Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

24 
Vom Rektor und Senat der Technischen Hochschule ist das nachstehende Dankschreiben eingelaufen: 
An den verehrlichen Vorstand des Württemb. Vereins für Baukunde in Stuttgart. 
Der Senat der Technischen Hochschule hat in seiner heutigen ersten Sitzung nach den Frühjahrsferien mit lebhaftem Danke Kenntnis 
von dem Schreiben genommen, welches der Vorstand des Württembergischen Vereins für Baukunde aus Anlaß der Erlangung des Rechts 
zur Erteilung akademischer Grade durch die Hochschule an ihn zu richten die Güte hatte. 
Ueber den Wert solcher Grade für das praktische Leben haben sich auch die Organe der Hochschule keiner Täuschung hingegeben. 
Wohl aber mußte ihr Bestreben darauf gerichtet sein, den Technischen Wissenschaften die ihrer Bedeutung in unsrer Zeit entsprechende 
Gleichstellung mit den älteren Fakultätswissenschaften zu verschaffen, wofür unter den gegebenen Verhältnissen das Promotionsrecht eine 
notwendige Voraussetzung bildete. 
Wenn nun durch diese Gleichstellung der Eintritt leistungsfähiger Elemente in die Technische Hochschule gefördert und das An 
sehen der Technik und der Techniker gehoben wird, so dürfte damit immerhin auch ein Vorteil für die Praxis verbunden sein. In richtiger 
Erkenntnis dieser Sachlage hat der Württembergische Verein für Baukunde unsern Bestrebungen. von jeher seine Unterstützung geliehen, 
wofür wir ihm hiermit herzlichen Dank aussprechen. Zu besonderer Freude gereicht es uns, bei diesem Anlaß zu betonen, daß gerade 
die Leistungen der ausführendeu Technik von maßgebendem Einflüsse auf die unsern Wissenschaften zu teil gewordene Anerkennung ge 
wesen sind. 
Wir hoffen, daß es gelingen wird, das Recht zur Führung des Titels eines Diplomingenieurs allen denjenigen zu gewähren^ 
welche die Diplomprüfung oder erste Staatsprüfung nach bisherigen oder künftigen Vorschriften bestanden haben, und soll es uns freuen, 
alsdann auch jetzige Mitglieder des Vereins für Baukunde als Doktoringenieure begrüßen zu können. 
Wie bisher, so werden wir auch ferner bemüht sein, im Interesse der notwendigen Verbindung von Theorie und Praxis, von 
Wissenschaft und Leben die guten persönlichen und sachlichen Beziehungen zum Verein für Baukunde zu pflegen und zu fördern, über 
zeugt, dabei jederzeit auf das Entgegenkommen und die kräftige Mitwirkung des Vereins rechnen zu können. 
Mit ausgezeichneter Hochachtung 
Rektor und Senat der Technischen Hochschule 
(gez.) Weyrauch. 
H'rolokoü der 7. ordentlichen Wersammlung 
am 31. März 1900. 
Vorsitzender: Mayer. Schriftführer: Hofacker. 
Anwesend: 31 Mitglieder und 1 Gast. 
Der Vorsitzende verweist auf verschiedene Einläufe, nämlich aus 
ein Schreiben von v. Schlierholz, betr. die Stadterweiterung von 
Stuttgart und auf eine vom Magistrat von Dortmund übersandte Denk 
schrift über „DieHafenanlagen von Dortmund", und teilt weiter mit, daß 
die Regierungsbaumeister Riegel und Lörcher als Mitglieder aufge 
nommen worden sind und daß von Stadtbaumeister Braun in Ulm 
ein Vortrag über die Stadterweiterung von Ulm angemeldet worden 
ist. Hierauf berichtet Architekt Lambert, in Firma Lambert 
und Stahl über eine Studienreise in Schlesien, zu welcher 
der ehrenvolle Auftrag, für das Sammelwerk der Kunst- und 
Altettumsdenkmale Schlesiens, das unter Leitung des Provinzial- 
Konservators herausgegeben wird, Aufnahmen zu liefern, Veran 
lassung gab. (Wie Redner ausführte, sind in Schlesien die 
Zeugen früherer Kunstperioden nicht mehr sehr zahlreich vertreten. 
Vieles ist der modernen Entwicklung der Städte und dem vielfach 
sich zeigenden geringen Verständnis für den Wert dieser Denkmale 
zum Opfer gefallen. Die lebhaften Schilderungen landwirtschaftlicher 
Schönheiten, interessanter Städtebilder und einzelner hervorragender 
und charakteristischer Baudenkmale erfolgten an Hand einer reichen 
Sammlung künstlerisch ausgeführter Skizzen und flott gemalter, 
stimmungsvoller Aquarelle, die umsomehr das Interesse der Anwesen 
den fesselten, als eine große Zahl der dargestellten Denkmale bis 
jetzt in kunstgeschichtlichen Architekturwerken nicht veröffentlicht worden 
waren.) Der Vorsitzende spricht dem Redner den Dank des Vereins 
für diese Mitteilungen aus. 
Es folgt nun eine Besprechung über die Kundgebung des 
Vereins inSachen der Stadterweiterung von Stuttgart, 
welche von einer Kommission, (vergl. das Prot, der 6. ordentl. Vers, 
in Heft 3 dss. Jhrggs.) beraten und von den Mitgliedern Frey 
und Hofacker verfaßt worden ist. Die Berichterstattung erfolgt 
durch Frey. Leibbrand hält es für angezeigt, daß der Verein 
mit der Kundgebung so lange warten solle, bis Sladtbaurat Kölle 
sich noch zur Sache geäußert habe. Der Vorsitzende stellt jedoch 
fest, daß die Behandlung der Stadtbauplansache int Verein in Ab 
wesenheit des Stadtbaurates Kölle ganz dessen eigenen Wünschen 
entspreche; in der letzten Versammlung haben sich ja auch die Mit 
glieder ganz gegen die Rettich'sche Schrift ausgesprochen. 
Da ein Punkt der Kundgebung, nämlich die Begutachtung des 
Stadtbauplans, vom künstlerischen Standpunkt aus schon seine Er 
ledigung gefunden habe, indem seitens der Stadt, eine Kommission 
hiezu ernannt worden ist, bei der die Mitglieder Eisenlohr und 
Reinhardt vertreten sind, und da die Stadtverwaltung sich neuer 
dings nicht mehr auf den seitherigen extremen Standpunkt zu stellen 
scheint, so hält es der Vorsitzende für angezeigt, zuerst darüber ent 
scheiden zu lassen, ob mit der Abgabe der Kundgebung gewartet 
werden soll, bis das Ergebnis der Begutachtung vom künstlerischen 
Standpunkt aus bekannt ist. 
Demgegenüber wird geltend gemacht, man sollte nicht mehr 
zurückhalten, da ja der Gedanke einer künstlerischen Begutachtung 
des Kölle'schen Entwurfs vom Verein ausgegangen und nur vom 
Stadtvorstand rasch aufgenommen worden sei; die sofortige Erledigung 
der Sache sei erwünscht. Neuffer betont, daß, nachdem der Verein 
die Angelegenheit aufgegriffen habe, er dieselbe auch zu einem Ende 
führen müsse. Die Kundgebung sei das geeignete Mittel, die An 
schauung des Vereins in seiner Mehrheit zum Ausdruck zu bringen. 
Kölle habe sich in seiner Entgegnung im „Neuen Tageblatt" in 
glänzender Weise verteidigt, und seinen Standpunkt gewahrt; für den 
Verein bleibe nur die Stellungnahme zur Rettich'schen Schrift übrig 
und diese sei in der Kundgebung genügend zum Ausdruck gekommen. 
Die letztere solle, nachdem sie von der Kommission nochmals durch 
gearbeitet worden, alsbald abgehen. 
Nachdem durch Abstimmung das Einverständnis der Versamm 
lung mit diesem Vorschlag festgestellt worden war, wird in die Er 
örterung der einzelnen Punkte der Kundgebung eingetreten. An der 
selben beteiligen sich Laistner, Mayer, Frey, Leibbrand^ 
Walter, Schmid, Gustav Halmhuber, Findeisen, Pantle, 
Feil und v. Euting. Das Ergebnis der Beratung ist folgendes: 
Kundgebung betreffend die Stadterweiteruug von Stuttgart. 
„Der württ. Verein für Baukunde hat in seiner am Samstag 
den 17. März d. I. abgehaltenen ordentlichen Versammlung das 
Projekt der Stuttgarter Stadterweiterung in Erörterung gezogen. 
Auf Grund dieser Erörterung stellt er zunächst fest, daß der 
Kölle'sche generelle Plan für die Stadterweiterung in seiner Gesamt 
anlage eine Beanstandung von keiner Seite erfahren hat; die gegen 
denselben, namentlich in der Rettich'schen Schrift, erhobenen Ein-
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.