Nr. 3
Monatsschrift des Württembg. Vereins für Badkünde in Stuttgart.
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hang stand, die Mittelachse trifft genau auf die Mitte der Lang
seite der Basilika, woselbst eine Thüre angebracht war. Der
Grundriss mit der direkt an das Querschiff ansetzende Absis
scheint noch karolingischen Ursprungs zu sein, dagegen ist
der ganze Aufbau mit deu beiden schmalen, den Chor flan
kierenden Türmchen wohl erst aus der Zeit der ersten Ottonen,
die Pilaster, auf welchen die Vierungsbogen aufsitzen, haben
sogar Kapitäle, deren Ornomentmotive einer noch späteren Zeit
angehören. Sicher ist, dass die Kirche nicht erst, wie man
früher glaubte, unter Friedrich I. erbaut worden ist, sondern
damals nur einige Reparaturen erhalten hat. Eine Thüre im
linken Kreuzarm zeigt noch ganz die karolingische Bauweise
(s. Figur 5).
Von besonderem Interesse ist nun, was P. Clemen zur
Rekonstruktion des Palastes beibringt. Mit grosser Gelehrsamkeit
hat derselbe die dürftigen Nachrichten gesammelt, welche bei
Schriftstellern des 8.— 10. Jahrhunderts über Königspaläste
vorkommen. Diese Quellen geben im Zusammenhang folgendes
Schema für den abendländischen Palastbau bis ums Jahr 1000:
zunächst wird eine Fläche als proaulium bezeichnet, ein offenbar
eingezäunter Raum vor dem Hauptthor, dann kommt das Sa-
lutatorium, zur Begrüssung und Empfang der Deputationen, an
den Hauptbau angelehnt, es folgt das Konsistorium, zum Recht
sprechen, zur Unterhaltung und als Aufenthaltsort vor den Mahl-
Bögen von 6,20 m Scheitelhöhe, so dass die ganze Höhe
des Saales auf 10 m angenommen werden muss. Wie schon
angeführt, bestanden die Säulen grösstenteils aus Syenit, einige
aus Granit und Odenwälder Marmor. Im ganzen sind 12 Stück
in der Länge von 3,30 bis 3,47 erhalten, besonders sechs Stück
am Schlossbrunnen zu Heidelberg, andere zu Wiesbaden, Mainz,
Mannheim und in Ingelheim selbst in der Remigiuskirche ein
gemauert. Die Kapitale von weissem Marmor gehören der
Kompositordnung an (s. Figur 6). Sieben davon sind jetzt im
Museum zu Mainz aufgestellt; Basen haben sich keine erhalten.
Der Raum über den Arkaden war nun mit den Gemälden ge
ziert, welche uns Ermoldus Nigellus beschreibt. Auf jeder Seite
waren fünf historische Darstellungen, die je wieder in zwei Szenen
zerfielen. Fünf Könige des Altertums werden immer fünf christ
lichen Herrschern gegenübergestellt, im Anschluss an die sieben
Bücher des Orosius -Ninus und Semiramis, Cyrus und Tomyris,
Phalaris und Romulus, Hamilkar und Hannibal, Alexander und
Augustus waren in der ersten Reihe. In der zweiten zunächst je
zwei Grossthaten des Konstantin und des Theodosius; es folgen die
Thaten der Karolinger. Für Karl Marteil ergibt sich als zweite
Szene der Sieg über die Sarazenen, für Karl den Grossen die
Kaiserkrönnung in Rom, die alsdann den Triumphzug des
Augustus in Rom auf das genaueste entspricht. Der Bilderkreis
im Trichorum ist der erste grosse Gemäldezyklus, der gleich
zeitige historische Vorgänge zum Gegenstand hat, seit den
Tagen der Langobardenkönigin Theudelinde, die ihren Palast
zu Monza mit Szenen aus der Geschichte des eigenen Volkes
ausschmückt. Die Anlage des Trichorum mit dem unverhältnis-
Figur 7. Nymwegen (Situationsplan).
Figur 8. Karolingische Kapelle.
Zeiten, endlich das Trichorium oder Triclinum, der grosse Fest-
und Speisesaal. Die erhaltene nördliche Bogenstellung gleicht
ganz dem Unterbau des karolingischen Thorbaus zu Lorsch, der
nach den Untersuchungen Schneiders als eine Ehrenpforte er
wiesen ist, die mit der Abteikirche in gleicher Achse lag. Da
rüber hat man sich ein weiteres Stockwerk zu denken, zu welchem
vom Salutatorium aus Treppen führen. Dieses Stockwerk nennt
man das Epikaustarium. Beispiele dafür hat man am Palast
Theodorichs zu Ravenna und zu Spalato. Die Decken dieser
Räume sind sind aus Holz zu denken, und als Stütze der
selben nimmt Clemen Säulen an, welche naturgemäss in der
Verlängerung der Achsen der nördlichen Scheidemauern liegen
müssen. Im Konsistorium werden vier freistehende Säulen an
genommen, nebst zwei Wandsäulen, welche das Gebälke tragen.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit gehören hierher die vier an Ort
und Stelle aufgefundenen höchst interessanten Trapezkapitäle
(s. Figur 6), die gestreckte Form ihrer oberen Lagerfläche er
scheint wie geschaffen als Träger für einen Balkon. Vom Kon
sistorium gelangt man über ein paar Stufen in das Trichorum,
einen dreischiffigen Raum von 30 m Länge und 15 m Breite,
genau entsprechend der Regel des Vitruv, nach welcher die
Basiliken in den Privatgebäuden noch einmal so lang als. breit
sein sollen. Der Mittelraum war etwas über 9 m breit, die
Seitenschiffe hatten eine Breite von nur 2 1 / 2 m. Säulen waren
auf jeder Seite 10, mit Kapital ca. 4 1 / 2 m hoch, dieselben trugen
massig breiten Mittelschiff scheint durch den geplanten malerischen
Schmuck in den Verhältnissen bedingt zu sein ; von der Exedra
aus sollte der ganze Zyklus bequem übersehen werden können.
Zwischen der Basilika und der Kirche lag ein grosses Atrium
von fasst quadratischem Grundriss, dessen Säulengallerien offenbar
nur von Holz waren. Von den Gemälden in der Kirche haben
wir gleichfalls eine Beschreibung von Ermoldus Nigellus. In
zwei Bilderfolgen zur Rechten und Linken waren Szenen aus
dem alten und neuen Testament dargestellt. Die 14 Dystichen,
welche die erste Folge schildern, enthalten die Beschreibung
von 13 oder, da die Sintflut und Arche wahrscheinlich zu einem
Bilde vereinigt waren, von 12 Szenen. Ebenso ergeben sich
auf der rechten Sette 12 Szenen des neuen Testaments, da das
letzte Distichon offenbar die Schilderung der Auferstehung
und Himmelfahrt vereinigt. Zwischen beiden Folgen bestanden
Beziehungen, z. B. entspricht der Kindermord des Herodes der
Ermordung Abels, die Opferung Isaaks der Taufe Christi. Diese
Gegenüberstellung von Szenen des alten und neuen Testaments
ist im neunten und zehnten Jahrhundert nichts Ausserge wohn
liches, gleichzeitig entstand der Bilderkreis der Aachener Pfalz
kapelle und der Bilderkreis in St. Gallen. Die Kirche des hl. Re
migius wie der langgestreckte Festsaalbau im Westen des um
grenzten Bezirks waren nur die beiden öffentlichen Mittelpunkte,
um die sich das private Leben mit seinen materiellen Anforder
ungen gruppierte. Wir haben uns eine lange Reihe von Einzel-