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zur Kanzel sehe und gut höre (Roßwag* Fig. 36, Scharnhausen*
Fig. 37, Untergruppenbach*)/ Hin und wieder lasse sich auch in solch
seitlichem Ehoranban unter dem Emporenraum die Sakristei anordnen
(Möglingen und Möckmühl).
Gruppe VI Kreuzsörmige An
lagen. Die sechste Gruppe zielte auf
kreuzförmige Kirchen ab und war in drei
sehr interessanten Beispielen vor Augen
geführt. Der eine Fall behandelte die
bedeutende Vergrößerung der kleinen Kirche
zu Schramberg (Fig. 38). Die frühere,
erst vor 26 Jahren erbaute Kirche bildete
nur ein länglich rechteckiges Schiff mit
anschließendem rechteckigem Chor. Die
Längsaxe der Kirche stand senkrecht zu dem
hügeligen Baugelände, so daß dieser Ban
an der Chorseite einen tiefen Einschnitt ver
ursachte. Um nun unter Vermeidung kost
spieliger Grabarbeiten und bei möglichster
Schonung der vorhandenen Kirche eine
wesentliche Vergrößerung herbeizuführen, griff
der Baumeister zu dem Auswege, den vor
handenen Kirchenraum als Querhaus zu
benützen, westlich ein Langhaus mit Hauptturm und östlich eine
Choranlage mit Sakristei anzubauen. Der frühere Chor wurde so
wohl im Erdgeschoß als auch darüber mit Sitzplätzen ausgefüllt und
dient zu ebener Erde mit Hinzuziehung des davorliegenden Quer
schiffraumes als ein mit Rollläden abschließbarer Konfirmanden- oder
Betsaal. Auch in anderen Projekten konnte man das Bestreben nach
Gewinnung solcher Konfirmandensäle beobachten, sei es wie hier unter
einer Querschiffempore, oder unter der Orgelempore, oder seitlich vom
Langhaus. Ueberall
waren diese Neben-
ränme als Bestand
teile des gottes
dienstlichen Haupt
raumes gedacht
(Waiblingen*,
Korb*, Göppingen
(Stadtkirche), Hall
lSt. Katharina).
Ein weiteres Beispiel ähnlicher Art zeigte die Vergrößerung der Kirche
zu Oberroth* und Bückingen* (Fig. 39), zu welch letzterer noch eine
Variante (Fig. 40) vorlag, in welcher der quer eingeschaltete Neubau
auf beiden Seiten gleich weit vorspringt, so daß dadurch ein quer
laufendes Langhaus entstand, bei welchem in der Mitte der einen
Langseite die Turmhalle als Chor benützt war. Eine ähnliche An
lage zeigt bekanntlich die reizende Schloßkirche in Stuttgart, welches
Vorbild dem Vortragenden schon mehrfach bei
Projekten Anlaß gab, eine Nutzanwendung zu
versuchen, so bei einem Vorprojekt zur Friedhof
kirche in Reutlingen (Fig. 41), ja sogar bei einer
Kirche größeren Umfangs, bei der Stadtkirche zu
Göppingen*.
Gruppe VII. Anbau des Hauptkirchen-
raums an vorhandenen Chorbau. Nun kamen als siebente Gruppe
diejenigen Kirchennmbauten in Betracht, bei welchen nur noch die
Choranlage einer Erhaltung wert ist, so daß der neue Anbau sich
auf den ganzen Schiffbau bezicht. Unter diesem Gesichtspunkt fanden
wir die ausgeführte St. Katharinenkirche zu Hall (Fig. 42) und ein
Projekt zur Stadtkirche in Ebingen* als dreischifsige Kirchen vorge
führt. In letzterem Projekt war die Erhaltung der alten steinernen
Schiffsäulen noch in den Neubau hereingezogen. Als Variante zu
letzterer Kirche verdient hier auch ein Projekt mit Anlehnung an die
moderne Radialanlage erwähnt zu werden.
Gruppe VIII. Große Grundrißanlagen. Eine achte Gruppe
befaßte sich mit großen Grundrißanlagen, deren neue Stuhlungs
einteilungen zeigten, mit welcher Vorsicht man bei der Verteilung des
Fig. 41.
( I
Fig. 43.
Gestühles verfahren muß, um jeder Stuhlungsgruppe eine Richtuna
zu geben, bei welcher ein Schauen nach Altar und Kanzel möglich
ist. Je näher die beiden letzteren beisammen liegen, um so leichter
sei dies durchführbar. In großen Kirchen sei dies jedoch selten der
Fall, deshalb stoße der Baumeister oft auf Uebelstäude, welche einen
mehr oder weniger großen freien Platz vordem Altar fordere, um dort mit
Hilfe von losen Einzelstühlen zu ermöglichen, sich je nach Bedürfnis
gegen die Kanzel oder gegen den Altar setzen zu können. Als Bei
spiele von größeren Stuhlungsanlage» waren die meist ausgeführten
Projekte der Stadtkirchen von Blaubeuren*, Bietigheim, Geislingen
a St., Göppingen (Oberhofenkirche*), Hall (St. Michael*), Kirch-
heim u. T., Urach und Vaihingen a. E.
Eine besondere Sorgfalt hatten hiebei die Orgelemporen der
meisten dieser Kirchen erfahren, indem hiebei angestrebt wurde, diese
Orgelemporen höher zu legen als die Seitenemporen, damit dem an
der Kopfseite der Kirche eintretenden Beschauer ein
freierer Blick in das Langschiff ermöglicht ist. Ori
ginell erdacht waren die Orgelemporen für die Stadt
kirchen zu Urach und Blaubeuren (Fig. 43 u. 44 (Tafel),
bei welchen im Interesse der Abhaltung von Kirchen
konzerten besondere Rücksicht auf den Standort der
Sänger und des Dirigenten genommen wurde.
Von den in den obigen Gruppen angeführten Grundrißtypen
waren auch einzelne Neubauentwürfe vertreten, so als kleine ein
schiffige Kirche diejenige für Unterboihingen, als kleine zweischiffige
Kirchen diejenigen für Göggingen, Großdeinbach, Häslach und Holz
bronn* als kleine dreischifsige Kirche die Friedhofkirche zu Reutlingen
(Fig 46), als Kirche in lateinischer Kreuzform diejenige für Söflingen
und in griechischer Kreuzform diejenige für Zuffenhausen*.
Ein Vergleich der einzelnen Grundrißlösungen zeigt auch, wie
vielseitig die Anordnung von Treppenanbauten bei den Kirchcner-
neuerungen gelöst werden kann.
Gruppe IX. Kirchturmbautcn. Eine besondere Beachtung
fand auch eine Anzahl von Kirchmrmbauten. Sie wurden als
neunte Gruppe vorgezeigt, teils als Neubauten, teils als Um- oder
Ausbauten.
Mit welcher Mühe und Sorgfalt solche Turmlösungen verbunden
sind, davon zeigten sieben verschiedene Skizzen zum Ausbau des in
länglicher Achteckform gestalteten alten romanischen Turmes an der
St. Katharinenkirche zu Schwäb. Hall. Hier und an dem Kirchturm
zu Schramberg hat die Kupfereindeckung eine künstliche Patina er
halten und zwar durch das überaus einfache Mittel eines zweimaligen
Anstrichs mit Häringsauce. Vielfach war bei diesen Kirchturm
bauten neben Gewinnung eines geräumigen Glockenhauses und der
Unterbringung von Uhrtafeln auch das Bedürfnis nach Aussichts- resp.
Musikaltanen zu befriedigen. Letzteres wurde in dem Entwurf zum
Neubau der Oberteile der zwei Türme an der Stadtkirche zu Murr
hardt* durch einen über dem Chordach sich erhebenden Verbindungs
gang erreicht. Die Ausbildung dieser beiden Turmoberteile mit
Verbindungsgalerie lehnt sich strenge an die romanischen Formen der
angebauten berühmten Walderichskapelle an.
Besonderes Interesse erregte die Art und Weise, wie in dem
Restaurationsprojekt zu der Göppinger* Stadtkirche der in den nüch
ternsten romanisierenden Formen um die Mitte dieses Jahrhunderts
neu aufgebaute Kirchturm dem Renaissancestil des alten Kirchenschiffs
angepaßt werden kann. Türme mit Steinhelmen waren in ver
schiedener Formgebung vorhanden (Bissingen u. T., Holzhausen*
Reutlingen (Friedhofkirche), Wannweil und Ebingen*). Als Repräsen
tant der Eiseukonstruktiou sei hier der Turmhelm der Stadtkirche zu
Urach erwähnt, bei welchem uns unter anderem auch die zweckmäßige
Befestigungsweise anregte, welche bei sicherem Halte doch eine freie
Bewegbarkeit der Holzschalung zuläßt. Darüber ist Rauteneindeckung
in Kupfer ausgeführt.
Als ganz neu wurde die Helmkonstruktion für den Kirchturm
zu Söflingen bei Ulm vorgeführt. Dieser Helm sei nämlich aus
10 cm dicken und ca. 40 cm hohen Zemcntkunststeinplatten in Ver
bindung mit einem leichten inneren Eisengerippe konstruiert, den
Gräten entlang laufen am Aeußern Zoreseisen, welche mit den inneren