Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

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Monatsschrift des Württembg. Vereins für bahkunhk in Stuttgart. 
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Maschine von Kuntze oder Schlickeisen und wie sie alle heissen, 
bessere Resultate erzielen würde falls die für unsere Versuche 
im Arbeitsplan vorgeschriebene Arbeitsdauer von sechs Minuten 
für eine Mischungsportion eingehalten werden müsste. 
Es ist nicht bekannt, welche Zeitdauer in Biebrich hiezu 
verwendet worden ist, obwohl gerade dies zu wissen von der 
grössten Wichtigkeit wäre. So viel ist sicher, dass bei diesen 
Laboratoriumsversuchen der Biebricher Beton erdfeuchter 
Mischung, der mit dem Kollergang hergestellt worden ist, einer 
Verarbeitung unterlag, wie diese auf dem Bauplatze auszuführen 
kaum möglich sein dürfte und wie solche bei der Handmischung 
auch tatsächlich nicht möglich war. 
Das gleiche trifft auch bei der Stampfweise des Betons zu. 
Der erdfeuchte Beton wurde in drei Schichten von je 10 cm 
Höhe in die eisernen Formen eingebracht. Jede dieser Schichten 
erhielt 108 Stampfstösse mit dem Normalstampfer. Dies ergibt 
auf einen Würfel von 30 cm im Geviert, also auf 0,3.0,3.0,3 
0,027 cbm 324 Stampfstösse, was auf einen cbm 12 OüO Stampf- 
stösse ausmacht. 
(Mit dem 12 kg-Stampfer bei 25 cm Stosshöhe ergibt dies 
für 1 cbm 36000 mkg.) 
Glaubt nun jemand, dass diese Arbeit auf dem Bauplatze 
geleistet wird und geleistet werden kann? 
Ich muss dies bezweifeln. 
Weiter kommt bei diesen Proben in Betracht, dass in der 
eisernen Würfelform die Verdichtung des trockenen Betons viel 
leichter möglich ist als auf dem Bau, wo beim Stampfen das 
Betongemenge nach allen Seiten ausweichen kann, und endlich 
kommt dem erdfeuchten Beton unserer Proben noch zu statten, 
dass er vor zu schnellem Austrocknen geschützt wurde, indem 
die Probekörper nach deren Herstellung in feuchten Sand ein 
gebettet worden sind. Auch dies verhält sich bei den Aus 
führungen von Beton u beiten auf dem Bauplatze ganz anders, 
und wenn dann im Sommer, an heissen Tagen, der Beton zu 
trocken angemacht wird, was bei erdfeuchter Mischung hie und 
da vorkommen wird, so kann dies geradezu verhängnisvoll 
für ein Bauwesen sein Es ist entschieden besser, der Beton 
erhält etwas zu viel als zu wenig Wasser 
Allerdings muss auch der Wasserzusatz des plastischen 
Betons ein richtig begrenz!er sein. Der Beton darf nicht in 
einem Grade vernässt werden, dass er so weich wird, dass, 
wenn man an den Hausen des fertigen Betons anstösst, dieser 
in allen Teilen in Bewegung gerät, wie dies 
in Biebrich bei dem plastischen Beton ge 
schehen ist. Dieser sogenannte „weiche 
Beton“, der irrtümlicherweise auf den Bieb 
richer Festigkeitstabellen als plastischer Beton 
verzeichnet ist, ist ein Beton, der nach An 
gabe des Eugen Dyckerhoff so viel Anmach 
wasser erhielt, dass er beim Einstampfen in 
die Form eine weiche, dickbreiige Masse 
bildete, welche nicht mehr stampf fähig war. 
Dieser Beton hat daher auch die nie 
drigsten Festigkeitsresultate ergeben und 
kommt bei der Beurteilung des Wasserzu 
satzes als Stampfbeton nicht mehr in Be 
tracht. 
Die Resultate der Elastizitätsversuche 
liefern den Beweis, dass die Zusammen 
pressung des Betons in grosser Ueberein 
stimmung mit der Druckfestigkeit desselben 
steht. Betonkörper mit hoher Festigkeit 
pressen sich weniger zusammen als solche, 
die nur geringen Druck aushalten. 
Auffallend und unerklärlich ist bei den 
Elastizitätsversuchen der Umstand, dass der 
Ehinger Beton in erdfeuchter Mischung, dessen 
Festigkeit bei den Druckversuchen erst in 
dritter Reihe kommt, hier die besten Resultate 
geliefert hat. Beinahe ausschliesslich hat 
dieser Beton die geringste Federung der Län 
geneinheit sowohl bei der Belastung von 
10 000 kg als bei einer solchen von 50000 kg 
auf das Kilogramm. 
Der Biebricher erdfeuchte und der Ehinger 
plastische Beton unterscheiden sich in der 
Elastizität nur sehr wenig von einander und 
fallen bei den Jahresprüfungen die Linien der graphischen Auf 
zeichnung der Federung, also des Elastizitätsmoduls, beinahe 
durchgehends zusammen, während die Federung des weichen 
Betons eine bedeutend grössere ist und auch hier die un 
günstigsten Resultate geliefert hat. 
Wenn nun die eingangs erwähnte Frage: „was ist 
besser, erdfeucht, plastisch oder nass zubereiteter 
Beton?“ noch nicht endgültig beantwortet werden kann, so 
sind diese Versuche doch sehr wertvoll und lehrreich. Vorläufig 
müsste auf Grund der Untersuchungsergebnisse die Antwort 
auf obige Fragen lauten: 
1. mit erdfeuchtem Beton erzielt man eine höhere Festig 
keit als mit plastischem, 
2. mit plastischem Beton eine grössere Sicherheit als mit 
erdfeuchtem Beton, während 
3. nasser, sogenannter weicher Beton kein Stampfbeton 
mehr ist, sondern ein Beton, der nur in speziellen Fällen An 
wendung findet, dessen Beurteilung daher einer besonderen 
Prüfung und Abhandlung unterliegt. 
Falls daher zur Aufbereitung des Betons gute Maschinen 
zur Verfügung stehen, wenn die Bauleitung und der Unter 
nehmer gute Aufsicht und Kontrolle führen, wenn die Ver 
arbeitung des Betons nicht durch gewöhnliche, sondern durch 
eingeübte, zuverlässige Arbeiter geschieht und der Beton bei 
kühlem Wetter angefertigt wird, dann ist die Anwendung des 
erdfeuchten Betons angezeigt und am Platze. 
Trifft dies jedoch nicht zu, sondern geschieht die Auf 
bereitung des Betons von Hand, was zurzeit wohl in 90 von 
100 Fällen zutreffen wird, ist die Aufsicht über die Arbeit etwas 
mangelhaft oder wird die Betonierung durch gewöhnliche Arbeiter 
ausgeführt, gar im Sommer bei grosser Hitze und trockenem 
Wetter, so ist ganz bestimmt der plastische Beton dem erd 
feuchten vorzuziehen. 
Wenn auch bei unseren Untersuchungen Resultate gefunden 
worden sind, die im Widerspruch zu einander stehen, wenn 
bei der Anfertigung der Probekörper Fehler gemacht worden 
sind, die die Versuchsergebnisse beeinträchtigen, so verlieren die 
Versuche nicht an Wert. Gerade dadurch, dass an den beiden 
Versuchsstellen nicht schablonenmässig gearbeitet worden ist, 
dass sowohl die Aufbereitung als auch Verarbeitung des Betons 
etwas verschiedenartig ausgeführt wurde und auch die Lagerung 
der Probekörper eine abweichende war, kommen die Versuchs-
	        

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