Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

Art. 25. 
Die Höhe der Gebäude an Ortsstrassen darf, von der Ober 
fläche der Strasse bis zur Dachtraufe gemessen, die Breite der Strasse 
um mehr als 2 m nicht übersteigen. Bei Gebäuden, welche hinter 
die Baulinie zurückgesetzt werden, kann von der Baupolizei 
behörde eine entsprechend grössere Höhe zugelassen werden. 
Ist die Strasse längs des Gebäudes nicht gleich breit oder 
ansteigend, so sind die Durchschnittsgrössen für die Höhe mass 
gebend. 
Bei Quer- oder Zwerchhäusern, sowie bei Dächern, deren 
Neigungswinkel gegen die Strasse mehr als 60° beträgt (Man 
sardendächern), ist die ganze Höhe derselben mitzumessen; bei 
Giebeln, welche gegen die Strasse gerichtet sind, ist die halbe 
Dachhöhe in das zulässige Höhenmass einzurechnen. Ausser Be 
rechnung bleiben Giebel, Türme und ähnliche Aufbauten, wenn 
sie von massigem Umfang und im wesentlichen zur Verschönerung 
des Gebäudes bestimmt sind. 
Auf Gebäude an öffentlichen Plätzen und an Strassen, welche 
nur auf einer Seite angebaut werden dürfen, sowie auf Kirchen 
finden vorstehende Bestimmungen keine Anwendung. 
Bei Gebäuden, welche an mehrere Strassen anstossen, bleibt 
es dem Ermessen der Baupolizeibehörde überlassen, zu bestimmen, 
ob die Höhe der Gebäude nach der Breite einer einzelnen Strasse 
oder unter Berücksichtigung der Breite auch der übrigen Strassen 
bemessen werden soll. 
Im übrigen bleibt dem Ortsbaustatut vorbehalten, hinsicht 
lich der zulässigen Höhe der Gebäude einerseits weitergehende 
als die aus vorstehendem sich ergebenden Beschränkungen fest 
zusetzen, anderseits für Strassen von nicht mehr als 10 m Breite 
in alten Ortsteilen eine grössere als die in Abs. 1 bestimmte 
Gebäudehöhe zuzulassen und in beiden Fällen über die hiebei 
etwa zulässigen oder erforderlichen Abweichungen von den all 
gemeinen ortsbaustatutarischen Vorschriften über die Bauart der 
Gebäude Bestimmung zu treffen. 
Art. 28. 
Ausnahmen von den Vorschriften des Art. 26 Abs. 3 und Art. 27 
Abs. 1 und 2 können in Orten und Ortsteilen mit vorherrschend 
landwirtschaftlichem Betrieb durch Ortsbaustatut oder im einzelnen 
Palle zugelassen werden. 
Des weiteren können Ausnahmen von den bezeichneten Vor 
schriften unter angemessenen Bedingungen dann zugelassen werden, 
wenn eine dem Bedürfnis entsprechende innere Einteilung des 
Gebäudes bei Einhaltung jener Vorschriften erheblich erschwert ist. 
An den Vorderseiten des Gebäudes dürfen jedoch über die 
Umfassungswand vortretende Abtrittgehäuse nicht angebracht 
werden. 
Bestehende Einrichtungen sind nach den Vorschriften der 
Art. 26 Abs. 3 und 4 und Art. 27 Abs. 1 und 2 abzuändern, 
sobald dies erhebliche polizeiliche Gründe erheischen. 
Art. 39. 
Werden auf den zusammenhängenden Grundstücken desselben 
Eigentümers mehrere Gebäude, welche samt Zwischenräumen im 
ganzen eine Länge und Tiefe von nicht mehr als 25 m erreichen, 
unmittelbar aneinander oder in einem gegenseitigen Abstande von 
weniger als 2,3 m (Art. 38 Abs. 1) errichtet, so kann unbeschadet 
der Vorschriften in Art. 42, 43, 44, 45 Abs. 5, Art. 55 und 
56 die Herstellung von Brandmauern zwischen diesen Gebäuden 
Zu Art. 25. 
Es dürfte sich empfehlen, statt nach der Dachtraufe nach 
dem Schnitt der Dachfläche mit dem Hausgrund die Höhe der 
Gebäude zu bemessen. Hiedurch wird die Gebäudehöhe unab 
hängig von der mehr nebensächlichen Ausbildung des Haupt 
gesimses oder der Dachtraufe gemacht, und etwaige missbräuch 
liche Verschiebungen der Dachtraufe, um an Gebäudehöhe zu 
gewinnen, werden auf diese Weise erschwert. 
Die vorgeschlagene Fassung des Absatz 3 beabsichtigt, dem 
Baumeister mehr Freiheit in der Anordnung des Aeussern des 
Gebäudes zu geben und unnötige Härten in der Bewertung der 
Zwerchhäuser, Giebel usw. bei der Einrechnung dieser Gebäude 
teile in die zulässige Gebäudehöhe zu vermeiden; dabei kommt 
auch der dehnbare und unsichere Ausdruck bezüglich des „massigen 
Umfangs“ und „der Verschönerung des Gebäudes“ in Wegfall. 
Der letztere Vorschlag ist im wesentlichen der Vorschrift des 
§ 25 Abs. 6 der bayerischen Bauordnung vom 17. Februar 1901 
entnommen. 
Im Abs. 4 ist die grösste Höhe von Wohngebäuden mit. 
20 m festgesetzt. Es ist erwünscht, eine Maximalhöhe in das 
Gesetz aufzunehmen, um übermässig hohe Gebäude nach dem 
Vorgang anderer Bauordnungen auszuschließen. Diese Einschrän 
kung, welche öffentliche Gebäude, Theater u. dergl. nicht trifft, 
erscheint umsomehr geboten, als eine Beschränkung der Ge 
schosszahl in den Entwurf nicht aufgenommen worden ist. Im 
Stuttgarter Ortsbaustatut von 1897 ist die Maximalhöhe für Ge 
bäude im allgemeinen wie z. B. auch in Köln und Frankfurt a. M. 
mit 20 m festgesetzt, so dass die Aufnahme dieses Masses in das 
Landesgesetz mit der Einschränkung auf Wohngebäude gerecht 
fertigt sein dürfte. 
Der beantragte Nachsatz zu Abs. 6 ist dem § 98 Abs. 1 
des sächsischen Baugesetzes vom 1. Juli 1900 entnommen. Diese 
Einräumung an den bisherigen Besitz kann unseres Erachtens 
ohne Bedenken zugelassen werden, da die hiemit verknüpfte Be 
dingung jeden Missbrauch auf Kosten der Hausbewohner oder 
der Nachbarn ausschließt. 
Zu Art. 28. 
Im Abs. 2 ist das Wort „erheblich“ gestrichen. In vielen 
Fällen, insbesondere bei Verwendung von Wasserspülung, und 
dann, wenn die Gebäude um ein ziemliches hinter die Baulinie 
zurückgerückt sind, wird die Ausnahme unbedenklich zugestanden 
werden können, so dass eine mildere Fassung angezeigt erscheint. 
Zu Art. 39. 
Dieser Artikel durchbricht den bisher aufrecht erhaltenen 
Grundsatz, dass Gebäude, sei es durch Brandmauern, sei es durch 
I ausreichende Abstände vor der Weiterverbreitung eines Brandes 
geschützt werden sollen. Die Neuordnung sucht hiebei die auf- 
! gegebene Sicherheit durch die Bestimmung des Abs. 1 wieder 
zurückzugewinnen, nach welcher die Zulässigkeit der Anwendung 
I von dem Ermessen der Baupolizeibehörde abhängig gemacht wird.
	        

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