Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

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Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart. 
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Vorschlag des Magistrates, in allen übrigen Städten durch einen 
gemischten Wahlausschuss. Die Wahl erfolgt überall auf 
Lebenszeit und unterliegt der Bestätigung durch den Regierungs 
präsidenten. Nur in Hannover und Göttingen ist die Prüfung 
als Regierungs-Baumeister Bedingung; auch ist hier allein die 
endgiltige Bestallung nicht von einer Probedienstzeit abhängig 
gemacht. Die Pensions-Verhältnisse sind in Hannover nach 
dem Gesetz, betreffend die Anstellung der Kommunal-Beamten 
vom 30. Juli 1819, sonst nach den Bestimmungen für die 
Staatsbeamten geregelt. In den Deputationen haben die Bauräte 
aller Städte Sitz und Stimme. 
Ausser dem Baurat sind in Hannover noch Bauinspektoren 
auf Lebenszeit angestellt, für welche die Forderung der ab 
gelegten Prüfung als Baumeister Regel, aber nicht Bedingung ist. 
3. Westfalen. Hier steht ein Magistrat an der Spitze, 
dem in Dortmund, Bochum, Münster und Bielefeld der Stadt 
baurat als vollberechtigtes Mitglied angehört. Seine Wahl 
erfolgt auf 12 Jahre und bedarf der Bestätigung durch den 
Regierungs-Präsidenten. Mit Ausnahme von Bochum wird 
überall die Ablegung der Regierungs-Baumeister-Prüfung verlangt. 
Probedienstleistung wird nur in Hagen und Hamm gefordert, 
wo der erste Techniker ausserdem nicht Magistratsmitglied ist; 
die Anstellung erfolgt hier auf Lebenszeit, die Wahl durch die 
städtischen Körperschaften. Die Pensions Verhältnisse sind geregelt. 
In Dortmund sind ausser den Bauräten auch noch Bau 
inspektoren und zwar auf Lebenszeit angestellt, die ebenfalls 
die Prüfung als Regierungs-Baumeister bestanden haben müssen. 
Die Vertretung der Bauangelegenheiten im Magistrat, in der 
Stadtverordneten-Versammlung und in den Deputationen erfolgt 
durch die Bauräte und Bauinspektoren. Letztere haben in der 
Bau-, Beleuchtungs- und Strassenreinigungs-Kommission Sitz 
und Stimme und nehmen als Kommissare an den Verhandlungen 
mit anderen Behörden teil. 
4. Hessen-Nassau. In den Städten von Hessen-Nassau 
steht ein Magistrat an der Spitze, dem der oberste technische 
Beamte als vollberechtigtes Mitglied angehört. Bezüglich der 
Wahl und der Pensionsverhältnisse ist nichts Neues zu be 
merken, nur ist hervorzuheben, dass für Frankfurt a. M. keine 
Bestätigung nötig ist. Prüfung als Regierungs-Baumeister wird 
sowohl für die Stadtbauräte, wie für die Stadtbauinspektoren 
verlangt. In Kassel hat der Stadtbauinspektor wie auch der 
Stadtbaume : ster Sitz und Stimme in den Deputationen. In 
Wiesbaden haben diejenigen Stadtbauinspektoren Sitz und 
Stimme, welche als Deputationsmitglieder gewählt sind. 
5. Rhein pro vi nz. In der Rheinprovinz ist die Bürger 
meister-Verfassung vorherrschend; erst in neuerer Zeit 
haben einzelne kleinere Gemeinden sich zur Einsetzung eines 
kollegialischen Magistrates entschlossen und diese Einrichtung 
auch bereits durchgeführt. 
Von sieben Städten des Rheinlandes mit mehr als 100 000 
Einwohnern sind nur in drei derselben die obersten 
technischen Beamten Beigeordnete; in der grössten 
Stadt der Provinz ist zwar ein Techniker Beigeordneter, dagegen 
sind die Stadtbauräte für Hoch- und Tiefbau Beamte. Von 
vier Städten mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern ist nur in 
einer Stadt und von acht Städten mit 30 000 bis 50000 Ein 
wohnern nur in drei Städten der erste Techniker gleichzeitig 
Beigeordneter. 
Die Wahl zum Stadtbaurat bedarf nirgends einer Bestätigung; 
steht dagegen ein technischer Beigeordneter an der Spitze des 
Bauwesens, so bedarf seine Wahl der Bestätigung durch den 
König, wie bei jedem anderen Beigeordneten auch. Staatliche j 
Prüfung wird, mit sehr wenigen Ausnahmen, überall verlangt. 
Probedienstzeit ist vom Beigeordneten nur in Essen und in 
Mülheim a. d. Ruhr verlangt. Die Pensionsverhältnisse sind 
überall geregelt. 
Ein wesentlicher Unterschied in der Stellung des zum 
Beigeordneten gewählten ersten Technikers in den Rheinlanden 
von der des zum Magistrats-Mitgliede gewählten Bau 
rates liegt in seiner Eigenschaft als Untergebener des 
Oberbürgermeisters: er hat zwar die ihm von diesem 
überwiesenen Geschäfte innerhalb gewisser Grenzen selbständig 
und in Vertretung des Oberbürgermeisters zu erledigen, hat 
aber bei Beschlussfassungen durch die Stadtverordneten-Ver 
sammlung, der der Oberbürgermeister präsidiert, nur als 
Referent mit beratender Stimme mitzuwirken. In den Depu 
tationen haben die Beigeordneten nicht überall Sitz und Stimme, 
dagegen haben in einzelnen Städten die ersten und auch die 
zweiten Techniker in den Deputationen sowohl Sitz als auch 
Stimme. 
II. Bayern. 
In Bayern stehen Magistrate an der Spitze der Stadt 
verwaltungen, denen die Bauräte als Mitglieder zweiter 
Ordnung angehören; denn sie haben in denselben nur in 
technischen Angelegenheiten Sitz und Stimme, 
ihre Anstellung ist zunächst nur eine widerrufliche und bedarf 
im Gegensatz zu derjenigen der rechtskundigen Mitglieder keiner 
Bestätigung. Ausser dem Stadtbaurat sind Bauamtmänner und 
Oberingenieure beziehungsweise Bauamtsassessoren angestellt. 
Die Anstellung der Bauräte erfolgt durch den Magistrat mit 
Zustimmung, und die der übrigen Techniker durch den Magistrat 
nach vorgängiger Vernehmung beziehungsweise Zustimmung 
der Gemeinde-Bevollmächtigten. Für die Bauräte wird in der 
Regel Prüfung für den Staatsdienst, im übrigen abgeschlossene 
akademische Bildung verlangt. In München wurde von dem 
jetzigen Inhaber der ersten Stelle einjährige, in den meisten 
anderen Städten sogar dreijährige Probedienstzeit gefordert. 
Die Pensionsverhältnisse sind sehr günstige, da die Pension 
ähnlich jenen der Staatsbeamten mit a / 10 des Gehaltes beginnt 
und bis zu 9 / 10 , für München und Nürnberg sogar bis zum vollen 
Jahresgehalt steigen kann. 
In den Deputationen (Ausschüssen) hat nur der Baurat 
Sitz und Stimme. 
III. Sachsen. 
In den grösseren Städten des Königreichs Sachsen steht 
ein Magistrat an der Spitze der Verwaltung, dem der Stadt 
baurat als vollberechtigtes Mitglied angehört. 
Die Wahl erfolgt durch die Stadtverordneten, zunächst 
überall auf sechs Jahre, im Falle der Wiederwahl auf Lebenszeit, 
in Leipzig dagegen nur auf 12 Jahre. Einer Bestätigung bedarf 
die Wahl nur in Plauen und Zwickau durch den Kreishaupt 
mann. Eine Probedienstzeit wird nicht verlangt. Ausser dem 
Baurat sind in Dresden Stadtbaumeister, sonst Stadtbauinspektoren 
angestellt, für die ebenso wie für die Bauräte Ablegung der 
Prüfung als Regierungs-Baumeister verlangt wird. Die Pensions 
verhältnisse sind geregelte; die Pension beträgt für den Baurat 
nach sechs Jahren 50 pCt. In den Deputationen haben nur die 
Bauräte Sitz und Stimme. 
IV. Württemberg. 
An der Spitze der Stadtverwaltung steht ein Stadtschultheiss, 
dem in Stuttgart noch zwei besoldete Gemeinderäte zur Seite 
stehen; im übrigen besteht das Kollegium aus ehrenamtlichen 
Mitgliedern. Nur in Stuttgart sind Bauräte und ausserdem 
Bauinspektoren angestellt, in Ulm und in Heilbronn gibt es 
nur je einen Bauinspektor für das Tiefbauwesen und einen 
Stadtbaumeister für Hochbau. Mit Ausnahme der letzteren 
sind alle Techniker Regierungs - Baumeister. Keiner der 
Techniker hat im Gemeinde rate und inein er Depu 
tation Sitz und Stimme. Es pflegt jedoch in Stuttgart in 
der Bauabteilung, in den weiteren Städten auch im Gemeinderat 
— beziehungsweise Gemeinderat und Bürgerausschuss — in 
der Regel dem Techniker beratende Stimme und der Vortrag 
der in seinen Wirkungskreis fallenden Gegenstände eingeräumt 
zu werden. Die Wahl erfolgt durch den Gemeinderat im 
allgemeinen auf Lebenszeit und bedarf keiner Bestätigung. Der 
Stadtbaumeister in Ulm ist mit vierteljährlicher Kündigung an 
gestellt. Die Pensionsverhältnisse sind geregelt, doch beginnt 
die Pensionsberechtigung erst nach vollendetem neunten Jahre. 
Der Pensionsbezug steigt von 40 bis 75 beziehungsweise 
80 pCt. des Gehaltes. Probedienstleistung wird nicht verlangt. 
V. Baden. 
In den badischen Städten steht ein Stadtrat, dessen Vorsitz 
der Oberbürgermeister führt, an der Spitze. 
Die Stellung der Techniker ist ebenso be 
schränkt wie in Württemberg; die Pensionsverhältnisse 
sind noch ungünstiger. Beispielsweise erreicht, da die Pensions 
berechtigung erst nach vollendetem zehnten Dienstjahre beginnt 
und nur mit 30 pCt. berechnet wird, in der grössten Stadt, in 
Mannheim, der Pensionsbetrag mit M. 3 500 seine Höchstgrenze.
	        

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