Nr. 5 und 6
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Monatsschrift des WCrttembg. Vereins für Badkdnde in Stuttgart.
unterbleiben, wenn besondere feuerpolizeiliche Bedenken nicht ent
gegenstehen und gegenüber den ausserhalb der angeführten Gren
zen gelegenen Gebäuden oder der Eigentumsgrenze ein Abstand
(Art. 38 Abs. 1) von 3 m eingehalten wird.
Anderseits kann bei Gebäuden und Gebäudeteilen, welche ver
möge ihrer aussergewöhnlichen Grösse oder Höhe oder vermöge
ihrer Lage, Bestimmung oder Verwendung in besonderem Grade
feuergefährlich erscheinen, gegenüber von benachbarten Gebäuden
und zum Heberbauen geeigneten Plätzen auch bei Einhaltung eines
grösseren als des in Art. 38 Abs. 1 vorgeschriebenen Abstandes
die Errichtung einer Brandmauer oder neben der Errichtung einer
Brandmauer die Einhaltung eines angemessenen Abstandes ver
langt werden.
Art, 43.
Die Anbringung eines Bretter- oder Schindelschirms auf aus
gemauerten Riegelwandungen oder massiven Wänden ist an den
Aussenseiten eines Gebäudes nur insoweit zulässig, als diese
Aussenseiten in einem Abstande von wenigstens 4 m anderen
Gebäuden oder der Eigentumsgrenze gegenüberstehen; vgl. Art. 38
Abs. 1.
Das in Abs. 1 bezeichnete Mass kann unter der Voraus
setzung dichter Fugendeckung und eines guten Anstrichs bis auf
2,3 m vermindert werden:
a) bei einzelnen unbedeutenden Bretter- und Schindelverklei
dungen, welche zur Ausschmückung von Gebäuden dienen;
! ■ b) bei Gebäudeseiten, zu deren Schutz ein Bretter- oder Schin
delschirm Bedürfnis und auf welchen eine Verblendung nicht halt
bar ist;
c) bei Gebäuden auf Einzelwohnsitzen.
Art, 45.
Die Herstellung geschlossener Wände an den Aussenseiten
der Gebäude darf nur dann unterbleiben, wenn mit diesen Aussen
seiten ein nach den Vorschriften des Art. 38 Abs. 1 zu be-
messender Abstand von mindestens 2,3 m gegenüber anderen
Gebäuden oder der Eigentumsgrenze eingehalten wird, und wenn
nach dem Ermessen der Baupolizeibehörde ein Bedenken nicht
entgegensteht.
Es kann jedoch gestattet werden, dass Bauten, welche auf
allen oder einzelnen Aussenseiten keine geschlossenen Wände und
zugleich keine festen Scheidewände im Innern haben (Schuppen),
in einem geringeren als dem in Abs. 1 bezeichneten Abstand
oder ohne Einhaltung eines solchen errichtet werden, wenn sie
keinen Zwischen- oder Dachboden erhalten, zu einem jede Feuers
gefahr ausschliessenden Betrieb oder zur Aufbewahrung von un
verbrennbaren Gegenständen oder von Geräten für die Wirtschaft
des Inhabers zu dienen bestimmt sind, und ihre Höhe einschliess
lich des Daches das Mass von 6 m nicht übersteigt.
Bei Schuppen, welche einen Zwischen- oder Dachboden er
halten oder in anderer als der in Abs. 2 bezeichneten Weise
benützt werden sollen, ohne jedoch zur Aufbewahrung von Garben,
Stroh, Futter oder anderen leicht brennbaren Gegenständen zu
Es wird nun aber nicht selten der Fall eintreten, dass eine
bauliche Anlage nach den Genehmigungsplänen den Anforderungen
des Abs. 1 vollauf genügt, dass sich aber über kurz oder lang —
oft schon während der Ausführung — das Bedürfnis nach Er
weiterung oder Erhöhung der Gebäude oder nach einer anderen
Benützung derselben in solcher Weise geltend macht, dass die
Voraussetzung für die Genehmigung in feuerpolizeilicher Be
ziehung keineswegs mehr vorhanden ist. Es ist dann vielfach
technisch unmöglich oder doch nur unter grossen finanziellen
Opfern erreichbar, die Anlage so umzubauen, dass die für die
Nachbarschaft erforderliche Feuersicherheit gewahrt bleibt. In
Städten, wo der Massivbau entweder vorgeschrieben oder doch
praktisch die Regel bildet, und wo für das Feuerlöschwesen in
hervorragendem Masse gesorgt ist, mag die Bestimmung weniger
bedenklich erscheinen; ob dies aber auch für ländliche Orte mit
engen Gassen und unter sonst erschwerten Umständen zutrifft,
mag billig bezweifelt werden. Die weitere Ausdehnung eines Feuer
herdes von über 600 qm Grösse, der nur durch einen 3 m
breiten Abstand von den Fachwerksbauten des Nachbars getrennt
ist, wird sich in der Regel selbst bei Windstille nur mit Auf
bietung beträchtlicher Kräfte verhindern lassen, während bei Was
sermangel oder heftigem Wind die Gefahr des Heberspringens der
Flammen auf andere Gebäude sehr gross sein wird.
Es dürfte, bevor die „Motive“ der Regierung zu diesem Ar
tikel vorliegen, schwer sein, ein abschliessendes Urteil über dessen
Wirkung zu gewinnen. Erwünscht wäre es, wenn in diesen Mo
tiven unter Berücksichtigung der Unterschiede der baugesetzlichen
Bestimmungen in Württemberg und Baden und unter Erörterung
der verschiedenartigen Möglichkeiten die Erfahrungen mitgeteilt
und (gewürdigt würden, welche in letzterem Lande mit einer
ähnlichen Bestimmung gemacht worden sind. Dabei dürfte auch
der Umstand in Betracht zu ziehen sein, dass in Abs. 1 diese
Vergünstigung in feuerpolizeilicher Hinsicht von privatrechtlichen
Verhältnissen — Grundstücke ein und desselben Eigentümers —
abhängig gemacht ist, und dass sich die Eigentumsverhältnisse
jeden . Tag beliebig verschieben lassen. Wir möchten daher dem
Verein empfehlen, von einer Stellungnahme zu diesem Artikel
vorerst abzusehen.
Zu Art. 43.
In Abs. 1 Ziff. a dieses Artikels ist von Bretter- und Schin
delverkleidungen die Rede. Es dürfte sich empfehlen, auch in
Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 2 diese Benennung an Stelle des Bretter-
und Schindelschirmes zu wählen.
Zu Art. 45.
Hinter den Worten in Abs. 5 „von anderen Gebäuden“ sollten
die Worte „oder die Eigentumsgrenze“, und hinter den Worten
„mindestens 20 m“ sollten die Worte „entfernt bleiben, zugelas
sen werden“ eingeschaltet werden; der Rest des Satzes wäre zu
streichen. — Hier soll eine feuerpolizeiliche Massregel durchweg
vom Belieben des Nachbars abhängig gemacht werden, ohne dass
diesem eine entsprechende dingliche Last im Sinne des Art. 38
Abs. 4 auferlegt würde. Hält man einmal das Mass von 20 m
im allgemeinen Interesse für geboten, so ist nicht einzusehen,
warum die Hälfte des Masses ausreichen soll, wenn der Nachbar
seinen Bau erst nach Errichtung des Schuppens aufführt.