Monatsschrift des Württembg. Vereins für' Baukdnde in Stuttgart.
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No. 2
4. Eingabe an die Kultusministerien der übrigen Bundesstaaten, welche eine eigene technische Hochschule besitzen.
Dresden-Darmstadt,' den 15. Oktober 1901.
Euer Excellenz
s [ beehrt sich der unterzeichnete Vorstand des Verbandes deutscher
ü Architekten- und Ingenieurvereine zur Frage der Anerkennung
t der Staatsbauprüfung als Vorbedingung für die Zulassung zur
Doktor-Promotion an den technischen Hochschulen Deutschlands
ehrerbietigst folgendes zu unterbreiten.
Die Promotionsordnungen der sämtlichen technischen Hoeh-
-i schulen Deutschlands stellen als Vorbedingung für die Zulassung
i zur Doktor-Promotion die Forderung der vorherigen Ablegung
ä der Diplom-Prüfung. Sie erschweren damit denjenigen Tech
nikern, welche die erste Staatsprüfung bereits abgelegt haben
. F oder sich nach Ablegung der ersten Staatsprüfung dem Staats-
^ dienste widmen wollen, die Erlangung der Doktorwürde, da
j sie sich bei der überwiegenden Mehrzahl der technischen Hoch
schulen einer Nachprüfung unterziehen und sich zum Diplom
ingenieur ernennen lassen müssen. Letzteres gilt auch für die
jenigen welche bereits die zweite Staatsprüfung abgelegt haben.
Diese Regelung des Promotionsrechtes, wie sie nach den
bisher vorliegenden Bestimmungen erscheint und wie sie durch
die kürzlich erlassene Diplomprüfungsordnung für die technische
Hochschule in Dresden bereits festgelegt ist, wird nicht nur in
den Kreisen der Studierenden, sondern in den weitesten Kreisen
des Staatsbaufaches schmerzlich empfunden. Sie trifft vor
allem die Architekten und Bauingenieure, welche wohl an
allen technischen Hochschulen z. Z. in der überwiegenden
Mehrzahl die Staatsprüfung ablegen, um sich sodann dem
Staats- bezw. Gemeindedienst zu widmen.
Der Verband deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine,
welcher mit seinen 38 sich auf ganz Deutschland verteilenden
Vereinen mit einer Gesamtzahl von über 7000 Mitgliedern sich
wohl als der Vertreter der deutschen Architektenschaft und der
Bauingenieure betrachten darf, hat es bei dieser Sachlage als
seine Pflicht betrachtet, zu der Krage der Doktor-Promotion an
den deutschen technischen Hochschulen Stellung zu nehmen.
Die XXX. Abgeordnetenversammlung des Verbandes, welche
am 23. und 24. August in Königsberg i. Pr. tagte, hat es als
die Aufgabe des Verbandes festgestellt, dahin zu wirken, dass:
1. die Staatsbaubeamten (Bauführer und Baumeister) in
allen Bundesstaaten unter Vermeidung weiterer Prüf
ungen zur Doktor-Promotion zugelassen werden,
2. die neuen Diplomprüfungsordnungen möglichst einheit
lich für alle Bundesstaaten gefasst und auf alle Ab
teilungen der technischen Hochschulen ausgedehnt werden.
Wir richten an Euer Excellenz die ehrerbietige Bitte, in
diesem Sinne, welcher den Wünschen der überwiegenden Mehr
heit der Staatsbaubeamten entspricht, eine Regelung der Zulassungs
bedingungen zur Doktor-Promotion sowie der neuen Diplom
prüfungsordnungen herbeiführen zu wollen.
Der Vorstand des Verbands deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine.
Der I. Vorsitzende: Waldow. Der II. Vorsitzende: v. Weltzien.
Wir bringen hiermit zur Kenntnis der Verbandsmitglieder,
dass für die diesjährige in Augsburg tagende Abgeordneten- und
WanderVersammlung des Verbandes folgendes vorläufige Pro
gramm in Aussicht genommen ist.
1. Abgeordnetenversammlung:
Freitag, den 29. August, abends: Begrüssung der Ab
geordneten. Sonnabend, den 30. August: Beratungen.
— Sonntag, den 31. August: Schluss der Beratungen. |
Dresden-Berlin, den 31. Januar 1902.
Der Vorstand des Verbandes deutscher
Der Vorsitzend: Waldow.
Feststellung des Protokolls. Nachmittags: Gemeinsamer
Ausflug.
2. Wanderversammlung:
Sonntag, den 31. August, abends: zwanglose Begrüssung.
Montag, den 1. September: Versammlung. Beratungen
und Vorträge. Nachmittags: Besichtigungen. — Diens
tag, den 2. September: desgl. — Mittwoch, den 3 Sep
tember: Ausflug nach Füssen und Hohenschwangau.
Architekten- und Ingenieur-Vereine.
Der Geschäftsführer: Eiselen.
Nachstehend bringen wir eine Eingabe zur Kenntnis der Verbandsmitglieder, welche der Vorstand in Gemässheit der im Vor
jahre durch die XXX. Abgeordnetenversammlung in Königsberg i. Pr. gefassten Beschlüsse gleichlautend an den Reichstag,
den Bundesrat und den Herrn Reichskanzler gerichtet hat. Als Anlage war ein kurzer Auszug aus dem in Königsberg gehaltenen
Vortrage des Herrn Dombaumeisters Arntz beigefügt, dessen Inhalt sich im wesentlichen deckt mit den Ausführungen auf S. 1 85
u. ff. Deutsche Bauztg. 1901 und daher an dieser Stelle fortgelassen ist.
Dresden-Berlin, den 20. Februar 1902.
Der Verbands-Vorstand: Waldow. F. Eiselen.
e - ux 1ST7—snunr.; - ,, -
Eingabe, betreffend Einstellung ständiger Mittel in den Reichshaushalt zum Zwecke der Erhaltung vaterländischer Baudenkmale
und zwar zunächst des Strassburger Münsters.
In seinen grossen geschichtlichen Baudenkmalen, den leben
digen Zeugen einer wechselvollen Vergangenheit, besitzt Deutsch
land einen Schatz, der einen idealen Besitz des gesamten
deutschen Volkes bildet. Diesen Besitz zu bewahren und Un
geschmälert den kommenden Geschlechtern zu erhalten, ist daher
auch eine vornehme Pflicht des Vaterlandes. Im Gefühle dieser
Pflicht und getragen von idealer Begeisterung ist bereits Grosses
geschehen, sind der Kölner Dom, das Münster zu Ulm aus den
Mitteln kunstsinniger Fürsten, des Staates, der Gemeinden und
aus der freiwilligen Beisteuer weitester Volkskreise vollendet und
in alter Pracht wiederhergestellt worden. Aber noch bleibt
vieles auf dem Gebiete zu leisten, harrt noch manches Bauwerk
von geschichtlichem und baukünstlerischem Werte nicht nur
der Vollendung oder der Wiederherstellung in alter Gestalt,
sondern vor allem einer sachgemäßen Pflege und einer nur
mit reichlichen Mitteln möglichen Erhaltung des Bestehenden.
Zu diesen Denkmalen gehört vor allem als eines der edelsten
Werke deutscher Baukunst, als dasjenige, welches dem deutschen
Volke vielleicht gerade, weil es ihm so lange entrissen war,
wohl am meisten ans Herz gewachsen ist, das Werk Erwins
von Steinbach, das Strassburger Münster.
Bereits vor 20 Jahren hat der Verband deutscher Archi
tekten- und Ingenieur-Vereine in einstimmiger Beschlussfassung
dem Wunsche Ausdruck gegeben, es möge die deutsche Nation
nach der glücklichen Vollendung des Kölner Domes den beim
Weiterbau dieses Werkes in langjähriger Ueberlieferung ge
sammelten Schatz kunsthistorischer Schulung und künstlerischer
Erfahrung anderen nationalen Unternehmungen zuwenden und
dementsprechend die Mittel, wie einst für den Kölner Dom, auch
für andere bedeutende Baudenkmale beschaffen, deren Weiterbau
aus den Mitteln einer einzigen Stadt oder eines einzigen Landes
nicht wohl möglich sei. An erster Stelle wurde damals das
Münster zu Ulm, an zweiter das Münster zu Strassburg in Vor
schlag gebracht. Inzwischen ist das erste vollendet, das letztere
dagegen in einem baulichen Zustand, der zunächst den Wunsch
des Weiterbaues völlig zurücktreten lässt vor der Sorge um