Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

No. 6 Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukünde in Stuttgart. 33 
An dieser Kläranlage sind charakteristisch die brunnen 
artige Form der Klärbecken, die innige Vermischung des 
Klärmittels mit dem Abwasser, die abgemessene Zugabe 
desselben auf mechanischem Wege und die Wahl der 
klärenden Chemikalien. 
Für diese Anordnung sind Brunnen gewiss zweck 
mässiger als flache Klärbecken. Bei dem langsam auf 
steigenden Strom sinken die Schmutzstoffe und sammeln 
sich auf einem engbegrenzten Raum, sodass sie ohne 
Unterbrechung des Betriebes mittels der Pumpe abgesogen 
werden können. Den Nachteil der aufsteigenden Bewegung 
für das Absetzen der Sinkstoffe und chemischen Nieder 
schläge hat man durch Angliederung eines zweiten Brunnens 
zur Nachklärung ausgeglichen. Hierdurch sind zwar die 
Baukosten erhöht, die Betriebskosten vermehren sich je 
doch nicht. 
Die innige Vermischung des Klärmittels mit dem Ab 
wasser, welche für den normalen Gang der Klärung von 
wesentlichem Belang ist, wird durch die Anordnung von 
Sieben bequem erreicht. 
Für die Wahl der klärenden Chemikalien war die 
Erfahrung leitend, dass durch Aetzkalk, wenn er im Ueber- 
schuss zugesetzt wird, ungelöste organische Stoffe in 
Lösung übergehen, welche die Beschaffenheit des ge- 
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klärten Wassers verschlechtern. Anstatt den Kalk durch die 
in den Abwässern befindliche freie Kohlensäure, deren Menge 
wechselnd ist, als Monokarbonat ausfallen zu lassen, hat man 
eine äquivalente Menge Aluminiumsulfat zugesetzt, welches mit 
dem Kalk in Wechselwirkung tritt und gut wirkende Nieder 
schläge erzeugt. Das normale Abspiel dieser Vorgänge wird 
durch die mechanisch bewerkstelligte quantitative Abmessung 
der Chemikalien geregelt. 
Als Nachteile dieses Verfahrens sind die Belastung der 
Klärrückstände mit minderwertigem Material und die kostspielige 
Beseitigung des überflüssigen Wassers durch Filterpressen zu 
betrachten, in Hinblick darauf, dass das Endprodukt keinen 
Ertrag liefert, sondern kostenfrei an Landwirte abgegeben wird. 
Auch bei diesem Verfahren wird man bei der Einleitung 
des geklärten Wassers in einen Flusslauf mit der Möglichkeit 
des Auftretens von Unzuträglichkeiten rechnen müssen, da die 
gelösten organischen Bestandteile des Abwassers durch dieses 
Klärverfahren nur zum geringsten Anteil ausgeschieden werden. 
Ebenfalls auf mechanisch-chemischer Klärung beruht 
das Eichen’sche Verfahren, welches die Allgemeine Städte- 
reinigungs-Gesellschaft zu Wiesbaden durch Zeichnungen vor 
geführt hatte. Dieses Verfahren (Fig. 3 a u. 3 b) kennzeichnet 
sich durch eine besondere Form der Sedimentierungsbehälter und 
durch die Trennung der Klärung in eine Vor- und Nachklärung, 
pie Sedimentierungsbehälter (S) bilden dadurch, dass die - dem 
Zulauf des Abwassers zugekehrten Wände schräg gestellt sind, 
trichterförmige Räume; eine Eintauchplatte (E) reguliert die 
Strömung des Wassers. Der Schlamm wird durch einge 
setzte, bis zum Boden reichende Rohre (R) abgesaugt. In dem 
ersten Sedimentierungsbehälter (S,) soll nach Zugabe eines 
Klärmittels ein dungreicher Rückstand erzielt werden, in dem 
zweiten (S 2 ) erfolgt die weitere Reinigung des Abwassers, nach 
Umständen verbunden mit Desinfektion. Nach Bedarf werden 
mehrere Sedimentierungsbehälter, in zwei Abteilungen für Vor- 
und Nachklärung getrennt, hinter einander geschaltet. Hieran 
Schliessen sich zwei Filter (F) mit regulierbarem Ueberlauf, 
welche mit Sand, Kies oder Kokes gefüllt sind. 
Das Verfahren wird als Vorreinigung für Untergrund 
berieselung, Bodenfiltration oder für die Oxydationsräume des 
biologischen Verfahrens empfohlen. 
Mit einer besonderen Einrichtung hat Riensch einen 
Klärbrunnen versehen, um dessen Leistungsfähigkeit zu er 
höhen. Die Gesellschaft für Abwasserreinigung und Rückstands 
verwertung zu Uerdingen a. Rh., jetzt zu Berlin-Charlottenburg, 
hatte ein Modell desselben vorgeführt. 
Der Klärbrunnen (Fig. 4 a u. 4 b) wird je nach seiner er 
forderlichen Grösse und seiner ober- oder unterirdischen An 
ordnung entweder als eiserner runder Behälter oder als ge 
mauerter Tiefbrunnen ausgeführt. In der Zeichnung ist ein 
gemauerter Klärbrunnen dargestellt. 
Die obere Hälfte des Brunnens hat senkrechte Wände, 
die untere ist trichter 
förmig gestaltet; in 
der ersteren sind eine 
oder mehrere Säulen 
(Batterien) von,,Klär 
schirmen“ unterge 
bracht (b). Jeder der 
selben besteht aus 
abgestumpften Kegel 
mänteln von Metall 
blech, welche auf ein 
unten geschlossenes, 
oben mit einem seit 
lichen Ablaufrohr (s) 
versehenes Mittel 
rohr aufgereiht sind. 
Zwischen je zwei 
Klärschirmen besitzt 
das Mittelrohr Oeff- 
nungen. Da dessen 
oberes Ende über die 
W asseroberfläche 
herausragt, so kann 
das Wasser im 
Brunnen nur durch 
die schmalen, kegel 
mantelförmigen 
Räume zwischen den 
einzelnen Metall 
blechschirmen und 
weiter durch die er 
wähnten Löcher in 
den Mittelrohren zu 
den Ablaufrohren (s) gelangen. Während des Hindurchfliessens 
wirken nun die Zwischenräume der Klärschirme wie sehr flache 
Absetzgefässe von grosser Bodenfläche, indem die im Wasser 
suspendierten Schlammteilchen nur den Abstand zwischen zwei
	        

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