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Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart.
No. 6
1. über die bestehenden gesetzlichen Vorschriften, welche der
Berechnung der fraglichen Gebühren im Deutschen Reiche
zu Grunde gelegt werden können, unter den Architekten
und Ingenieuren vollkommene Klarheit verbreite und sie
zu gleichmässiger, ihren Interessen günstigster Anwendung
dieser Vorschriften veranlasse,
2. auf Abänderung der Vorschriften hinwirke, wenn und
insoweit sie den heute berechtigten Ansprüchen der Ar
chitekten und Ingenieure nicht genügen. Um zum Vorgehen
in diesen beiden Richtungen die besten Wege zu finden
und zugleich verwendbares Material zu beschaffen, hat die
Abgeordneten-Versammlung es für wünschenswert erachtet,
dass die Einzelvereine zunächst an der Hand eines von
Baurat Unger - Hannover zu entwerfenden Rundschreibens
die Frage einer Vorberatung unterziehen und darauf sowohl
die in ihrem Kreise gemachten Erfahrungen, als ihre Ansichten
zur Sache dem Verbände schriftlich mitteilen.
Um die dem Verbände von den Einzelvereinen zu gebenden
Auskünfte in gleichmässiger Form zu bringen und sie damit
zur späteren Verarbeitung bestens geeignet zu machen, sind im
genannten Rundschreiben den Vereinen für ihre Vorberatungen
folgende Fragen vorgelegt worden:
1. Welche Erfahrungen liegen vor in Bezug auf
a) die Gebühren-Ordnung für Zeugen und Sachverständige
vom 30. Juni 1878 überhaupt?
b) die Anwendbarkeit ihres § 4 auf technische Gutachten ?
c) die Berechnung des Zeitaufwandes technischer Sachver
ständiger nach höheren Sätzen als 2 Mk. für die Stunde
und insbesondere nach den Sätzen der Gebühren-Ordnung
für Architekten und Ingenieure?
d) die Berechnung von Reisekosten nach höheren Sätzen,
als die Gebühren-Ordnung vom 30. Juni 1878 gewährt?
2. Ist die Herausgabe eines Schemas für Rechnungsaufstellungen
technischer Sachverständiger durch den Verband erwünscht,
um die gleichmässige und zugleich vorteilhafteste An
wendung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften bei
solchen Aufstellungen herbei zu führen?
3. Ist eine Zusammenstellung und Erläuterung der für die
Gebühren-Berechnungen in Betracht kommenden gesetzlichen
Vorschriften durch den Verband in Form einer Denkschrift
erwünscht ?
4. Empfiehlt es sich, von seiten des Verbandes an den Herrn
Reichskanzler eine Eingabe zu richten, worin gebeten wird,
entweder a) um den Erlass einer Verfügung, durch
welche die Architekten und Ingenieure als gerichtliche
Sachverständige allgemein zum Bezüge nicht nur der Ent
schädigungen für Zeitversäumnis und Kosten nach den
Höchstsätzen der Gebühren-Ordnung vom 30. Juni 1878,
sondern daneben auch der angemessenen Vergütungen
für ihre Mühewaltung ausdrücklich berechtigt erklärt werden ?
oder b) um den Erlass einer besonderen Gebühren-Ord
nung für Architekten und Ingenieure als gerichtliche Sach
verständige ?
5. Empfiehlt es sich, zur Vorbereitung der unter 4 erwähnten
Eingaben diejenigen technischen Vereinigungen heranzu
ziehen, welche mit dem Verbände die Gebühren-Ordnung der
Architekten und Ingenieure herausgegeben haben und bezw.
der unter 4 b erwähnten Eingabe einen gemeinsam auf
gestellten Entwurf beizufügen ? —
Die zur Beratung dieser Angelegenheit erwählte Kommission
ist am 5. Februar zusammengetreten und hat beschlossen zu
beantragen, der Verein möchte nachstehende Aeusserung dem
Verband zur Kenntnis geben:
Der Württembergische Verein für Baukunde begrüsst lebhaft
das von Herrn Baurat Unger verfasste Rundschreiben bezüglich
der Gebühren der Architekten und Ingenieure als gerichtliche
Sachverständige und den dadurch gegebenen Anstoss, in einer
für Architekten und Ingenieure wichtigen Angelegenheit Wandel
zu schaffen. Die in demselben gestellten Fragen kann unser
Verein wie folgt beantworten:
Zu 1. Die Erfahrungen, die hier vorliegen, sind gemischter
Art, zeigen aber in den meisten Fällen, dass die betr. Gerichte
Kostenrechnungen nicht beanstandet haben, soweit nicht mehr
als 2 Mk. für die Stunde gefordert wurden. Es sind jedoch
auch Fälle festgestellt, bei welchen Kostenrechnungen auf Grund
der Norm für Architekten und Ingenieure anstandslos honoriert
worden sind. Eine Rolle mag hier allerdings der Umstand
gespielt haben, dass es sich dabei um Sachverständige in her
vorragender Stellung gehandelt hat. Auch runde Summen ohne
Zeitangabe für schriftliche Gutachten sind wiederholt ohne
weiteres genehmigt worden.
Die genannten Fälle haben aber immerhin eine Ausnahme
gebildet und in der Regel wurde von den Gerichten doch streng
auf den Stundensatz von 2 Mk. abgehoben. Bei Reisen wurden
stets die baren Auslagen für Hin- und Rückreise vergütet
Alles in allem sind, wie aus Vorstehendem erhellt, die
gemachten Erfahrungen derart, dass mindestens eine gleich
mässige und dabei für den Sachverständigen möglichst vorteil
hafte Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Gebühren
ordnung festgelegt und bekannt gegeben werden sollte. Unser
Verein beantwortet daher die weiter gestellten Fragen 2 und 3
mit „Ja“.
Bezüglich Frage 4 sind wir für den weiter gehenden Vor
schlag b, dass die betr. Eingabe sich auf den Erlass einer
besonderen Gebühren-Ordnung für Architekten und Ingenieure
als gerichtliche Sachverständige beziehen solle.
Auch Frage 5 wird mit „Ja“ beantwortet, da es von
besonderem Wert erscheint, wenn ein Gesuch um Herbeiführung
jenes Erlasses von möglichst weiten Kreisen unterstützt würde,
um demselben den grösstmöglichen Nachdruck zu geben.
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Die Vorführung der Abwasser-Reinigungs-Versahren auf der Pariser
Weltausstellung 1900.
Von Dr. Ohlmü Her, Geh. Regierungsrat im Kaiserlichen Gesundheitsamt. (Fortsetzung.)
Ein Beispiel mechanischer Klärung, verbunden
mit chemischen Zusätzen, lieferte die Stadt Halle a. S.,
deren Kläranlage ebenfalls durch ein Modell vertreten war. Das
Verfahren (Fig. 2a u. 2b) ist nach seinen Erfindern das Müller-
Nah n s e n' sehe benannt worden. Das Kanalwasser durch
läuft zunächst einen Vorbrunnen (V), in welchem sich schwere
Sinkstoffe, wie Sand und dergl., absetzen, dann gelangt es
durch ein doppelteiliges Zuflussgerinne (Z) nach Behältern (M),
welche auf einer Achse mühlradartig angeordnet sind. Hat sich
ein Behälter gefüllt, so sinkt er durch seine Schwere, dreht
damit die Achse, und ein zweiter Behälter tritt an die Stelle des
vorigen. Durch diese Vorrichtung werden gleichzeitig Becher-
gefässe in Bewegung gesetzt, welche ein chemisches Klärmittel
dem Abfluss zufügen. Hierdurch wird bewirkt, dass die
Chemikalien stets in der richtigen Abmessung zugegeben werden;
nebenher besorgt der Apparat die Bestimmung der Abwasser
menge. Als Klärmittel werden Aluminiumsulfat und lösliche
Thonerde, aufgeschlossener Thon und Kalkmilch verwendet; als
wirksame Niederschläge bilden sich Aluminiumoxyd und Calcium
sulfat. Um das Schmutzwasser mit den Chemikalien innig zu
vermischen, durchlaufen beide mehrere Siebe (S); hierbei werden
auch gröbere Schwimmstoffe, wie Korke, Stroh, Papier und
dergl., zurückgehalten. Das so vorbereitete Schmutzwasser er-
giesst sich in einen zylindrischen, nach unten trichterförmig sich
verjüngenden Klärbrunnen (K,), dessen Tiefe 7,5 m, dessen
grösster Durchmesser 4 m beträgt. Die Abwässer treten durch
einen seitlich angebrachten Einfallschacht (G) etwa 2,5 m über
der Sohle in den Brunnen ein, steigen in demselben langsam
auf, wobei Klärung erfolgt; durch einen Ueberlauf (U) gelangen
sie in einen zweiten Brunnen (K„) von gleicher Bauart zur
Nachklärung und Hiessen dann nach dem Flusse ab. Der an
den Sohlen der Brunnen sich ansammelnde Schlamm wird durch
ein Pumpwerk (P) abgesogen und mittels Filterpressen seines
überflüssigen Wassers entledigt. Die gewonnenen Rückstände
werden an Landwirte unentgeltlich abgegeben.
Die Anlage reinigt die Abwässer von 18000 Bewohnern
der Stadt; sie ist auf eine Leistungsfähigkeit von täglich 2000 kbm
eingerichtet und kostete einschliesslich der maschinellen Ein
richtung 35000 Mark. Die Betriebskosten stellen sich für den
Kopf und das Jahr auf 60 Pfennige.