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Beeinträchtigungen in der Benutzung eines Grundstücks, welche
ihrer Natur nach lediglich vorübergehend sind, stehen der Führung
der Telegraphenlinien durch den Luftraum nicht entgegen, doch sst
der entstehende Schaden zu ersetzen. Ebenso ist für Beschädigungen
des Grundstücks und seines Zubehörs, die infolge der Führung der
Telegraphenlinien durch den Luftraum eintreten, Ersatz zu leisten.
Die Beamten und Beauftragten der Telegraphenverwaltung,
welche sich als solche ausweisen, sind befugt, zur Vornahme notwendiger
Arbeiten an Telegraphenlinien, insbesondere zur Verhütung und Be
seitigung von Störungen, die Grundstücke nebst den darauf befind
lichen Baulichkeiten und deren Dächern mit Ausnahme der abgeschlossenen
Wohnräume während der Tagesstunden nach vorheriger schriftlicher
Ankündigung zu betreten. Der dadurch entstandene Schaden ist zu
ersehen.
8 13.
Die auf den Vorschriften dieses Gesetzes beruhenden Ersatz
ansprüche verjähren in zwei Jahren. Die Verjährung beginnt mit
dern Schlüsse des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist.
Ersatzansprüche aus den 88 2, 4, 5 und 6 sind bei der von
der Landes-Zentralbehörde bestimmten Verwaltungsbehörde geltend zu
machen. Diese setzt die Entschädigung vorläufig fest.
Gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde steht binnen
einer Frist von einem Monat nach der Zustellung des Bescheids die
gerichtliche Klage zu.
Für alle anderen Ansprüche steht der Rechtsweg sofort offen.
8 14.
Die Bestimmung darüber, welche Behörden in jedem Bundesstaat
untere und höhere Verwaltungsbehörden im Sinne dieses Gesetzes
sind, steht der Landeszcntralbehörde zu.
8 15.
Die bestehenden Vorschriften und Vereinbarungen über die Rechte
der Telegraphenverwaltung zur Benutzung des Eisenbahngeländcs
werden durch dieses Gesetz nicht berührt.
8 16.
Telegraphenverwaltung im Sinuc dieses Gesetzes ist die Reichs-
Telegraphenverwaltung, die Königlich bayerische und die Königlich
württembergische Telegraphenvcrwaltung.
8 17.
Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf Telegraphenltnien,
welche die Militärverwaltung oder die Marineverwaltnng für ihre
Zwecke herstellen läßt, entsprechende Anwendung.
8 18.
Unter Zustimmung des Bundesrats kann der Reichskanzler An
ordnungen treffen:
1. über das Maß der Ausästungen;
2. darüber, welche Aenderungen der Telegraphenlinien im Sinne
des 8 7 Abs. 1 als wesentlich anzusehen sind;
3. über die Anforderungen, welche an den Plan auf Grund des
8 7 Abs. 1 im einzelnen zu stellen sind;
4. über die unter Zuziehung der Beteiligten vorzunehmenden Orts-
besichtigungcn und über die dabei entstehenden Kosten;
5. über das Einspruchsverfahren und die dabei entstehenden Kosten;
6. über die Höhe der den Straßenbau- und Polizeibeamten zu ge
währenden Vergütungen für die im Interesse der Reichs-Tele
graphenverwaltung geforderten Dienstleistungen.
8 19.
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1900 in Kraft.
Auf die vorhandenen, zu öffentlichen Zwecken dienenden Linien
der Telegraphenverwaltung (§§ 16 und 17) findet dieses Gesetz An
wendung, soweit nicht entgegenstehende besondere Vereinbarungen ge
troffen sind.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und
beigevrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.
Gegeben Neilcs Palais, den 18. Dezember 1899.
(L. S.) Wilhelm.
Fürst zu Hohenlohe.
Die neue Dachschule für Keimiiechlimk, einschließlich Dlirmacherei und Elektromechanil! in Schwenningen a. 11
Diese Fachschule, welche aus Mitteln des Staats und beteiligter
Kreise errichtet und der Leitung und Aufsicht der K. Zentralstelle für
Gewerbe und Handel unterstellt wird, soll auf 1. Mai d. I. er
öffnet werden.
Es dürfte für junge Leute, welche sich im Frühjahr nach Ent
lassung aus der Schule dem Gewerbe der Feinmechanik oder speziell
der Uhrmacherei oder der Elektromechanik zuwenden oder nach zurück
gelegter Lehre in diesen Gewerben sich theoretisch und praktisch weiter
bilden wollen, von Interesse sein, über die Organisation und den
Lehrplan dieser Fachschule näheres zu erfahren.
Diese Fachschule hat den Zweck, durch praktischen und theoretischen
Unterricht in den verschiedenen Zweigen der Feinmechanik einschließlich
Uhrmacherei und Elektromechanik für diese Gebiete ebensowohl tüchtige
Arbeiters und Werkführer als selbständige Gewerbetreibende heran
zubilden.
Der Unterricht wird in drei, je am 1. Mai beginnenden Jahres
kursen: dem Vorkurs, dem Fachkurs und dem Fortbildungskurs erteilt
und umfaßt sowohl theoretische Fortbildung als praktische Unterweisung
in den verschiedenen für die Feinmechanik, Uhrmacherei und Elektro
mechanik erforderlichen Fertigkeiten.
Im einzelnen sind für die Kurse folgende Fächer vorgesehen:
1) Theoretischer Unterricht. Im Vorkurs: Arithmetik, Geometrie,
Stereometrie und ebene Trigonometrie, sowie Uebungen in diesen
Fächern; Experimentalphysik, Technologie, Freihandzeichnen, Geome
trisches Zeichnen, Projektionslehre, Geschäftsaufsätze und Korrespondenz.
Im Fachkurs: a. für sämtliche Schüler: Mechanik fester Körper,
Technologie und Werkzeugkunde des Uhrmachers und Mechanikers
mit Skizzierübungen, Buchhaltung und einschlägige Disziplinen
(;. B. Berechnungen über Werkftätteanlagen) und Freihandzeichnen
mit Berücksichtigung der äußeren Ausstattung der Uhren; b. für Uhr
macher: Uhrenkonstruktionslehre, konstruktive Uebungen in der Uhren-
konstruktionSlehre und Mathematik; c. für Fein- und Elektromechaniker:
Konstruktive Uebungen in der Mechanik bezw. in der Elektromechanik,
Erzeugung, Leitung und Wirkung elektrischer Ströme. Im Fort
bildungskurs: a. für Uhrmacher: Uebungen im Berechnen von Uhren
für besondere Zwecke und Konstruieren von Spezialmaschinen, kon
struktive Uebungen und Mathematik (praktische Uebungen); b. für
Fein- und Elektromechaniker: Konstruktive Uebungen aus dem Ge
biete der Feinmechanik bezw. der Elektrotechnik, Messung, Umwandlung
und Verwendung elektrischer Ströme.
2) Praktischer Unterricht. Im Vorkurs: a. für Uhrmacher:
Bearbeitung der verschiedenen Materialien durch Feilen, Drehen,
Bohren, Fräsen; Anfertigung von Werkzeugen; Herstellung von Uhren-
bestandteilen für Groß- und Taschenuhren: b. für Fein- und Elektro
mechaniker: Uebungen in der Bearbeitung der verschiedenen Materialien
durch Feilen, Drehen, Bohren, Fräsen; Unterhaltung der Arbeits
maschinen; Anfertigung von Werkzeugen und kleinen Apparaten ans
dem Gebiete der Feinmechanik oder Elektrotechnik. Im Fachkurs.
a. für Uhrmacher: Herstellen, Zusammensetzen, Zerlegen und Justieren
von Geh- und Schlagwerken oder von Taschenuhren, Reparaturen;
b. für Fein- und Elektromechaniker: Bearbeitung von elektrischen
Uhren, Telephonen, Mikrophonen, Bonssolen und anderen Präzistontz-
instrunienten nach Zeichnung. Im Fortbildungskurs: a. für Uhr
macher: Anfertigung von Uhren für besondere Zwecke, Chronographen,
Marinechronometern u. s. w. und schwierige Reparaturen; b. für
Fein- und Elektromechaniker: Anfertigung von Präzisions-Instrumenten