Nr. 3
Monatsschrift des Württembg. Vereins für Badkünde in Stuttgart.
25
ganze Reihe von Gebäuden, aus denen die Karlskapelle be
sonders hervortritt; mehr nach links steht die hl. Geistkirche
und dahinter wird die Kirche zu St. Folian sichtbar. Offenbar
war das ganze Mittelaltar hindurch der Platz hinter dem Rat
haus frei, im Jahre 1300 wird er auch ballium genannt, und
hier stand, wie schon der Name Katsch, holländisch Kaak, be
zeugt, ein Pranger.
In Uebereinstimmung mit der Grundrissanordnung von
Ingelheim ist in Aachen die Hauptnische, das Tribunal des
Reichssaales gegen Westen gewandt, und dieser etwa 18 m
im äusseren Durchmesser haltende Ausbau ist als karolingisch
nicht blos einigermassen gesichert, sondern fest nachgewiesen.
Es ist kein Oratorium, noch weniger eine Erkerausweitung,
sondern in ihr ist die basilikale Haupttribuna des Festsaals zu
erblicken. Die fünf Räume im Erdgeschoss, die, wie wir sahen,
zum mindesten karolingischen, wenn nicht früheren Ursprungs
dem jenes deutsche Paradies in seiner ganzen Ausdehnung vom
Spiegel des Rheins und seinen grünen Auen bis zum waldigen
Gebirgsrücken, von Ehrenfels bis Schierstein entgegenlacht. Ein
Teil des Orts ist längs der Landstrasse und des an den Rhein
führenden Seitenwegs gebaut, ein anderer aber, im Winkel
zwischen beiden gelegen und mit Mauer und Graben umgeben,
wird der Saal genannt und umschloss den Palast Karl des
Grossen. Es ist ein Fleck Erde, von dem die ältere Geschichte
unseres deutschen Vaterlandes und zwar in Verbindung mit
ihren glorreichsten Namen so oft spricht, dass die Frage, was
die Steine dort reden, nahe liegt. Schon im Jahre 1766 erschien
von den verdienten Schöpflin in den Actis academiae palatiae
eine Abhandlung über den Kaiserpalast mit vier Kupfertafeln,
derselbe begnügte sich aber mit einer historischen Betrachtung
über die Schicksale des Baues und einer Untersuchung des in
der Remigiuskirche befindlichen Grabsteins. Im Jahr 1852 machte
Figur 4.
sind, entsprechen dagegen wieder ganz der Einteilung im Unter
geschoss des Palastes in Goslar; auch für Aachen ist unbedingt
ein Obergeschoss anzunehmen, welches von aussen nicht durch
innerhalb des Gebäudes liegende Treppen zugänglich war. Bei
allen späteren Pfalzen der sächsischen und hohenstaufischen
Kaiser liegt der Hauptsaal des Palastes nicht zu ebener Erde,
sondern im ersten Stockwerk und ist durch eine oder mehrere
Freitreppen zugänglich, und jedenfalls liegt es näher, für Aachen
eine Uebereinstimmung mit den späteren deutschen Palastbauten
anzunehmen, als mit den um mehrere Jahrhunderte zurück
liegenden Bauten des fernen Ostens.
Die zweite karolingische Pfalz, von welcher noch spärliche
Reste vorhanden sind, ist Ingelheim.
Niederingelheim liegt zwischen Mainz und Bingen auf dem
sanften Abhang, der dem Rheingau gegenüber sich erhebt, und
sodann Oberst von Cohausen die seit Schöpflins Zeiten schon be
deutend zusammengeschwundenen Trümmer zum Gegenstände
einer Abhandlung, und wenige Jahre darauf gab J. P. Lenhard
einen historischen Abriss. Erst der neueren Zeit war es aber
vorbehalten, eingehende Untersuchungen an Ort und Stelle ver
anstalten zu können. Zunächst erschien im Jahrgang 1883 des
Korrespondenz - Blattes der deutschen Geschichts- und Alter
tumsvereine ein interessanter Bericht des Architekten Strügler in
Frankfurt a. M. über die anlässlich eines projektierten Neu
baues auf dem Terrain des ehemaligen Palastes veranstalteten
Nachgrabungen. Besonders wichtig für die Rekonstruktion
der ganzen Anlage sind aber die eingehenden historischen
und baugeschichtlichen Studien, welche Paul Giemen im Jahr
gang 1890 der Westdeutschen Zeitschrift veröffentlicht hat.
Schon die Vorgänger Karls des Grossen hatten einen Palast zu