entlang anzutreffen sei, kein Wunder daher, 
wenn die Umfassungsmauern in ihren Unterteilen durchnäßt seien und 
die Fundamente infolge des aufgeweichten Untergrundes Veränderungen 
an den Umfassungswänden zulassen, welche sich durch Senkelaus 
weichungen oder durch Wand- und Gewölberisse deutlich genug be 
merkbar machen. Leider sei schon manches schöne Chorgewölbe in 
unserem Schwabenlande infolge solcher Baufälligkeiten bis vor wenigen 
Jahrzehnten zum Abbruch gekommen, während mau bei einiger Er 
fahrung in allen solchen Fällen noch hätte eine Rettung eintreten 
lassen können. Seitdem die Kirchengemeinden daran gewöhnt seien, 
vor jeder Aenderung an einer Kirche sich beim Verein für christliche 
Kunst Rat zu holen, sei in ähnlichen Fällen die Erhaltung solcher 
Gewölbe stets erreicht worden. (Urach, Oßweil rc.) 
Ganz abgesehen von der primitiven Konstruktion der Stuhlungen, 
welche dem Sitzenden in vieler Beziehung Unbequemlichkeiten, sogar 
Qual bereiten, trete noch der gesundheitsschädliche Uebelstand auf, 
daß die Kirchenbesucher infolge des faulenden Holzmobiliars von 
kalter feuchter Moderluft umgeben seien. 
Anstatt das Uebel an seinem Ursprung zu heben, suche man sich 
fälschlicherweise im Innern die feuchten Wandstellen durch Holzver 
kleidungen vom Halse zu schaffen, was natürlich weitere Gelegenheit 
zu Fäulnis biete. 
Redner führte an, daß er in ähnlichen Fällen mit der An 
wendung von Weissang'schem Verbindungskitt oder noch besser mit 
getheerten Korksteinplatten gute Erfahrungen gemacht habe, nachdem 
zuvor die äußere Trockenlegung durchgeführt worden sei. Einen noch 
besseren Erfolg gewähre die Anwendung von Falz-Baupappe nach 
Patent Fischer; hiebei lasse sich zwischen der Isolierung und der feuchten 
Wand eine Luftzirkulation erreichen. 
Ein stimmungsvoller eigenartiger Schmuck zu dieser wenig an 
heimelnden Umgebung sei dann noch hin und wieder, in der auch 
beim Abbruch alter Häuser in Balkenfeldern zu Tage tretenden sog. 
Rauchmalerei zu finden (Lehrensteinsfeld). Der ästhetische Drang
	        

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