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untergebrachte Frauenbau enthält im Erdgeschoß die erforderlichen
Räume für die Aufnahme und Untersuchung der Kranken, für das
ärztliche Personal und für die Verwaltung, sowie die Räume für
die Unterbringung der Kranken. In erster Linie wird heutigen Tags
verlangt eine sogenannte Aufnahmestation, auch Wachabteilung ge
nannt, weil in derselben die Kranken Tag und Nacht der sorgfältigsten
Ueberwachung unterzogen werden.
Mit dieser Abteilung sind verbunden: Badezimmer, insbesondere
für sogenannte Dauerbäder, Jsolierzimmer und Tagräume. Sodann
ist zu sorgen für die Unterbringung unreinlicher und halbruhiger
Kranken durch entsprechende Tag- und Schlafsäle rc. Diese werden
gewöhnlich im Erdgeschoß untergebracht. In die oberen Stock erke
kommen die einzelnen Abteilungen der verschiedenen Krankheitsformen
für ruhige Kranke, wobei je nach den Ansprüchen und Klassen die
Kranken in größerer oder kleinerer Zahl beisammen wohnen oder in
Einzelzimmern untergebracht werden. Jede Abteilung erhält Tag-
und Schlafräume, Bäder, Spülküche, Aborte k. Außer den Kranken
räumen ist für die Unterbringung der Vorsteher und Vorsteherinnen,
des Wartepersonals rc. zu sorgen. Auch ist eine Abteilung für
körperlich Kranke erforderlich. Eine besondere Fürsorge ist der
Feuersicherheit zu schenken, insbesondere durch die Anlage feuersicherer
Treppen für jeden Gebäudeflügel bezw. für jede Abteilung. Das
weibliche Dienstpersonal ist in schön hergerichteten Zimmern und
Sälen des Tachstockes untergebracht. Für größere Versammlungen
und Feste ist im ersten Stock ein großer Saal mit Nebenraum vor
handen. Alle Korridore sind hell, geräumig und leicht zu ventilieren.
Das Erdgeschoß und der erste Stock sind einbündig mit dem Korridor
gegen den inneren Hof. Der obere Stock ist gegen Süden und
Westen zweibündig.
Die Heizung ist eine Zentralheizung und zwar sogenannte
Niederdruckdampfheizung, ausgeführt von E. Möhrlin in Stuttgart.
Die Beleuchtung erfolgt mittelst Elektrizität, welche durch eine Dampf
maschine erzeugt wird. Die Motoren zur Bewegung der Speisen-
und Personen-Aufzüge und der Waschmaschine sind elektrisch. Die
elektrischen Einrichtungen wurden der Firma W. Reiser in Stuttgart,
die Dampfmaschinen und Kessel der Maschinenfabrik Eßlingen
und die Wasserversorgung samt den zugehörigen Wasserleitungen
für kaltes und warmes Wasser der Firma G. Stumpf in Stuttgart
übertragen. Sämtliche für den Betrieb der Dampfmaschine erforder
lichen Hochdruckdampfkessel und die für den Betrieb der Heizung
nötigen Niederdruckdampfkessel befinden sich in einem Kesselhaus
neben dem Verbindungsgang. Gegenüber davon ist der Maschinen
raum, die Dampfwaschküche mit Nebenräumen, die Akkumulatoren rc.
Darüber sind der Bügelsaal, Arbcitssäle und Magazine gelegen.
Neben dem Kesselhaus befindet sich unter dem Boden das Kohlen
magazin, eine Werkstätte für den Maschinisten und vier Zimmer für
denselben, den Heizer und sonstige Bedienstete. Der Dampfkamin
ist innerhalb des Frauenbaues aufgeführt, wodurch er geschützter und
viel billiger und insbesondere der Anschein einer Fabrik dem Anwesen
genommen wurde.
Die Neubauten bestehen in
1. einem Gebäude für unruhige weibliche Kranke. Dieses
enthält einen sogenannten Wachsaal zur fortwährenden Ueberwachung
der Kranken, welche meistens der Bettbehandlung unterliegen. Mit
diesem Saal sind mehrere Einzelräume zur Absonderung einzelner
Kranken verbunden, ebenso ein Bad und ein Abort. Für diejenigen
Kranken, welche außerhalb des Bettes sind, ist ein entsprechender
Tagsaal vorhanden; außerdem sind für Tobsüchtige besondere Ab
sonderungsräume vorgesehen. Außerdem ist eine Spülküche eingerichtet.
2. dem Männerbau. Dieser ist, wie der Frauenbau, drei
stöckig und hat wie dieser eine gleiche oder ähnliche Wachabteilung,
verschiedene Krankenabteilungen in den einzelnen Stockwerken, be
stehend in je einem Tagraum, ein bis zwei Schlafräumen, Isolier-
räumen, einem Bad, einer Spülküche und einem Abort. Außerdem sind
in den oberen Stockwerken für die besonderen Klassen von Kranken
verschiedene Einzelzimmer vorhanden, mit welchen die weitgehendsten
Ansprüche erfüllt werden können. Im Dachstocke sind Räume für
körperlich Kranke, für die zur Wartung der Abteilungen bestimmten
Schwestern, für ansteckende Krankheiten, sodann Magazine aller Art
vorhanden. Im Erdgeschoß sind Gelasse für den Arzt, ein Bad,
ein Untersuchungs- und ein Wartezimmer, sodann Arbeitsräume für
verschiedene Kranke, eine kleine Waschküche, ein Garten und ein Vesper
zimmer eingerichtet. Darunter befinden sich ausgedehnte Kellerräume.
3. dem Gebäude für unruhige männliche Kranke, welches
ganz dieselbe Einteilung hat wie das für die weiblichen Kranken.
Nur ist cs etwas kleiner.
Mit den Gebäuden 1 und 3 sind Höfe und Gärten verbunden,
zu welchen die Kranken direkten Ausgang haben vom Tagsaal und
vom Wachsaal aus. Für den Männerbau sind ebenso wie für den
Frauenbau verschiedene Gärten, unmittelbar an das Gebäude stoßend,
vorhanden, so daß die betreffenden Kranken direkt vom Gebäude aus
in ihre Gartenabteilungen gelangen können.
Außer den Plänen dieser Anstalt waren die Lagepläne der
württembcrgischen Staatsanstalten Zwiefalten, Winnenthal, Schussen-
ried und Weißenau, der Irrenanstalt München und Königsfelden als
Repräsentanten des Korridorsystems ausgestellt. Als Beispiele
für das Pavillonsystem waren ausgestellt die Lagepläne der
Irrenanstalten Marburg, Düren,Andernach, Bonn, Saargemünd,Grafen
berg, Mcrzig rc. und als Beispiel für das Villensystem die neue
Irrenanstalt Galkhausen (in Sachsen), ferner zwei interessante Beispiele
von englischen Anstalten des Korridorsystems, nämlich von Here
ford County und City Asylum, sowie von Berks, Reading und New-
burg Asylum und endlich zwei Beispiele von größeren französischen
Anstalten, nämlich von St. Anne in Paris und von Vaucluse. Die
selben zeigen das Pavillonsystem, jedoch in ganz eigenartiger Anlage
und Gruppierung der Gebäude.
Muß- und Raumschiffahrt i» Deutschland.
Dem Preußischen Landtage wird eine Vorlage über die voll
ständige Ausführung des Rhein-Weser-Elbe-Kanal-Projektes nebst
allen Zweigkanälen mit einem Kostenaufwande von 300 Millionen
Mark zugehen.
Auch das Bayerische Projekt (die Tonau-Main-Wasserstraße)
macht Fortschritte. Es ist in Frankfurt und Aschaffenburg zwischen
den beteiligten Staaten über die Fortsetzung der Main-Kanalisation
verhandelt worden. Wenn andererseits nun auch die Bayerische Ab-
geordneten-Kammer hinsichtlich der Kostenbewilligung für die Projek
tierungsarbeiten zu dem Main-Donau-Kanal bei ihrer ablehnenden
Haltung verblieben ist, so hat der unter dem Protektorat des Prinzen
Ludwig von Bayern stehende Verein für die Hebung der Fluß-
und Kanalschiffahrt in Bayern beschlossen, mit den von Freunden
der Sache dem Verein zur Verfügung gestellten 100000 Ji ein
Bureau für die Ausarbeitung eines Projektes für die in Rede stehende
Wasserstraße in Nürnberg zu errichten. Als Leiter dieses Bureaus,
welches seine Thätigkeit am 1. Januar nächsten Jahres beginnen
wird, ist der Kgl. Bauamtmann Hcnsel von Deggendorf gewonnen,
welcher seine Aufgabe (Untersuchung, ob der Ausbau technisch, finanziell
und wirtschaftlich ausführbar ist, und Festsetzung der Kosten der
Ausführung) in zwei bis drei Jahren zu lösen gedenkt. Zugleich
wird der Verein durch seinen Geschäftsführer Dr. Zoepfl eine
detaillierte Berechnung über die wirschaftlichen Wirkungen und die
Rentabilität des Projektes ausarbeiten lassen.
Herausgegeben vom Vllürttemb. Verein für Vauknnde. Für denletderi: Oderbaurat a. V. v. Vrockmann. — Druck von Ätfred Mütter & To. — Vertag von L. Weisels
Hofbvchtjandtnng, fämttich in Stuttgart.