Nr. 6
Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukdnde in Stüttgart.
5,5
2. Der Verband zahlt dem Verein zu Hannover als Bei
hilfe zur Fortsetzung seiner Zeitschrift 4000 M. in vier Jahres
raten von je 1000 M. Die erste Rate am 1. September 1901,
die folgenden je am 1. April.
3. Der Verband übernimmt die gesamten Kosten des
Verfahrens.
4. Der Verein zu Hannover liefert dem Verbände in
diesen vier Jahren der Beitragszahlung je 10 Exemplare seiner
Zeitschrift, die zum Preise von je 14 M. an nicht dem
Hannoverschen Verein angehörige Verbandsmitglieder ver
kauft werden dürfen.
5. Der Vergleich ist hinfällig, wenn die Abgeordneten-
Versammlung nicht bis zum 1. September d. Js. ihre Zu
stimmung gibt.
Dieser Einigungsvorschlag ist von den Parteien ange
nommen worden.
Durch denselben entstehen dem Verbände keine be
sonderen Unkosten, da die Kosten des Verfahrens aus den
Ersparnissen dieses Jahres bezahlt, die jährlichen Beiträge
aber aus den durch das neue Veibandsorgan, die Deutsche
Bauzeitung, der Verbandskasse zufliessenden Einnahmen ge
deckt werden können.“
Mit der formellen Genehmigung dieses Einigungsvorschlags
auf der Abgeordneten-Versammlung dürfte dann die Sache end-
giltig zum Abschluss gebracht werden.
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Die Bodenseegürtelbahn.
Vortrag des Herrn Baurat Neuster in der vierten ordentlichen Versammlung vom 16. Februar 1901.
@ ie auf dem schweizerischen Ufer des Bodensees gelegenen
Städte sind schon seit Jahrzehnten durch eine von West
nach Ost ziehende Eisenbahn verbunden und an den
Weltverkehr angegliedert. Ebenso besitzen die Städte
Lindau und Bregenz schon seit langem unter sich und mit dem
schweizerischem Bahnnetz eine Bahnverbindung.
Dagegen entbehrten die auf dem deutschen Ufer befind
lichen Orte bis auf die neueste Zeit einer solchen. Namentlich
war es die Bahnlinie Friedrichshafen—Lindau, deren Ausführung
württembergischerseits schon seit 40 Jahren angestrebt wurde.
Petition um Petition bestürmte den Landtag. Unser geehrtes
Ehrenmitglied Herr Präsident a. D. von Schlierholz hat seiner
zeit als Abgeordneter des Bezirks Tettnang die Bahnverbindung
Friedrichshafen—Lindau aufs lehafteste unterstützt; ein Erfolg
konnte aber damals nicht erzielt werden, da Bayern in der Be
fürchtung, dass Lindau durch die neue Bahnanlage an Bedeutung
verlieren würde, sich dieser Bahn wiedersetzte. Erst nachdem
die auf dem bayerischen Gebiet liegenden Gemeinden des Boden
seeufers und die Stadt Lindau selbst die Verbindung mit Fried
richshafen betrieben, liess Bayern seinen Widerstand fallen und
schloss am 31. Oktober 1895 mit Württemburg einen Staats
vertrag ab, in dem festgelegt wurde, dass innerhalb eines Zeit
raums von vier Jahren eine Eisenbahn von Friedrichshafen über
Langenargen nach Lindau gebaut werden solle. Die Bahn
solle zunächst eingeleisig hergestellt, die Grunderwerbung aber
für zwei Geleise bemessen werden. Jeder der beiden Staaten
baut bis zur Landesgrenze. Der Fahrdienst auf der ganzen
Strecke soll der bayerischen Eisenbahnverwaltung unter Annahme
der Naturalausgleichung übertragen werden. Letztere Forderung
wurde bayerischerseits damit begründet, dass es bei den be
schränkten Raumverhältnissen des Bahnhofs Lindau nicht möglich
sei, eine fremde Verwaltung in diesem Bahnhöfe aufzunehmen.
Der Bau der Bahn Friedrichshafen—Lindau wurde im Herbst
1897 begonnen und die Strecke am 1. Oktober 1899 dem Be
triebe übergeben.
Bezüglich einer Bahnverbindung von Friedrichshafen gegen
Baden wurde schon in dem zwischen Württemberg und Baden
über die Erstellung weiterer gegenseitiger Bahnverbindungen
am 18. Oktober 1865 abgeschlossenen Staatsvertrag eine Ver
einbarung getroffen.
In diesem Staatsvertrag war für die Erstellung einer Eisen
bahn von Friedrichshafen nach Immenstadt oder Markdorf eine
Baufrist von 12 Jahren vorgesehen, dabei aber vorausgesetzt,
dass während dieses Zeitraumes auch der von Baden zu er
bauende Teil der Bodenseegürtelbahn von Immenstadt (Markdorf)
bis Stockach hergestellt werde. Diese Baufrist von 12 Jahren,
die von dem Zeitpunkt der Sicherstellung der Bahn Friedrichs
hafen-Lindau beginnen sollte, wurde durch den am 29. Dezember
1873 zwischen Württemberg und Baden abgeschlossenen Staats
vertrag dahin abgeändert, dass ohne Rücksicht auf eine etwaige
Fortsetzung der Bahn von Friedrichshafen bis Lindau die Bahn
von Friedrichshafen nach Immenstadt oder Markdorf, von
Württemberg innerhalb acht Jahren herzustellen sei, vorausge
setzt, dass badischerseits in derselben Zeit die Fortsetzung der
Bahn von Immenstadt oder Markdorf an die Linie Radolfzell—
Messkirch gebaut würde
Die festgesetzte Baufrist von acht Jahren lief indessen ab,
ohne dass von gegenseitigen Abmachungen Gebrauch gemacht
wurde. Inzwischen wurde badischerseits die Bahnstrecke Steh
ringen—Ueberlingen gebaut und im Sommer 1895 dem Betrieb
übergeben. Nachdem des weiteren am 31. Oktober 1895 der
Staatsvertrag zwischen Württemberg und Bayern über den Bau
der Strecke Friedrichshafen—Lindau abgeschlossen war, wurden
aufs neue Verhandlungen mit Baden über den Bau einer Linie
Friedrichshafen—Ueberlingen aufgenommen, die in dem Staats
vertrag vom 11. Dezember 1897 ihren Abschluss fanden. Während
nach den früheren Staatsverträgen Württemberg die Bahn von
Friedrichshafen bis nach Immenstadt oder Markdorf zu bauen
und zu betreiben gehabt hätte, wurde in dem neuen Vertrag
vereinbart, dass jeder der beiden kontrahierenden Staaten den
Bau und Betrieb der Bahn für sein Gebiet auf eigene Rechnung
unternehme, das heisst, dass Württemberg nur bis zur Landes
grenze baue. Bezüglich des Baues der Bahn wurde bestimmt,
dass dieselbe innerhalb eines Zeitraumes von sechs Jahren, das
heisst bis zum 31. Dezember 1903 in ihrer ganzen Länge in
betriebsfähigem Zustande hergestellt sein und als Haupteisen
bahn nach den Normen für den Bau und die Ausrüstung der
Haupteisenbahnen Deutschlands erbaut werden solle.
Ursprünglich war die Führung der Bahn Friedrichshafen—
Ueberlingen den See entlang über Immenstadt—Haynau—Meers
burg vorgesehen. Durch die Beschlüsse der badischen Landstände
wurde aber die Linienführung über Markdorf—Mimmenhausen—
Oberulchingen gewählt, sodass Meersburg von der Bahn nicht
berührt wird.
Bestimmend für die neue Linienführung war, dass der Aus
führung der Seelinie namentlich bei Meersburg erhebliche Bau
schwierigkeiten entgegenstanden und dass bei der mehr landein
wärts gelegenen Frage ein grösseres Verkehrsgebiet erschlossen
werden konnte. Mit dem Bau der Linie Ueberlingen — Friedrichs
hafen wurde auf badischer Seite im Herbst 1899, auf württem-
bergischer Seite erst im Dezember 1900 begonnen. Die Inbe
triebnahme der ganzen Strecke ist auf den 1. Oktober 1901 in Aus
sicht genommen.
Die Länge der Bodenseegürtelbahn von Lindau bis Steh
ringen beträgt im ganzen rund 69 km, wovon entfallen
auf bayerisches Gebiet ca. rd. 9.— km.
„ württemb. „ „ „ 21.5
„ badisches „ „ „ 38.5 „
Auf der bayerischen Strecke liegen drei Stationen: Enzisweiler
(für das Bad Schlichen), Mitten (zugleich für Wasserburg) und
Nonnenhorn.
Auf der württembergischen Strecke fünf Stationen : Hemig-
kofen, Nonnenbach, Langenargen, Eriskirch, Friedrichshafen und
Fischbach.
Auf der badischen Strecke zwölf Stationen, nämlich: Klustern,
Markdorf, Bermatingen, Mimmenhausen, Oberuhlchingen, Nuss
dorf, Ueberlingen, Hödingen, Lipplingen, Ludwigshafen, Espa
singen und Stehringen. Von der Station Mimmenhausen wird
eine Zweiglinie durch das Salemer Thal bis Frickingen erstellt,
die ohne Zweifel später ihre Fortsetzung nach Pfullendorf finden
wird. Von der Station Oberuhlchingen wird eine kurze Stich
bahn nach der am Bodensee gelegenen, der Mainau gegenüber-