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Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart.
Nr. 7
einer einfachen Plungerpumpe verbunden und dünnflüssiger
Cement in das Rohr gepumpt. War der Untergrund gesättigt,
so wurde das Rohr weiter in die Höhe gezogen, wiederum
Cementmilch eingepumpt und so fort, bis das Rohr ganz aus
dem Untergrund gezogen war. Bei den nächsten im Unter
grund steckenden Röhren wurde sodann der Reihe nach ebenso
verfahren.
An der Donau ergab sich, dass die Aufnahmefähigkeit des
Untergrunds unmittelbar über dem Felsen ausserordentlich gross
war, sodass dieser Teil des Untergrundes aus Befürchtung, es
möchten die bewilligten Mittel überschritten werden, mit Cement
nicht gesättigt wurde.
Die Ausgrabungen des so behandelten Untergrundes an der
Donau und in der Kiesgrube im Frühjahr 1893 hatten folgendes
Ergebnis: Da, wo der Kiesgrund keinen oder wenig Sand hatte,
war der Cement auf mehrere Meter Entfernung vom Rohr ab
geflossen. Je feiner und dichter gelagert und in je grösserer
Menge der Sand jedoch vorkam, desto weniger weit hatte sich
der Cement vom Rohr entfernt. Hier wurde der Cement durch
den Sand förmlich filtriert. Ueber all war der Cement
gut erhärtet, insbesondere auch im wasserhaltigen
Untergrund. Je schwieriger in sandarmem Kies
also die Wasserhaltung ist, desto wirkungsvoller
und weitgehender ist die Befestigung des Unter
grunds durch Einführen von dün n flüssigem Cement.
Da bei dem lockeren Kiesgrund der Baustelle eine Wasser
haltung ausgeschlossen erschien, so wurde beschlossen, bei den
Brückengründungen von diesem Verfahren Gebrauch zu machen.
Zur Befestigung des Untergrunds am linken Ortwiderlager
wurde eine Baugrube von rund 7 m Breite in der Strassen-
richtung und 10 m Länge in der Flussrichtung bis auf 30 cm
über Mittelwasser ausgehoben und in ihr, auf Eisenbahnschienen
laufend, ein eiserner Laufkrahnen auf Böcken mit einem
Schraubenflaschenzug von 3000 kg Tragfähigkeit zum Auf
ziehen der Röhren aufgestellt. Das Eintreiben der Röhren er
folgte in 50 cm Entfernung, wie bei den beschriebenen Ver
suchen. Zum Einpumpen wurde eine neue grössere Plunger
pumpe verwendet.
Diese hatte ein Manometer, vor dem ein Röhrenwassersack
mit Erdöl gefüllt war, um das Eindringen von Cementmilch in
das Manometer zu verhindern oder unschädlich zu machen.
Im allgemeinen zeigte sich hiebei, dass, wenn das Manometer
einmal angefangen hatte, einen leichten Druck anzugeben, der
Druck sich bei weiterem Pumpen sehr rasch steigerte. Hieraus
ist zu Schliessen, dass für gewöhnlich bei dem durch flüssigen
Cement gesättigten Untergrund eine weitere Cementmenge durch
Erhöhung des Drucks nicht mehr eingebracht werden kann.
Auf diese Weise wurden unter dem linken Ortwiderlager
300 Röhren in den Untergrund getrieben und in diesen hiedurch
38 500 kg Cement eingeführt. Der Cementverbrauch bewegte
sich von 25 kg bis zu 4000 kg, im Durchschnitt zu 125 kg
für ein Rohr. Der Gesamtarbeitsaufwand betrug 220 Tag
schichten, sodass auf ein Rohr 0,73 Tagschichten und auf
1 m eingetriebene Rohrlänge 0,22 Tagschichten entfallen. An
einzelnen Stellen war die aus sandigem Kies bestehende Sohle
der Baugrube durch die Cementeinpressung bis zu 30 cm gehoben.
Nach Beendigung des Verfahrens am linken Ortwiderlager
wurde die Baugrube weiter ausgehoben, wobei alsbald zusammen
hängende Massen von teils festem Beton, teils reinem erhärtetem
Cement sich zeigten. Die einzelnen Röhrengänge setzten sich
alle bis zur Oberfläche der anfänglichen Grubensohle fort und
hatten teils als reiner Cement, teils als Beton hohe Festigkeit.
Der 2,5 bis 3,3 m mächtige Klotz des so befestigten Unter
grunds wurde mit dem Stossbohrer an 10 Stellen durchbohrt.
Bei vier Bohrlöchern wurde in 0,35—0,4 m Tiefe unter der
Betonoberfläche sehr fest gelagerter, körniger Sand von 0,5 bis
0,6 m Mächtigkeit angetroffen, der wenig Cement aufgenommen
hatte, aber belastete Eisenstäbe mit 8 at Druck ohne jede Ein
senkung der Stäbe trug. Unter diesen festen Sandlagern wurde
wieder Beton bis zum Felsen durchbohrt. Auch hier waren
über dem Felsen die Röhren beim Einrammen ganz besonders
leicht eingedrungen und es hatte der Untergrund hier am meisten
Cement aufgenommen.
Beim linken Mittelpfeiler war beabsichtigt, die inzwischen
eingetriebenen und bis zum Felsen reichenden Spuntvvände der
12 m langen und 5,4 m breiten Baugrube derart zu dichten,
dass eine Wasserhaltung möglich war. Zu diesem Zweck
sollte an der Baugrube, sowohl innerhalb als ausserhalb der
Sppntwände, eine Kieswand von je 1,0 m Breite durch Ein
führen von Cement befestigt werden. Auf jeder Seite der
Spuntwand wurden deshalb drei Rohrreihen, die erste Reihe innen
und aussen dicht an der Spuntwand, in 50 cm Abstand und
die Röhren der beiden der Spuntwand zunächst gelegenen
Reihen in ebenfalls 50 cm Abstand unter sich eingetrieben. In
den von den Spuntwänden am weitesten entfernten zwei Röhren
reihen erhielten die Röhren 1 m Abstand. Da auf der äusseren
Seite der Spundwände sowohl beim linken als beim rechten
Mittelpfeiler zur Dichtung ein etwa 0,8 m breiter Lettenschlag '
angebracht war, der von der Flusssohle bis über den Wasser- i
Spiegel reichte, so wurden die Röhren durch diesen hindurch
getrieben. Nach Beendigung der Arbeit fand sich beim Auf- ]
decken der Grube innerhalb der Spuntvvände bis auf 0,60 m
Tiefe und 1,0—1,5 m Breite ein sehr guter Betonkörper, dann
aber auf eine weitere Tiefe von 0,4— 0,5 m eine so fest
gelagerte Sandschichte vor, dass diese nur mit dem Pickel
gelöst werden konnte. Durch diese Sandschichte führten die
Rohrgänge als Cementsäulen hindurch. Unter dieser Sand
schichte wurde überall zusammenhängender Beton durch die
ganze Baugrube angetroffen, dessen Zusammenhang mit dem]
Felsen durch Bohrlöcher festgestellt wurde. Der obere auf den
Cementsäulen stehende Betonwulst wurde zur Erzielung einer
gleichmässigen Gründung entfernt; bei dieser Arbeit kam die
Härte des noch recht jungen Betons ganz empfindlich zum ■
Ausdruck. Für diesen Mittelpfeiler waren 350 Röhren mit
einem Arbeitsaufwand von 285 Tagschichten oder durch
schnittlich von 0,81 Tagschichten eingetrieben und 3000 kg
Cement oder durchschnittlich 95 kg Cement für ein Rohr ver- i
wendet worden. Mit Ausnahme von zwei Stellen waren die
Spuntvvände vollständig gedichtet. Die Förderung des an diesen
zwei Stellen eindringenden Wassers verursachte für die eine
Hälfte der Baugrube ziemliche Schwierigkeiten.
Am rechten Mittelpfeiler beschränkte man sich darauf, die
Spuntvvände von aussen, nicht aber von innen zu dichten. Die
Ausführung erfolgte wie beim linken Mittelpfeiler. Das Ergebnis
war ein vorzügliches. Beim Ausschachten der Baugrube drang
an keiner Stelle der Spuntwand Wasser durch, nur vom Felsen j
herauf kam etwas Wasser. Eine klaffende Spuntwandfuge
zeigte sich mit Cement gefüllt und damit gedichtet und von
hier aus hatte sich der Cement im Innern der Baugrube längs
der Spuntwand bis auf 1,5 m Entfernung ausgebreitet und
Beton gebildet. Für diese Baugrube waren 170 Röhren ein
getrieben und 10000 kg Cement verwendet worden. Der
Arbeitsaufwand war 120 Tagschichten. Auf ein Rohr kommen
somit durchschnittlich 0,70 Tagschichten und 60 kg Cement.
Zu erwähnen ist, dass nach beendetem Aushub der Baugrube
ein Arbeiter durch eigenmächtiges Ausbrechen eines Feldstücks;
unter der Spuntwand einen so erheblichen Wassereinbruch ver-l
unsachte, dass dieser durch die Kreiselpumpe von 25 Sekunden-!
liter Leistungsfähigkeit nicht mehr bewältigt werden konnte.?
Die Einbruchstelle wurde sodann durch Einbringen von Beton]
unter Wasser (ohne Wasserhaltung) wieder gedichtet, sodass]
die Gründung durch Betonierung im Trockenen vom Felsen
aus vollzogen werden konnte. Der in Beton verwandelte Kies-1
Untergrund ausserhalb der Spuntwand wurde gegen die Mittel
öffnung auf die ganze Pfeilerlänge später dadurch gut sichtbar,
dass mehrere Hochwasser hier die Donausohle auskolkten.
Dieser Beton zeigte sich als zusammenhängende feste, unregel
mässig abgegrenzte Masse*).
*) Zu dem vorbezeichneten Verfahren der Untergrundbefestigung
ist noch zu erwähnen, dass sowohl beim Umbau der Donaubrücke in
Untermarchthal im Jahre 1898, als bei dem Neubau der Rottumbrücke
in Laupheim an der Staatsstrasse Nr. 49, Ulm—Friedrichshafen, im
Jahre 1900, das Verfahren dazu angewendet wurde, die in den Unter
grund getriebenen eisernen Jochpfähle mit Cement einzufüllen, um
sie gegen Rosten zu schützen.
Die Entfernung der Röhren betrug hiebei 25 cm.
In Laupheim wurden die Röhren erstmals nicht mit dem Ramm
klotz eingetrieben, sondern mit den eisernen Klemmbacken beschwert
und durch Verbindung des oberen Rohrendes mit der städtischen
Wasserleitung mit einem Druck von 2,5 at ohne Rohrspitzen in den
kiesigen Untergrund eingespült.
Die Einspülung auf 3 m Tiefe war für jedes Rohr in 1 —5 Minuten
beendet. Die fahrbare Druckpumpe für den Dampfwalzbetrieb übte I,
dieselbe Wirkung wie das Wasser der Wasserleitung aus, nur waren 1
zur Bedienung der Pumpe sechs Arbeiter nötig. Die Cementmilch wurde
in Laupheim nicht mehr eingepumpt, sondern bloss durch Trichter in /
die Röhren eingeschüttet. Das Verfahren des Einspülens der Röhren J
und des Einschüttens von Cement hat sich besonders gut bewährt.