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Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukdnde in Stuttgart.
Das Verwaltungsgebäude der Lebensversicherungs- und Ersparnisbank Stuttgart.
wie ein Neubau, und dass es sich nicht so
praktisch hätte einrichten lassen, wie ein neues
Gebäude.
Man entschloss sich daher, einen Neubau
auszuführen. Als Bauplatz wurde ein Grund
stück an der Ecke der Reinsburg- und Silber
burgstrasse einschliesslich der von v. Leins
erbauten Villa Zorn erworben. Die Villa wurde
aber nicht, wie ursprünglich geplant war, ab
gebrochen , obgleich infolgedessen der für den
Neubau noch zur Verfügung stehende Platz eine
verhältnismässig grosse Längen- und geringe
Tiefenausdehnung erhielt.
Das Programm war schwierig. Man stand
vor einer Aufgabe, für deren Lösung kaum ein
Vorbild zum Muster genommen werden konnte,
da bis jetzt nur wenige Versicherungsneubauten
bestehen. Der Geschäftsbetrieb ist ein ganz an
derer als der einer Bank. Da die Geldsendungen
meist von den auswärtigen Inspektoren mit der
Post eingesandt werden, also nur unbedeutende
Beträge vom Publikum direkt eingezahlt werden,
so war beispielsweise kein besonderes Gewicht
auf Zahlstellen mit grossen Vorräumen zu legen,
wie bei Banken, Sparkassen u. s. w.
Das Gebäude ist so angelegt worden, dass
in demselben die voraussichtlich in den nächsten
50 Jahren zu erwartende Vermehrung des Verwaltungspersonals
noch untergebracht werden kann.
Die gewählte Grundrissanordnung ist nachstehend darge
stellt. Die Hauptachse wurde an die Langseite gelegt, und die
Gebäudeteile um einen Lichthof von 8—9 m Breite und 28,58 m
Länge gruppiert. Infolge der ungenügenden Tiefe des Bauplatzes
musste mit den Abmessungen des Lichthofs an die äusserste
Grenze des für die Versorgung mit gutem Licht noch zulässigen
Masses gegangen werden. Das Gebäude erhielt 2 Stockwerke,
von denen die Zimmer und Säle des oberen einstweilen als Ge
schäftsräume vermietet werden, bis sie die Bank selbst für ihre
Zwecke verwenden kann.
Figur 2. Lebensversicherungs- und Ersparnisbank. I. Obergeschoss.
gewählt, trotzdem die Bauleitung der Baukommission dringend die
Ausführung einer Warmwasserheizungsanlage empfohlen hatte.
Die Kanäle für eine künftig einzurichtende künstliche Ventilation
sind vorgesehen. Die Ventilatoren, die Vorwärmer und Luft
befeuchtungsapparate sind zunächst noch nicht eingesetzt. Die
Beleuchtung ist ausnahmslos elektrisch, mit Anschluss an die
städtische Zentrale eingerichtet.
Die Aborte sind mit Wasserklosets eingerichtet, deren
Inhalt vor dem Einlauf in die städt. Kanäle eine Kläranlage
nach dem System Friedrich v. Glass (Leipzig) zu passieren
haben.
Die Fa^ade ist in freibehandelter moderner Renaissance
Aus den Mitteilungen des Herrn Baurat Weigle in der zweiten ordentlichen Versammlung vom 8. Dezember 1900.
Ausführung dieses Bauwesens lag in den Händen der
ME Firma Eisenlohr und Weigle.
Schon vor einigen Jahren plante die Lebensver-
sicherungs- und Ersparnisbank einen Umbau ihres in
der Reinsburgstrasse gelegenen alten Verwaltungsgebäudes. Es
zeigte sich aber, dass ein Umbau halb so viel kosten würde,
LKSr M-SVER-SICHERVNCtS -* F.SSPATfNtSBHWK;
Im Parterre befindet sich die Kassa, die Hauptbuchhaltung,
die Controle der Agentenbuchhaltung, die Prämien- und die
Versicherungsabteilung. Im ersten Stock sind die Zimmer der
beiden Direktoren, das Hypothekenbureau, die Abteilung für
Sterbefälle, das mathematische Bureau, das Organisations-Bureau,
ein Teil des Archivs und ein Sitzungssaal. Ein weiterer Sitz
ungssaal wird später im zweiten Stockwerk 'ein
gerichtet werden. In jedem Stockwerk sind zwe
Warteräume angeordnet, ausserdem eine ge-
mögende Anzahl Nebenräume.
Das grosse Tresorgewölbe ist im Unter
geschoss des Rückbaues ohne Verbindung mit
der Kasse angeordnet. Boden, Decke und Wänds
sind mit starken Betonmauern, mit Einlagen vor
schraubenförmig gewundenen Stahlschienen js
3 m lg. und von rechteckigen Querschnitt 70/K
mm hergestellt. Diese mit dem äussersten Härte
grad versehenen Stahlschienen werden horizonta
und parallel der Wandfläche in mehreren Lageij
so verlegt, dass die Stösse gegeneinander versetzt
sind und zwischen zwei Stäben nur ein Zwischen
raum von 9 cm bleibt. Einbrech-Werkzeuge müsset
bei dieser Anordnung überall auf eine Reihe solch«
Stahlstäbe treffen, an deren schiefen Flächen si(
abgleiten. Für die Aufbewahrung der Versicherungs
urkunden ist über dem Tresor in 4 Halbstock
werken ein feuerfestes Archiv eingerichtet, dessen
Schränke aus Eisen und Glas bestehen.
Zur Erlangung von Projekten für die Heizung
des Gebäudes wurden 4 Firmen zu einem engeren
Wettbewerb eingeladen, aus dem die Firma
Grove-Berlin als Siegerin hervorging. Als
Heizsystem wurde Niederdruck-Dampfheizung
Figur 1. Lebensversicherungs- und Ersparnisbank. Erdgeschoss.
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