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Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baükunde in Stuttgart.
Nr. 2
berücksichtigt wird. Deshalb ist überall neben dem Griechischen
englischer Ersatzunterricht bis zur Untersekunda zu erstatten.
Ausserdem ist in den drei obersten Klassen der Gymnasien,
wo die örtlichen Verhältnisse dafür sprechen, das Englische
an Stelle des Französischen unter Beibehaltung des
letzteren als fakultativen Unterrichtsgegenstand obligatorisch zu
machen.' Auch erscheint es mir angezeigt, dass es in dem
Lehrplan der Oberrealschulen, welcher der Stundenzahl nach
Raum dazu bietet, die Erdkunde eine grössere Fürsorge
findet.
3. In dem Unterrichtsbetriebe sind seit dem
Jahre 1892 auf den verschiedenen Gebieten unverkennbare
Fortschritte gemacht worden. Es muss aber noch mehr
geschehen. Namentlich werden die Direktoren eingedenk der
Mahnung, Multum, non Multa, in verstärktem Masse darauf zu
achten haben, dass nicht für alle Unterrichtsfächer gleich hohe
Arbeitsanforderungen gestellt, sondern die wichtigsten darunter
nach der Eigenart der verschiedenen Anstalten in den Vorder
grund gerückt und vertieft werden.
Für den griechischen Unterricht ist entscheidendes
Gewicht auf die Beseitigung unnützer Formalien zu legen und
namentlich im Auge zu behalten, dass neben der ästhetischen
Auffassung auch die den Zusammenhang zwischen der antiken
Welt und der modernen Kultur ausweisende Betrachtung zu
ihrem Rechte kommt.
Bei den neueren Sprachen ist mit besonderem Nach
drucke die Gewandtheit im Sprechen und sicheres
Verständnis der gangbaren Schriftsteller anzustreben.
Im Geschichtsunterricht machten sich immer noch
zwei Lücken fühlbar: Die Vernachlässigung wichtiger Abschnitte
der alten Geschichte und zu wenig eingehendes Behandeln der
deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts mit ihren erhebenden
Erinnerungen und grossen Errungenschaften für das Vaterland.
Für die Erdkunde bleibt sowohl in den Gymnasien,
wie in den Realgymnasien erwünscht, dass der Unterricht in
die Hände von Fachlehrern gelegt wird.
Im naturwissenschaftlichen Unterricht haben
die Experimente einen grösseren Raum einzu
nehmen und häufige Exkursionen den Unterricht zu beleben.
Bei der Physik und Chemie ist die Anwendung der
technischen Seite nicht zu vernachlässigen. Fin
den Zeichenunterricht — wobei übrigens auch die Be
fähigung, das Angeschaute in rascher Skizze dar
zustellen, Berücksichtigung verdient — ist bei den
Gymnasien dahin zu wirken, dass namentlich die
Schüler, welche sich der Technik, Naturwissen
schaft, Chemie oder Medizin zu widmen ge
denken, von dem fakultativen Zeichen-Unterricht
fleissig Gebrauch machen.
Ausser den körperlichen Uebungen, welche in aus
giebiger Weise zu betreiben sind, hat auch die Anordnung des
Stundenplanes mehr der Gesundheit Rechnung zu tragen,
insbesondere durch eine angemessene Lage und wesentliche
Verstärkung der bisher zu kurz bemessenen Pausen.
4. Da die Abschlussprüfung bei ihrer Einführung
den gehegten Erwartungen nicht entsprochen hat, namentlich
dem übermässigen Andränge zum Universitätsstudium eher
Vorschub geleistet als Einhalt geboten hat, so ist dieselbe bald
zu beseitigen.
5. Die Einrichtung von Schulen nach dem Altenaer
und Frankfurter Lehrplan hat sich für die Orte, wo sie
besteht, nach den bisherigen Erfahrungen im ganzen bewährt.
Durch Realschulen mit umfassendem gemein
samen Unterbau biete sie zugleich einen nicht
zu unterschätzen den sozialen Vorteil.
Ich wünsche daher, dass der Versuch nicht nur in
zweckentsprechender Weise fortgeführt, sondern auch, wo
die Voraussetzung zutrifft, auf breiterer Grundlage erprobt
werde. Ich gebe mich der Hoffnung hin, dass die hiernach
zu treffenden Massnahmen, für deren Durchführung ich auf die
allezeit bewährte Pflichttreue, das Verständnis und die volle
Hingebung der Lehrerschaft rechne, unseren höheren Schulen
zum Segen gereichen und an ihrem Teil dazu beitragen werden,
die Gegensätze zwischen der humanistischen und
realistischen Richtung zu mildern und einem ver
söhnlichen Ausgleich entgegenzuführen.
Das Erscheinen dieses Erlasses bedeutet ohne Zweifel wieder
einen erheblichen Fortschritt in den Bestrebungen der Techniker
um Gleichstellung mit anderen akademisch gebildeten Berufs
kreisen und es ist nur zu wünschen, dass die Bestimmungen
des Erlasses vollständig zur Ausführung kommen.
Personalnachnchten.
Regierungsbaumeister Ber Inger bei der Eisenbahnbau
sektion Nürtingen wurde zum Abteilungsingenieur bei dem bau
technischen Bureau der Generaldirektion der Staatseisenbahnen
befördert.
Bauinspektor a. D. Ditting in Tübingen ist gestorben.
Abteilungsingenieur, Tit. Bauinspektor Lupfer, Vorstand
der Eisenbahnbauinspektion Ulm wurde auf eine Eisenbahn
bauinspektorstelle bei der Staatseisenbahnverwaltung, zunächst
mit dem Wohnsitz in Ulm, befördert.
Dem Architekten Andre Lambert, in Fa. Lambert & Stahl,
in Stuttgart wurde der Titel und Rang eines Baurates verliehen.
Die an der hiesigen technischen Hochschule erledigte Pro
fessur für mechanische Technologie wurde dem Ingenieur Emil
Heyn an der mechanisch-technischen Versuchsanstalt der tech
nischen Hochschule in Charlottenburg übertragen.
Dem Landesbaurat Leibbrand in Sigmaringen wurde von
S. M. dem König das Ritterkreuz 1. Kl. des Friedrichordens
verliehen.
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Hcrausgeg. v. Württb. Verein s. Baukunde.
Redaktion: Reg.-Baumeister Schury, Stuttgart. —Verlag: Südd. Verl.-Anst., G. m. b. H., München.
Druck : G. Franz'sche Hofbuchdruckerei (G. Emil Mayer), München.