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einem Staniolstreifen auf Pappdeckel geklebt besteht. Da jedoch in
der Feuertelegraphie gewöhnlich eine große Anzahl von Apparaten
hintereinandergeschaltet sind, die einen ziemlich großen Widerstand
repräsentieren, so kam es schon vor, daß die Sicherungen erst durch-
brannteu, nachdem die Windungen der Apparate verschwort waren.
Wir haben an Stelle der ca. 2,5 Ampere aushaltenden Sicherungen
die Siemens'schen Patronensicherungen versucht, welche aus zwei mit
leichtflüssigem Metall zusammengelöteten Spiralfedern bestehen und
schon bei 0,3 Ampere durchschmelzen, doch hat diese Sicherung den
Nachteil, daß sie bei atmosphärischen Entladungen sehr häufig die
Leitungen unterbricht und es dann mit Umständen verknüpft ist, bei
der großen Zahl von Bleisicherungen in den Apparaten einer Linie
die Unterbrechungsstellen zu suchen.
In neuester Zeit verwenden wir nun gewöhnlich Sicherungen
aus Silberdraht von 0,05 mm Stärke, die in Glasröhrchen mit
grobkörnigem Sand eingebettet sind. Dieselben schmelzen bei 1,5
Ampere und haben wir bisher ganz gute Erfahrungen damit gemacht.
Zum Schluß kann ich nicht unterlassen, noch besonders darauf
hinzuweisen, daß die Mittel zum Erreichen einer möglichst raschen
Feuermeldung und Alarmierung viel wichtiger sind als die allerbesten
Löschwerkzeuge. Die Statistik der letzten Zahre hat gezeigt, daß in
Städten mit vollkommenen Feuertelegraphen-Einrichtungen die Groß-
seuer auf eine Durchschnittsprozentzahl von 3 sich verminderten,
während diese Zahl bei Städten mit unvollkommenen Anlagen 17
beträgt und bei Städten, die gar keine derartigen Einrichtungen
besitzen, die Zahl von 29 erreicht wird.
Neubau der „Stuttgarter Wrgerhalle" der AKtieutrrauerei Mulle in Stuttgart
Bortrag, gehalten in der 8. ordentlichen Versammlung von Architekt Schmohl in Stuttgart.
Als Bauplatz für deu Neubau der Stuttgarter Bürgerhalle stand
der zwischen der Neckar- und Landhausstraße unmittelbar neben der
Aktienbrauerei Wulle gelegene 27 Ar große Platz zur Verfügung.
Es war beabsichtigt, ein größeres Wohn- und Wirtschaftsgebäude
mit geräumigen Restaurations- und Gesellschaftssälen zu erstellen,
die bei möglichst zweckmäßiger Lage unter sich in Verbindung mit
dem als Wirtschaftsgarten einzurichtenden und unüberbaut bleibenden
Teil des Platzes stehen sollten. Der vordere, an der Neckarstraße
gelegene Teil des Baugrundes mit 33,5 m Fluchtlänge und einer
Tiefe von etwa 23 rn lag auf der Höhe dieser Straße, während
der hintere Teil mit einer Tiefe von etwa 42 m um 4,5 m höher
lag. Die die Baufläche auf der Rückseite begrenzende Landhaus
straße liegt um weitere 4 rn höher.
Durch die Beschaffenheit der Baufläche und die Forderung, das
Gebäude von beiden Straßen aus zugänglich zu machen, war die
grundlegende Disposition des Neubaus gegeben. Als Wirtschafts
garten wurde das höher gelegene Gelände verwendet und mit diesem
der große Saal mit den notwendigen Nebenräumen dadurch in Ver
bindung gebracht, daß letzterer in den ersten Stock gelegt wurde,
während die Tageswirtschaft im Erdgeschoß an der Neckarstraße
bleiben mußte.
Bei den in zwei Stockwerken angeordneten Wirtschaftsräumen
und wegen der damit verbundenen umständlichen Bedienung war
besonders darauf zu achten, daß durch zentral gelegene Schenktische in
unmittelbarer Verbindung mit der Wirtschaftsküche, die Bedienung
sich möglichst leicht und ohne Verwendung von viel Personen bewerk
stelligen läßt. Der 75 qm große Schenktisch int ersten Stock wurde
deshalb in die innere Ecke des j, förmigen Grundrisses gelegt. Er
steht in unmittelbarer Verbindung mit der Kochküche im Erdgeschoß
und dem Keller.
Die Küche hat einen Flächeninhalt von 135 qm und besitzt
folgende Einrichtungen: Einen Kochherd mit 4 abstellbaren Feuerungen
und Boilereinrichtung; einen großen Wärmschrank, der durch die Rauch
gase des Herds erwärmt wird; Spültröge, Anrichte- und Zurichte
tische. Neben der Küche befinden sich die Speisekammer und die
Räume für Eiskästen und Kohlen. Vor diesen liegt die Tageswirtschaft
mit den Nebenräumen. An die Rückseite der Küche schließen sich
unter dem großen Saal gelegen die Pferdeställe mit 42 Ständen an.
Diese Ställe sind vom Hof der Brauerei aus zugänglich.
Im ersten Stock, der durch eine Haupttreppe mit dem Erdgeschoß
verbunden ist, befindet sich der große Saal, welcher ausschließlich
für Konzerte bestimmt ist. Bei einer Länge vom Vorsaal bis zur
Bühne von 34 m und einer Breite von 14 m hat er einen Flächen
inhalt von 476 qm. Er ist überdeckt durch ein Tonnengewölbe aus
Rabitz mit breiten Quergurten und wird durch 6 große Rundbogen-
fenster von je 16,27 qm Lichtfläche beleuchtet. An der einen Schmal
seite befindet sich die Bühne von 8/6,5 m mit den Ankleideräumen;
auf der andern Schmalseite liegen der Vorsaal und drei Gesellschafts
zimmer. Der große Saal und der Vorsaal gewähren Platz sür ca.
900 Personen; sämtliche Wirtschaftsräume für ca. 1400 Personen.
In dem vordem Teil des Gebäudes befinden sich in zwei höheren
Geschossen auf jedem Stock eine 7- und eine 3-zimmerige Wohnung;
jede dieser Wohnungen ist durch eine besondere, vom Wirtschafts
betriebe vollständig getrennte Treppe zugänglich.
In der inneren Ausstattung sind alle Räume im Charakter
harmonisch dem Ganzen angepaßt. Ueber hohem Wandgetäfer sind
Malereien an Decken und Wänden unmittelbar auf dem hell gehaltenen
Putz in kräftigen stimmungsvollen Farben angebracht. Bei Nacht
werden die Räume durch originelle Kronleuchter aus Bronze und
Holz beleuchtet. Die Entwürfe hiezu, sowie zu den Malereien wurden
von den ausführenden Architekten gefertigt, die es sich angelegen
sein ließen, durchweg originelle gemütliche Räume zu schaffen.
Die Front des Gebäudes gegen die Neckarstraße ist aus Hoch-
dorfer Sandsteinen mit Granitsäulen im Erdgeschoß und die Front
gegen den Garten mit Backsteinverblendern unter Verwendung von
Putz, ausgeführt.
Die Baukosten des Gebäudes, das eine überbaute Fläche von
ca. 1280 qm hat, belaufen sich ohne die Kosten der Stallung auf
rund 400000 Jl.
Mit dem Bau wurde Mitte März 1898 begonnen; an Pfingsten
1899 hatte die Eröffnung der Wirtschaftslokale stattgefunden.
Personatnachrichtm.
Eisenbahnbauinspektor Baurat Ruff in Hall ist in den Ruhe
stand getreten.
Eisenbahnbauinspektor Schmidt in Pforzheim wurde auf seinen
Wunsch nach Hall versetzt.
An Stelle des in den Ruhestand getretenen Hofbauinspektors
Bayer ist Regierungsbaumeister, tit. Bauinspektor Linck in Stuttgart
zum Hofbauinspekior ernannt worden.
«er-n-seaeben «°m würltemb. verein für «aukunde. «i Denselben: «auinspektor «elftling. - Druck non Alfred Müller & fflo. — «erlag von 3. «eise-,
choftmchhandlung, sämtlich in Ltrrltgarr.