Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

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Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukünde in Stuttgart 
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dem Eingang gegenüber fand sich zwischen den Pfeilern des 
Achtecks eine bisher völlig unbekannte Altaranlage, und zwischen 
den benachbarten Pfeilerstellungen traten, aus Backstein ge 
mauert, Schranken zu Tage, die das innere Achteck von dem 
Umgang abschlössen. Weiter zeigte sich, dass ein ganzes 
Drittel der ursprünglichen Pfeilerhöhe durch die Aufschüttungen 
späterer Zeit verdeckt worden war, die dem Bau jenes plumpe, 
unschöne Aussehen gaben, wegen dessen er in der Kunstge 
schichte nur gering geschätzt war. Jetzt, nachdem alle Pfeiler 
freigelegt sind und wir wieder auf der Höhe des karolingischen 
Fussbodens wandeln, kommen alle Verhältnisse zur rechten, 
und von dem Künstler gewollten Geltung. Der obere Umgang 
des Oktogons zeigt gegenwärtig innerhalb der grossen Rund 
bogen, die über den gleichartigen der Unterhalle stehen, je 2 
kleine Rundbogen, von denen die äusseren Ansätze auf dem 
Gesims des Hauptbogens, die inneren vereint auf einer Säule 
mit Würfelkapitäl und attischer Basis ruhen. Die meisten 
früheren Forscher hatten sich für die Ursprünglichkeit dieser 
kleineren Bogen nebst der Säule ausgesprochen und darauf 
auch die Zeitstellung berechnet. Nun zeigte sich aber, dass 
bis zu einer gewissen Tiefe das Mauerwerk unterhalb der 
Säulen zwischen den Pfeilern der Hauptbogen später eingesetzt 
worden war, somit können auch die Säulen und die darauf 
ruhenden Bogen nicht die ursprünglichen sein, und wir müssen 
annehmen, dass auch hier, analog der unteren Halle, freie 
Bogenöffnungen, wenngleich von bedeutenderer Höhe, vor 
handen waren. 
Ausser dieser Kapelle ist aber noch ein weiteres Bauwerk 
auf dem Valkhof, wie man die Burgstätte zu nennen pflegt, 
den Zerstörungen entgangen. Es ist das eine Art romanischer 
Kapellen-Absis, eine Rundhalle, die Kaiser Friedrich Barbarossa 
erbaute (s. Figur 9). Einen Halbrund bildend, schloss sie 
sich ehemals durch einen rechteckigen Vorbau an ein älteres, lang 
gestrecktes Palastgebäude an, von dem wenigstens einige Spuren 
die Schleifung der Pfalz überdauert haben. Malerisch von den 
Bäumen des Parks umschattet, bildet sie heute eine der schönsten 
Ruinen, die mannigfach an die herrlichen Reste der Klosterkirche 
zu Heisterbach erinnern. Unter dem Gesims, das früher das 
Dach trug, wird das Obergeschoss von kleinen Halbbogen um 
säumt, von denen jeder fünfte auf einer schlanken Halbsäule 
mit kunstvollem Knauf und Fuss ruht, während die übrigen 
durch kleinere Tragsteine gestützt werden. Zwischen den 
• Säulen ist jedesmal ein Rundbogenfenster angebracht, das eine 
kräftig profilierte Umrahmung zeigt. Das Untergeschoss ist 
durch Wandpfeiler, die mit den Halbsäulen des Obergeschosses 
korrespondieren, belebt, und ganz unten sind noch 3 Licht 
öffnungen angebracht, welche den jetzt grösstenteils verschütteten 
unteren Raum erhellen. Das Innere der Halle wird durch eine 
weite Halbkuppel überwölbt, deren Bogen auf einem weiss 
marmornen Säulenpaar von seltener Schönheit ruht. Erhalten 
sind auch noch die Wände des Zwischenbaus, der die Rund 
halle mit dem grossen Quergebäude der Pfalz verband, auf 
beiden Seiten sind 3 Rundbogennischen, die durch Säulen mit 
Würfelkapitellen getrennt sind. Diesen Bau für eine Kapelle zu 
halten, wie man früher annahm, ist nach den neuesten Forsch 
ungen unthunlich; es ist nichts als der Raum für die Kathedra 
des grossen Reichssaals, der sich hier anschloss. 
Glücklicherweise sind noch alte Abbildungen und ein 
Grundriss erhalten, welch’ letzterer erst in neuester Zeit im 
Archiv zu Arnheim aufgefunden worden ist und der uns die 
ganze Pfalz, wie sie noch im Jahre 1725 im Wesen stand, er 
kennen lässt. Die Mitte des Palastes nimmt ein gewaltiger 
Turm ein, der Riesenturm, den die übrigen selbst mehrere Ge 
schosse hohen Gebäude in verschiedenen Richtungen umgeben. 
An der südwestlichen Ecke, dem Verkehr der westlich gelegenen 
Stadt am nächsten, finden wir den Eingang zur Burg, durch 
einen staattlichen Thorturm geschützt, neben dem das Pförtner- 
haus an die Ringmauer gebaut ist. 
Vor uns dehnt sich der grosse Wirtschaftshof aus, mit 
einem Brunnenhäuschen in der Milte. Eine oder zwei Durch 
fahrten unter dem langgestreckten Hauptgebäude, das im Erd 
geschoss die Pferdeställe, darübar den Reichssaal und im obersten 
Stockwerk die Kleiderkammern enthielt, führten zu dem zweiten, 
südöstlichen Hofe, der den Zwecken des königlichen Marstalles 
diente; hier ist wieder ein Brunnen, das Wagenhaus und die 
Küche, welche den nördlichen Abschluss des Hofes bildet. An 
den Hauptbau schlossen sich rechts und links Flügelbauten 
an, von denen der nördliche den Eingang zu den k. Gemächern 
enthielt. Von der Eingangshalle aus betrat man durch einen 
kleineren Vorsaal den grossen Festsaal, welcher gegen Westen 
durch einen Korridor begrenzt war. An diesem Festsaal schlossen 
sich die eigentlichen Wohnraume der deutschen Könige und 
Kaiser an. Neben einer roten Kammer finden wir hier die 
„Königskammer“, den ehrwürdigsten Raum der Pfalz, hier 
wohnte und starb am 15. Juni 991 die griechische Kaisers 
tochter Theophano, die Witwe Ottos II., Mutter Ottos III. Hier 
gab 1165 die Gemahlin Friedrich Barbarossas, die reizende 
Beatrix von Burgund, dem Thronerben Heinrich IV. das Leben, 
der dann, noch im jugendlichen Alter, fern von der Heimat, 
auf Sizilien, in Messina den Tod, in Palermo sein Grab finden 
sollte. Vor den östlichen Fenstern der „roten Kammer“ und 
des grossen Saales liegt noch ein kleiner Hof mit einem Lust 
häuschen, westlich neben der Eingangshalle finden wir eine 
„blaue Kammer“, daneben liegt der Riesenturm, der Gefängnisse 
und das Zeughaus beherbergte. Derselbe hat oben einen Zinnen 
kranz und ein steiles Dach mit Laterne (s. Figu '10). In der 
nördlichen Ecke der Burg lag dann die Pfalzkapelle, die mit den 
Schlossgebäulichkeiten in Verbindung stand. 
Von den späteren Kaiserpfalzen kommen hauptsächlich 
Goslar und Gelnhausen in Betracht. Zu Goslar im Harz 
erbaute Heinrich 111. das sog. Kaiserhaus ums Jahr 1050, doch 
reichen die noch stehenden Teile nicht mehr in diese frühe 
Zeit zurück. Der Bau wurde öfter durch Brandunglück heim 
gesucht so schon 1065, dann 1289. Die Fenster des jetzt 
restaurierten Saales bilden je drei, von Säulchen getragene in 
eine gemeinsame Rundbogenblende eingeschlossene Rundbögen. 
Der Treppenvorbau mit seinen Fenstern gehört erst dem 13. 
Jahrhundert an. Die danebenstehende Ulrichskapelle ist ein 
Werk aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, sie zeichnet sich 
durch ihren merkwürdigen Grundriss aus. 
Zu Gelnhausen baute Friedrich Barbarossa nach der 
Mitte des 12. Jahrhunderts jenen reizenden Palast, dessen Trümmer 
noch heute Zeugnis geben von der Pracht und dem Reichtum 
der einstigen Architektur. Erhalten ist der Thorbuu und eine 
Wand des Palas mit dem Hauptportal und gekuppelten Säulen 
stellungen. 
Die Burg zu Nürnberg war niemals eine kaiserliche Resi 
denz, sie war Sitz der Burggrafen von Nürnberg, welche in der 
dortigen Burgkapelle ihr Begräbnis hatten: nur vorübergehend 
diente sie dann und wann, besonders bei Reichstagen zum Auf 
enthalt der Kaiser. Ebenso wenig ist die Saalburg in Franken 
eine Kaiserburg, sie war Eigentum der Bischöfe von Würzburg 
und mehrerer anderer adeliger Geschlechter. 
Von weiteren Reichsburgen sind die bekanntesten Trifels 
in der Pfalz und der Karlsstein bei Prag; beide Orte dienten 
zeitweise zur Aufbewahrung der Reichskleinodien. 
Wie schon erwähnt sind durch die neuesten Untersuchungen 
des Dr. Plath die lange verkannten Denkmäler der deutschen 
Vorzeit wieder in das Interesse gerückt, die archäologische 
Forschung ist in ganz andere Bahnen gelenkt, man begnügt 
sich nicht mehr damit, aufzuzeichnen was der Augenschein 
lehrt oder was diese oder jene Kronik uns über die Geschichte 
der Burg mitgeteilt hat. Man forscht in den Archiven nach 
Urkunden aller Art, besonders nach solchen, welche zugleich 
eine bildliche Anschauung geben können, also: Grundrisse, 
Katasterpläne und dergl. Dann aber auch ist in vielen Fällen 
nur durch Ausgrabungen die Lage der ursprünglich vorhanden 
gewesenen Baulichkeiten zu ergründen, die dann, mit den aus 
den Urkunden gewonnenen Aufzeichnungen in Verbindung 
gebracht, allmählich sich zu einem fassbaren Bilde zusammen 
stellen lassen. Es wäre an der Zeit, die monumentalen deutschen 
Geschichtsquellen in allen 'Peilen der Erde durch methodische 
Untersuchung zu erwecken und damit .eine Flut neuer, geschicht 
licher Thatsachen uns zuzuführen, die bisher ungenutzt schlummern, 
einmal aber erwacht, weite, öde Gebiete unserer Geschichte 
bereichern und fruchtbar machen würde. Bereits ist durch 
Dr. Plath der Weg gebahnt, zu diesem Ziel zu gelangen, seine 
Anregung ist schon in weitere Kreise gelangt; so gelang es 
ihm z. B. in einer im Jahr 1893 auf dem Rathaus zu Nymwegen 
gehaltenen Rede, die statische Behörde für die Ausgrabung so 
weit zu erwärmen, dass die nötigen Mittel verwilligt werden 
konnten. Ein einmütiges Zusammenstehen der deutschen Re 
gierungen und Korporationen könnte Grosses schaffen. Für
	        
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