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Trotzdem solch ein rastlos Treiben
Ganz dazu geeignet war,
vor der Zeit schon aufzureiben
Unsern werten Jubilar,
Sitzt der heut' am Lhrentische
lvuselig wie je einmal
Und beschämt durch Jugendfrische
Manchen andern hier im Saal.
Ja, wenn so die „achtzig" drücken,
Nur als kaum empfund'nes Joch,
Nimmt man leicht auf seinen Rücken
Auch zwei weit're „Dutzend" noch.
Darum sei'» wir ohne Sorgen,
Einstens wird im „Tagblatt" steh'n:
„Herr von Schlierholz der wird morgen
Seinen „hundertsten" begeh'«.
Bauinspektor Pantle überbrachte sodann dem Jubilar den
Dank der württ. Regierungsbaumeister für das Wohlwollen und die
thatkräftige Unterstützung, die er ihren Bestrebungen stets entgegen
gebracht habe.
Baudirektor v. Hänel widmete sein Glas der Familie des
Jubilars.
von Schlierholz erwidert mit jugendlicher Frische den
einzelnen Rednern und giebt seinem Danke für die vielen Ehr
ungen, die ihm an dem heutigen Tage zuteil geworden, beredten
Ausdruck.
Beim Kreisen des Vereinspokals, gewürzt durch sinnige Trink
sprüche, bei Chor- und Sologesängen verflogen rasch die Stunden.
Bis Mitternacht weilte der Jubilar im Kreise des Vereins, während
die Versammlung noch länger in fröhlicher Stimmung beisammen
blieb. Die in schönster harmonischer Weise verlaufene Feier war
ein deutlicher Beweis von der Liebe und Verehrung, die dem Jubilar
von Seiten der gesamten württ. Technikerschaft entgegengebracht wird.
Am Geburtstag selbst, dem 22. Dezember, überbrachte eine
Deputation, bestehend aus den Herren Stadtbaurat Mayer, Bau
direktor v. Hänel, Direktor Walter, dem Jubilar und seiner Familie
die Glückwünsche des Vereins mit einem duftigen Blumenkorb, in
welchem zwei Flaschen nicht minder duftenden Inhalts sich ver
steckten, für welche weitere Ehrung der Jubilar tief gerührt herzlich
dankte und aus dem ihm bei seinem 50jährigen Amtsjubiläum vom
Vereine gewidmeten silbernen Pokale auf das Wohl des Vereins und
das der Herren Deputierten trank, was letztere auf den Herrn
Jubilar erwiderten.
Die neuen Derkehrsverhältniffe Wischen Bayern und Württemberg in |Um
und Ueu-Wm.
Von Bauinspektor Braun in Ulm.
Als durch den Staatsvertrag vom 18. Mai 1810 die früher
reichsunmittelbare und dann bayerische Stadt Ulm an die Krone
Württemberg überging, wurde sie von ihren am rechten Donauufer
liegenden Besitzungen durch die dem Thalweg der Donau folgende
Landesgrenze zwischen den Königreichen Württemberg und Bayern
abgetrennt.
Die länderverbindende Wasserstraße wurde künstlich zu einer
Scheidewand umgeschaffen, welche die eigentlich zusammengehörigen
Flußufer mit den anschließenden Gebieten unter ganz verschiedenartige
Gesetze und Entwicklungsbedingungen stellte und die Erkenntnis der
gemeinschaftlichen Ziele und Interessen und die Pflege derselben
wesentlich erschwerte.
Kein Wunder, daß sich bei solch schwierigen Verhältnissen der
Verbesserung der Verkehrsmittel zwischen den beiden aufblühenden
Städten Ulm und Neu-Ulm wesentliche Hindernisse entgegenstellten.
Im Jahre 1832 wurde die neue Straßenbrücke am Herdbrucker-
thor, die Ludwig-Wilhelms-Brücke, dem Verkehr übergeben. Dieselbe
war eines der bedeutendsten Brückenbauwerke jener Zeit. Die ge
waltigen Quaderbögen stehen für Jahrhunderte fest gegründet, aber
die für damals bedeutenden Maße der Brückenbahn, Fahrweg 6,4 m
breit, 2 Fußwege je 1,75 m breit, reichen für den heutigen Verkehr
nicht mehr aus.
Als im Jahre 1854 die gewölbte Eisenbahnbrücke über die
Donau 650 m oberhalb der Straßenbrücke erbaut wurde, wäre es
leicht möglich gewesen, wenigstens für den Fußgängerverkehr auch
hier einen Uebergang zu schaffen; aber es blieb bei der einzigen Stelle,
auf welche der immer mehr wachsende Verkehr sich zusammendrängen
mußte, während im übrigen nur die zwei ständigen Fähren an der
Wilhelmshöhe und am Gänsthor Ueberfahrtsgelegenheit boten.
Am 20. April 1868 stellte der damalige Fährmann am Gäns
thor, Konrad Molfenter, „Ueberfahrtsbesitzer", wie er sich nannte, das
Gesuch, es möchte ihm, nachdem er „von vielen Personen höheren
und mittleren Standes" dazu aufgefordert worden sei, gestattet werden,
statt der Fähre von alt Athen zur Gänslände einen eisernen Steg
über die Donau herzustellen.
Die Stadtgemeinden Ulm und Neu-Ulm waren jedoch nicht
geneigt, zu einer „Monopolisierung" dieses Verkehrs die Hand zu
bieten, und beschlossen, gemeinschaftlich 2 eiserne Gitterstege, den einen
bei der Eisenbahnbrücke und den andern „bei Athen", auf gemein
schaftliche Rechnung zu erbauen.
Die Pläne für die beiden Fußstege wurden von dem damaligen
Baurat, jetzt Präsident von Schlierholz, gefertigt.
In der Folge beschränkte man sich auf das Bestreben, einen
festen Uebergang bei der Gänslände zu erreichen, und stellte die Frage
der weiteren Ueberbrückung bei der Wilhelmshöhe zurück.
Nachdem sich eine Kommission von Sachverständigen dahin aus
gesprochen hatte, daß die Einstellung eines Mittelpfeilers und somit
die Herstellung des Steges mit zwei Durchflußöffnungen der Aus
führung einer einzigen großen Oeffnung vorzuziehen sei, weil die
erstere Art der Ueberbrückung ein besseres Aussehen habe und mehr
Widerstandsfähigkeit gegen seitliche Kräfte und Schwankungen besitze,
wurde das Einzelprojekt von dem Straßenbaumeister Schimpf,
jetzigem Gas- und Wasserwerkdirektor, ausgearbeitet und von den
Kollegien der beiden Städte, sowie von der Aufsichtsbehörde genehmigt.
Der Entwurf zeigte 2 Oeffnungen mit je 42,5 m Lichtweite,
welche mit abgestumpften Hälblinsenträgern überdeckt waren. Die
freie Breite der Bahn betrug 3,0 m. Die Benützung des Steges
sollte gegen ein Brückengeld von 3 für Person und Gang gestattet
sein. Die diesbezüglichen Verhandlungen wurden in den Jahren 1876
bis 1879 geführt, kamen aber nicht zum Abschluß. — Erst im Jahre
1889 wurde die Frage wieder auf die Tagesordnung gesetzt.
(Schluß folgt.)
«eransgegeben vom Württemd. verein fite ßanhtmi£. Für denselben: Ciderbanrat a.N. ». Srockmann. — Ärnck non Alfred Müller Sc Co. — verlas non 3. Weife'-
chofbuchtzandinng, sämtlich in Ltnttgarr.